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Deutsche Bank spricht inoffiziell mit Commerzbank

Insa Wrede mit Agenturen
11. März 2019

Eigentlich wollte die Deutsche Bank aus eigener Kraft wieder auf die Beine kommen. Trotzdem gibt es regelmäßig Gerüchte um eine Fusion mit der Commerzbank. Die Politik macht Druck. Nun könnte es ernst werden.

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Commerzbank und Deutsche Bank in Frankfurt
Bild: picture-alliance/dpa/A. Dedert

Noch vor einem halben Jahr hatte Christian Sewing verkündet, seine Bank sei frühestens in ein bis eineinhalb Jahren reif für eine große Fusion. Die Gerüchte über ein Zusammengehen mit der Commerzbank kamen trotzdem nicht zur Ruhe. Nun scheint eine Fusion doch schon früher zu einem Thema zu werden.

Im Februar habe sich Sewing von seinen Vorstandskollegen ein Mandat geholt, informell mit dem Commerzbank-Chef Martin Zielke über eine Fusion oder Übernahme zu sprechen, berichtet die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf Finanzkreise. Erste solche informellen Kontakte habe es "in sehr kleiner Runde" bereits gegeben, heißt es bei der "Welt am Sonntag". Diese seien allerdings noch nicht in einem Stadium, in dem sie mitteilungspflichtig seien. Sprecher beider Geldhäuser wollten die Berichte nicht kommentieren. Laut einem Insider soll eine Entscheidung für oder gegen eine Fusion schon in den nächsten Wochen fallen.

Deutsche Bank - Christian Sewing
Deutsche Bank Chef Christian Sewing sah vor einem halben Jahr seine Bank noch nicht reif für eine Fusion mit der CommerzbankBild: Imago/R. Zensen

Politik drängelt zur Fusion

Das wäre ganz im Sinne der Politik. Seit Monaten drängt sie die beiden Finanzinstitute zu einem Zusammenschluss. Deutschlands Wirtschaft brauche eine starke deutsche Bank, wird Finanzminister Olaf Scholz (SPD) nicht müde zu betonen. Man spreche über die Situation bei einzelnen Häusern, um in der Lage zu sein, die nötigen Dinge zu tun, "für den Fall, dass etwas getan werden muss", sagte er Anfang Februar in London.

"Die Deutsche Bank hat sich von der Krise im Herbst 2016 nie wirklich erholt", sagte eine mit den Überlegungen der Politik vertraute Person. Damals wurden wegen einer drohenden Milliardenstrafe in den USA Zweifel an der Überlebensfähigkeit des Geldhauses laut. Nicht nur in Berlin sorge man sich, dass beim nächsten Nackenschlag eine Abwärtsspirale drohe. Und die könnte verheerend sein, da die Deutsche Bank eng im Finanzsystem verflochten ist und daher als eines der gefährlichsten Geldhäuser der Welt gilt. "Es ist daher legitim zu fragen: Hat die Bank genug Zeit und Kraft, um schrittweise die Wende aus eigener Kraft zu schaffen?"

Seit Monaten prüft Berlin Optionen für die Deutsche Bank. Hochrangige Beamte hätten sogar an informellen Gesprächen über eine mögliche Fusion mit der Schweizer Großbank UBS teilgenommen, sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen. Doch die Idee sei schnell zu den Akten gelegt worden und man habe sich wieder darauf konzentriert, für eine Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank zu werben.

Banner Deutsche Bank und Commerzbank
Von der Politik favorisiert: Ein nationaler Champion, gebildet aus Deutscher Bank und CommerzbankBild: Reuters/K. Pfaffenbach

Mitten im Konzernumbau

Die niedrige Rentabilität vor allem der Deutschen Bank mache der Politik angesichts der Eintrübung der Konjunktur zunehmend Sorgen, hieß es in Regierungskreisen. Die Deutsche Bank hatte zwar 2018 nach drei Verlustjahren in Folge gerade erst die Rückkehr in die Gewinnzone geschafft, doch die Renditen sind so niedrig wie bei keinem großen Konkurrenten und die Bonitätsnoten sind schwach. Entsprechend hoch sind die Finanzierungskosten des Instituts und die Risikoaufschläge. Es droht weiteres Ungemach: Die Ratingagenturen Moody's und Fitch haben das Deutsche-Bank-Rating mit einem negativen Ausblick versehen - sie drohen also mit einer Senkung der Bonitätsnote. Dies würde die Refinanzierung weiter erschweren.

Immer mehr Beobachter glauben nicht mehr daran, dass dem Geldhaus die Wende aus eigener Kraft gelingt. Analysten zweifeln, dass die Deutsche Bank im laufenden Jahr ihr Renditeziel erreichen kann. Der Börsenwert ist auf knapp 16 Milliarden Euro zusammengeschmolzen, die Aktie nicht weit von ihrem Ende 2018 erreichten Rekordtief entfernt.

Auch die Commerzbank befindet sich noch lange nicht am Ziel beim Konzernumbau. Im Herbst musste das Institut sogar den Dax verlassen und stieg in die zweite Börsenliga MDax ab. Seit mehr als zehn Jahren ist der Bund mit gut 15 Prozent größter Einzelaktionär der Commerzbank. Die Bank wurde mitten in der Finanzkrise zum Rettungsfall, nachdem sie sich bei der Übernahme der kriselnden Dresdner Bank übernommen hatte.

Rezession könnte Brandbeschleuniger werden

Eine Rezession würde sowohl die Deutsche Bank als auch die Commerzbank hart treffen, denn viel Polster für magere Zeiten haben sie beide nicht. Eine Erleichterung durch eine Zinswende ist nach der Entscheidungen der Europäischen Zentralbank in der vergangenen Woche ebenfalls in weite Ferne gerückt.

Aber selbst ohne eine Rezession kämpfe das größte deutsche Geldhaus an vielen Fronten, heißt es in Regierungskreisen. "Das Dach muss man reparieren, solange die Sonne scheint", sagte ein Insider.

Deutsche Bank - Postbank
Die Deutsche Bank kämpft noch an andere Fronten - so ist die Integration der Postbank noch nicht abgeschlossenBild: Getty Images/AFP/J. McDougall

Hinzu komme die Furcht, dass ein ausländischer Konkurrent nach der Commerzbank greifen könnte. Damit würde der Deutschen Bank nicht nur der Fusionspartner abhanden kommen, sondern auf dem Heimatmarkt ein starker Konkurrent erwachsen, während die Wall-Street-Banken im Investmentbanking immer mächtiger werden.

Zusammenschluss unter hohen Kosten

Durch den Zusammenschluss von Deutscher Bank und Commerzbank entstünde das mit Abstand größte deutsche Geldhaus mit anfangs rund 140.000 Mitarbeitern weltweit, etwa 38 Millionen Kunden und einer Bilanzsumme von fast zwei Billionen Euro. Mit einem Börsenwert von aktuell gut 24 Milliarden Euro wäre die neue Bank im internationalen Vergleich aber immer noch ein Leichtgewicht.  

Interview mit dem Bankenexperten Thomas Hartmann-Wendels zur möglichen Fusion Deutsche - Commerzbank

Auf der anderen Seite wären Kosten eines Zusammengehens hoch. Experten rechnen damit, dass eine Integration der beiden Geldhäuser mindestens zwei Jahre dauern würde. Außerdem wäre eine milliardenschwere Kapitalerhöhung nötig. Die Analysten von Morgan Stanley hatten kürzlich das mögliche Kapitalloch auf vier bis neun Milliarden Euro beziffert. Zudem würden mindestens zehntausend Stellen im Zuge einer Fusion wegfallen.

Auch die Aktionäre sind nicht überzeugt: "Wir sind weiterhin skeptisch, dass eine Fusion sinnvoll ist", sagte ein Großaktionär der Deutschen Bank am Wochenende der Nachrichtenagentur Reuters. Bevor man sich für einen solchen Schritt entscheide, müsse ein umfassender Plan für die Zukunft der fusionierten Bank vorliegen.

Kritische Stimmen aus der Politik

"Ich halte eine Fusion zwischen Deutscher Bank und Commerzbank zu diesem Zeitpunkt für falsch. Zwei angeschlagene  Institute ergeben kein Gesundes", sagt der Grünen-Finanzpolitiker Danyal Bayaz. Angesichts von neuen Wettbewerbern wie ApplePay oder GooglePay im Finanzmarkt wäre es fatal, wenn sich die Deutsche Bank vornehmlich mit sich selbst beschäftigen müsste." Mit seiner Einschätzung steht er nicht allein. Schließlich kämpft auch die Commerzbank mit Gegenwind, ihre mittelfristigen Ertrags- und Renditeziele hat sie in den vergangenen Monaten kassiert.

Der FDP-Finanzexperte Otto Fricke zweifelt am Sinn einer Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank. Die Finanzkrise vor gut zehn Jahren habe doch gelehrt, dass es immer schwieriger werde, je größer Banken seien, sagte der Politiker am Montag im Deutschlandfunk. "Je größer eine Bank ist, umso größer ist das systemische Risiko dieser einen Bank, umso stärker muss ich sie regulieren." Die Idee der Bundesregierung, nationale Champions formen zu wollen, sei veraltet. In den vergangenen Jahren habe die deutsche Wirtschaft auch mit vergleichsweise schwachen Privatbanken gebrummt. Die Regierung sollte vielmehr über den Tellerrand hinausschauen nach Europa und dort Möglichkeiten ausloten.

Insa Wrede, DW-Mitarbeiterin
Insa Wrede Redakteurin in der Wirtschaftsredaktion