Deutsche Bank kündigt Rekordverlust an
8. Oktober 2015Wegen gigantischer Abschreibungen kündigte die Deutsche Bank für das dritte Quartal des Jahres einen Rekordverlust von 6,2 Milliarden Euro nach Steuern an. Selbst auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 hatte das Unternehmen keinen so hohen Fehlbetrag ausgewiesen.
Das werden auch die Aktionäre zu spüren bekommen: Nach Angaben des Konzerns wird die Dividende reduziert oder fällt vielleicht sogar ganz aus. Auch das wäre ein Novum in der jüngeren Geschichte des Instituts. Die Mitarbeiter werden den Rekordverlust wohl auch im eigenen Geldbeutel bemerken. Konzernchef John Cryan kündigte in einem am Brief an die Belegschaft an, dass die Abschreibungen sich zum Teil auch in den Entscheidungen über die Höhe der variablen Vergütung für dieses Jahr widerspiegeln dürften.
Mit den Abschreibungen bereitet Cryan die Neuausrichtung der Bank vor. Allein auf den Geschäfts- und Firmenwert im Privatkundengeschäft werden rund 5,8 Milliarden Euro abgeschrieben. In diesen Bereichen will Cryan besonders stark umbauen und sparen.
Wert der Postbank reduziert
Dabei reduzierte die Deutsche Bank auch den Wert ihrer Tochter Postbank, von der sie sich im kommenden Jahr trennen will. Weitere 600 Millionen Euro wird das größte deutsche Geldhaus auf ihre knapp zwanzigprozentige Beteiligung an der chinesischen Bank Hua Xia abschreiben, die nun ebenfalls veräußert werden soll.
Hinzu kommen erneut Rückstellungen für die zahlreichen Rechtsstreitigkeiten. Sie werden sich auf rund 1,2 Milliarden Euro belaufen. Wofür genau der Betrag gebraucht wird, bleibt offen. Nach wie vor wartet die Bank beispielsweise auf eine Einigung mit den US-Behörden im Streit um mutmaßlich verletzte Iran-Sanktionen.
Trotz des großen Verlusts soll die harte Kernkapitalquote bei rund elf Prozent bleiben. Grund ist, dass die Wertminderungen keinen großen Einfluss auf das von den Bankaufsehern akzeptierte Eigenkapital haben.
Die Börse reagierte zunächst geschockt auf die Verlustankündigung. Im nachbörslichen Handel rauschte der Kurs der Deutsche-Bank-Aktie um sechs Prozent in die Tiefe.
Riesige Erwartungen an Cryan
In wenigen Wochen will Cryan seine Strategie für die Deutsche Bank vorstellen. Harte Einschnitte werden erwartet, da das Institut im internationalen Wettbewerb vor allem mit der US-Konkurrenz zuletzt erheblich an Boden verlor. Der Brite hat bereits angekündigt, dass das Institut seine "inakzeptabel" hohen Kosten radikal senken muss.
Zuletzt hieß es in Finanzkreisen, dass Cryan die Zahl der Beschäftigten von rund 98.600 (Stand Ende Juni) um fast ein Viertel auf etwa 75.000 senken wolle. Dabei will der frühere Finanzchef der schweizerischen Bank UBS auch im Investmentbanking ansetzen, das sein glückloser Amtsvorgänger Anshu Jain eher verschonte.
Zudem geißelte Cryan bereits die komplexen Abläufe bei der Bank und kündigte an, sie deutlich zu vereinfachen und zu automatisieren. Die Erwartungen an Cryan sind riesig.
Noch in der Amtszeit von Jain hatte die Bank im April beschlossen, sich von der Postbank zu trennen und rund ein Drittel der 700 Deutsche-Bank-Filialen zu schließen. Daran will Cryan festhalten, wie er kurz nach seinem Amtsantritt erklärte.
Die Ankündigungen der Bank vom April hielten viele aber für zu vage und vermissten konkrete Details. An der Börse wurde das Management dafür abgestraft. In der Folge musste Jain seinen Hut nehmen. Der zweite Co-Chef, Jürgen Fitschen, darf noch bis zur Hauptversammlung im Mai 2016 zusammen mit Cryan die Bank führen, ehe der Brite allein das Ruder übernimmt.
gri/qu (dpa, rtr)