Die EU-Erweiterung
1. März 2012Die Europäische Union kennt sich mit Beitritten und Beitrittsverhandlungen aus. Immerhin sind 21 der 27 Mitglieder in der EU Beitrittsländer. Mit nur sechs Gründungsstaaten startete die damalige Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) 1957. Nur zwei Jahre später stellte die Türkei einen Antrag auf Assoziierung mit der EWG, dem 1963 entsprochen wurde. 1987 stellte die Türkei dann ihren Antrag auf volle Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft. Ein Beitrittsdatum ist noch nicht absehbar. Damit hält die Türkei mit bislang 25 Jahren Bearbeitungsdauer den Rekord. Am schnellsten ging der Beitritt bei Finnland. Im März 1992 stellten die Finnen ihren Aufnahmeantrag. 1995 trat Finnland der EU bei.
Ostdeutsche am schnellsten
Noch schneller wurden die Bürger der ehemaligen DDR auch Bürger der Europäischen Union. Durch den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland 1990 wurde automatisch nach wenigen Monaten Vorbereitungszeit auch die Mitgliedschaft der EU übernommen. Es bedurfte keiner formalen Beitrittsverhandlungen, aber die damalige Bundesregierung leistete mit freiwilligen Finanzzusagen bei skeptischen Mitgliedsstaaten wie Großbritannien Überzeugungsarbeit.
Den größten Erweiterungsschub nach dem Ende der kommunistischen Diktaturen in Osteuropa brachte der sogenannte Big Bang von 2004. Damals traten acht baltische sowie osteuropäische Staaten und zwei Mittelmeerinseln der Europäischen Union bei. Nachzügler waren 2007 Rumänien und Bulgarien. Wegen des großen Bewerberandrangs gab sich die EU 1993 beim Gipfel von Kopenhagen einheitliche Beitrittskritierien.
Einige Bewerber in der Warteschleife
Zurzeit sin die Türkei, Island, Montenegro und die ehemalige Republik Mazedonien Kandidatenländer. Als weitere potenzielle Kandidaten werden die Länder des westlichen Balkans, also Bosnien-Herzegowina, Serbien, Albanien und das Kosovo angesehen, das aber nicht von allen EU-Mitgliedern als Staat anerkannt ist. Die Warteschlange im Einzelnen:
Kroatien
- 2003: Beitrittsantrag
- 30. Juni 2011: EU-Mitgliedstaaten schließen die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien ab
- Beitritt für den 1. Juli 2013 geplant
Mazedonien (Frühere jugoslawische Republik Mazedonien)
- 2004: Beitrittsantrag
- 2004: Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) (SAA ist eine Vorstufe zur offiziellen Bewerbung um den Beitritt)
- 2005: Anerkennung als Kandidatenland durch den Europäischen Rat
- Visa-Liberalisierung 2009 vollzogen
- 2009: Kommission empfiehlt Eröffnung der Beitrittsverhandlungen
- Streit um den Staatsnamen Mazedonien mit EU-Mitglied Griechenland muss gelöst werden. Griechenland versteht unter Mazedonien seine eigene nördliche Provinz.
Türkei
- 1987: Beitrittsantrag
- 2003: Beginn der Verhandlungen
- Bisher kann kein Verhandlungskapitel geschlossen werden, weil die Türkei das EU-Mitglied Zypern nicht anerkennt. Türkische Truppen halten den Nordteil der Insel besetzt.
- Ende der Verhandlungen ist bisher nicht absehbar
Montenegro
- 2006: Unabhängiger Staat
- 2007: Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA)
- 2008: Beitrittsantrag 2008
- 2009: Visa-Liberalisierung
- Seit 2010 ist Montenegro offizielles Kandidatenland
Serbien
- Der EU-Gipfel von Thessaloniki bescheinigt 2003 allen Balkanländern, dass sie aufgenommen werden sollen
- 2008: Unterzeichnung des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens (SAA)
- 2009: Visa-Erleichterungen
- 2009: Beitrittsantrag
- Rumänien blockiert Anerkennung Serbiens als Kandidatenland - vorher war der Konflikt mit dem Kosovo ein Hindernis
Albanien
- 2006: Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA)
- 2009: Beitrittsantrag
- Termin für Aufnahme von Beitrittsverhandlungen noch offen
Bosnien-Herzegowina
- 2008: Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA)
- Termin für Beitrittsgesuch noch offen
Kosovo
- 2008: Staatliche Unabhängigkeit, nicht alle EU-Staaten erkennen die Loslösung des Kosovos von Serbien an (z.B. Spanien und Griechenland)
- Internationale Truppen sind im Kosovo zur Stabilisierung im Einsatz, die EU leistet massive Hilfe beim Aufbau von Verwaltung und Justiz
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2012: Serbien und das Kosovo schlossen unter Vermittlung der EU ein Abkommen zu Grenzfragen und zum Auftreten des Kosovo als Partner in regionalen Verhandlungen
Weitere Interessenten auf Seite 3
Schlange könnte länger werden
Interesse an einer Mitgliedschaft in der EU haben auch die Ukraine, Georgien und Moldawien bekundet. Diese Länder werden neben zahlreichen anderen (zunächst) mit der Nachbarschaftspolitik bedient. Sie bietet wirtschaftliche Vorteile, aber nicht die Integration in die EU. Ein Antrag Marokkos auf Mitgliedschaft wurde 1987 zurückgewiesen. Norwegen hat bereits dreimal die Mitgliedschaft beantragt, die Verhandlungen aber jeweils abgebrochen. Ein Aufnahmeantrag der Schweiz ruht seit vielen Jahren.
Bisherige Aufnahmen in den Unions-Klub und seine Vorgänger:
1973 Großbritannien, Irland und Dänemark
1981 Griechenland
1985 Grönland verläßt die EU, weil es den Staatsverband mit Dänemark aufgibt
1986 Spanien, Portugal
1990 DDR tritt Bundesrepublik Deutschland bei, Zahl der Mitgliedsstaaten bleibt gleich
1995 Schweden, Finnland, Österreich
2004 Polen, Tschechien, Ungarn, Slowakei, Slowenien, Estland, Lettland, Litauen, Malta, Zypern
2007 Rumänien, Bulgarien
Autor: Bernd Riegert
Redaktion: Nicole Scherschun