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Der Verfassungsschutz wird reformiert

Nina Werkhäuser3. Juli 2013

Der Verfassungsschutz zieht erste Konsequenzen aus den Fehlern der Vergangenheit: Nach den Ermittlungspannen im Zusammenhang mit der Terrorzelle NSU werden Reformen auf den Weg gebracht. Das betrifft Akten und V-Leute.

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Logo desBundesamtes für Verfassungsschutz in Köln, Foto: dapd
Bild: picture-alliance/dpa

Wie reformbedürftig der Verfassungsschutz ist, zeigte sich nach dem Auffliegen des rechtsextremistischen "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) im Jahr 2011: Ungehindert hatten die Mitglieder der Terrorzelle über Jahre hinweg gemordet, Brandanschläge und Raubüberfälle verübt. Die Verfassungsschützer waren ihnen nicht auf die Spur gekommen, weil sie Informationen nicht weitergegeben, Erkenntnisse falsch interpretiert und Akten vernichtet hatten.

Derart gravierende Pannen sollen sich nach der Reform des Inlandsgeheimdienstes nicht wiederholen, die eine unmittelbare Konsequenz aus den zehn Morden der NSU ist. Erste Ergebnisse stellte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) in Berlin vor: Er sieht den Umbau des Dienstes "insgesamt auf einem guten Weg" und trat Forderungen aus der Opposition entgegen, den Verfassungsschutz vollständig abzuschaffen. Der Dienst sei "reformwillig und reformfähig", so die Zwischenbilanz des zuständigen Ministers.

Klare Regeln beim Schreddern von Akten

Allerdings gehe der Umbau nicht von heute auf morgen, ergänzte Hans-Georg Maaßen, der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz. "Man kann ein Türschild innerhalb von kurzer Zeit ändern, eine Reform kann man nicht so schnell durchführen." Nach zehn Monaten könne man nicht von einer grundlegenden Reform des Amtes sprechen, aber vieles sei schon geändert worden. So gebe es neue, einheitliche Regeln für den Umgang mit Akten, die künftig erst nach mehrfacher Überprüfung im Reißwolf landen dürfen. Noch nach dem Auffliegen des NSU waren wichtige Akten vernichtet worden, die nun bei der Aufklärung fehlen.

Ein Kernstück der Reform ist der bessere Informationsaustausch zwischen dem Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln und den 16 Landesämtern, die den einzelnen Bundesländern unterstehen. Da die NSU-Terroristen mutmaßlich in mehreren Bundesländern Verbrechen begingen, ermittelten diverse Behörden parallel zueinander, tauschten ihre Erkenntnisse aber teilweise nicht aus. So fiel nie auf, dass alle zehn Morde mit der gleichen Waffe begangen wurden.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (r, CSU) und Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen stellen in Berlin die Ergebnisse des Reformprozesses im Verfassungsschutz vor. Foto: dpa
Erste Reformen: Behördenchef Maaßen (links) und Innenminister FriedrichBild: picture-alliance/dpa

Zentrale Datei für V-Leute

Ein Bereich der engeren Zusammenarbeit soll der Einsatz von Verbindungsleuten des Verfassungsschutzes, sogenannten V-Leuten, in gewaltbereiten Milieus sein. "Wir haben vereinbart, dass wir ein gemeinsames Register für V-Leute schaffen", erklärte Bundesinnenminister Friedrich. "Nicht mit Klarnamen, aber so, dass es identifizierbar ist und man weiß, welche Behörde welche V-Leute eingesetzt hat."

Geld-Prämien würden künftig nur noch für relevante Informationen gezahlt, ergänzte Maaßen, und nicht mehr als eine Art Lebensunterhalt für die V-Leute. So soll verhindert werden, dass der Staat etwa die Neonazi-Szene finanziell unterstützt. Auch das war dem Verfassungsschutz in der Vergangenheit angekreidet worden.

Maaßen: Von "Prism" nichts gewusst

Zwar nutzen die deutschen Geheimdienste Erkenntnisse der amerikanischen Dienste, von den Ausspähprogrammen der USA hat der Verfassungsschutz nach Aussage seines Präsidenten aber nichts gewusst. "Das Programm Prism war mir und meinem Amt nicht bekannt", sagte Hans-Georg Maaßen auf Rückfrage von Journalisten, er habe daraus aus der Presse erfahren. "Wir haben bislang keine eigenen Erkenntnisse zu Prism."

Mit den amerikanischen Diensten arbeite sein Haus bei der Bekämpfung des islamistischen Extremismus und Terrorismus sehr gut zusammen und benötige deren Informationen. "Es mag sein, dass Erkenntnisse, die wir von amerikanischen Behörden in Einzelfällen erhalten haben, auch auf ein derartiges Programm zurückzuführen sind." Aber natürlich würden die US-Dienste nicht mitteilen, wie sie im Einzelnen an die Informationen gekommen seien.