Doppelgold im Zweierbob
19. Februar 2018Wenn zwei sich streiten, dann freuen sich beide! Und wenn die beiden, die sich streiten, zwei Zweierbob-Besatzungen sind, dann jubeln am Ende sogar vier Athleten über Gold. Vier Läufe im olympischen Eiskanal von Pyeongchang reichten nicht aus, um zwischen dem deutschen Duo, Pilot Francesco Friedrich und Anschieber Thorsten Margis, und den Kanadiern Justin Kripps und Alexander Kopacz einen Zeitunterschied herzustellen.
Mit einer bis auf die Hunderstelsekunde exakt gleichen Gesamtzeit kamen die beiden Teams ins Ziel - und fielen sich dort freudestrahlend um den Hals. Trainer, Betreuer und Teamkollegen feierten die geteilte Goldmedaille gleich mit, der Zielraum wurde zur Partyzone. "Justin Kripps hat es sich absolut verdient", lobte Friedrich seinen Kontrahenten anschließend. "Er ist eine Super-Saison gefahren."
Völlig aufgelöst vor Glück war auch der Drittplatzierte Lette Oskars Melbardis, der sich nach einer Verletzung wieder zurück an die Weltspitze gekämpft hatte. Als vor den abschließenden Startern Friedrich und Kripps feststand, dass er Bronze gewonnen hatten, flossen bei dem 1,90-Meter-Hünen die Freudentränen.
Goldenes Comeback nach Sotschi-Pleite
Für die deutsche Bob-Mannschaft, traditionell eigentlich eine sichere Bank, was Olympische Medaillen angeht, war es eine Art goldenes Comeback. Denn noch vor vier Jahren in Sotschi hatte es eine historische Pleite gegeben. Erstmals seit 50 Jahren waren die deutschen Bobs damals ohne Medaille geblieben. Nun holte Friedrich gleich im ersten Wettbewerb Gold und reihte sich damit in eine Reihe berühmter Vorgänger ein. Es war bereits der achte Olympiasieg eines deutschen Bobpiloten. Andreas Ostler, Wolfgang Zimmerer, Meinhard Nehmer, Wolfgang Hoppe, Harald Czudaj, Christoph Langen und André Lange steuerten ihre Bobs zuvor ebenfalls zu Gold.
Dass zwei Bobs zeitgleich ganz vorne standen, war bislang allerdings erst einmal passiert: Bei den Winterspielen 1998 in Nagano holten der Italiener Günther Huber und der Kanadier Pierre Lueders geteiltes Gold.
Erst schlaflose Nacht, dann Mittagsschlaf
Friedrich war nach zwei nicht ganz fehlerfreien Läufen am Sonntag nur als Fünfter in die zweite Hälfte des Wettbewerbs gestartet. Besonders im zweiten Lauf waren den beiden einige Schnitzer unterlaufen, die unnötig Zeit gekostet hatten "Ich habe die ganze Nacht nicht schlafen können und musste über den scheiß zweiten Lauf nachdenken", sagte Margis in der ARD.
Der zweite Wettkampftag wurde besser: Im dritten Lauf schoben sich die Deutschen mit neuem Bahnrekord von 48,96 Sekunden auf Rang zwei vor und lagen nur noch sechs Hundertstelsekunden hinter Kripps und Kopacz. Mit einer nahezu fehlerfreien Fahrt im abschließenden, vierten Lauf, holten sie die Kandier schließlich ein.
Möglicherweise half es, dass die versäumte Erholung in der Nacht vor dem Wettbewerb noch nachgeholt wurde: "Wir haben heute noch mal einen kleinen Mittagsschlaf gemacht", berichtete Margis lachend, räumte aber ein: "Wir waren sehr nervös, denn das sind immerhin die Olympischen Spiele." Und die verlässt er jetzt gemeinsam mit Friedrich mindestens mit einer Goldmedaille - im Viererbob treten die beiden am Samstag und Sonntag noch einmal an.