Deutsche Banken müssen wachsen
13. Dezember 2003Nicht von ungefähr treffen verschiedenste Spekulationen aus der Bankenbranche in regelmäßigen Abständen ein und machen auf die Besonderheiten der Bankenlandschaft hierzulande aufmerksam. Dazu zählt auch das Dreisäulensystem aus Privatbanken, Genossenschaftsbanken und den öffentlichen Sparkassen.
"Für die Gesamtprofitabilität der deutschen Banken ist das weiterhin ein Hauptproblem. Immer noch wird die Mehrheit des Marktes von Banken beherrscht, die keine gewinnorientierten Ziele verfolgen und staatliche oder öffentliche Haftung genießen", kritisiert Martin Praum, Analyst beim Bankhaus Sal. Oppenheim. Die liebgewordene Symbiose von Banken und Regierenden hat freilich Charme: Billige Kredite für den Not leidenden Staat sind immer drin.
Mikrokosmos Stralsund als Vorbild
Viele Sparkassen sind aber zu klein zum Überleben, bis auf große Player wie die Hamburger oder Kölner Stadtsparkasse. So will das Stralsund seine Sparkasse verkaufen, was für heftigen Streit sorgt. Die Bürgerschaft ist dafür, Sparkassenverbände und das Finanzministerium in Mecklenburg-Vorpommern sind dagegen. Andere hingegen wollen lieber noch größer werden. Köln, Leverkusen und Bonn basteln an einer Fusion der Sparkassen, auch Düsseldorf soll mit ins Boot.
Im Hintergrund lauert freilich ein ganz anderer Deal: Die Verschmelzung mit der WestLB, ebenfalls öffentlich und im Besitz des Landes Nordrhein-Westfalen - und im Visier der EU-Kommission. Das alles zusammen brächte eine große Bank mit Privatkunden- und Investmentgeschäft hervor. Beides klafft nämlich in Deutschland auseinander. Die Großen haben große Kunden, aber die kleinen Sparer haben viel, viel Geld, das sich gewinnbringend ausleihen lässt. Weshalb auch die Commerzbank und die schwedische SEB Interesse an der Stralsunder Sparkasse haben.
Kleine Großbanken
Die Commerzbank ihrerseits ist seit vielen Jahren im Zentrum von Spekulationen um ihre Übernahme. Dauer-Interessent: die Hypovereinsbank. Noch sind beide selbständig.
Einige Sparkassen haben übrigens nach Angaben des Commerzbank-Finanzvorstands Eric Strutz sogar von sich aus das Interesse der Großbank an einer Übernahme der öffentlich-rechtlichen Institute ausgelotet.
Wird alles unüberschaubar?
Dabei können die deutschen Kreditinstitute gar nicht milliardenschwer genug werden. Denn international gesehen sind sie Zwerge. Ihre überseeischen Konkurrenten könnten eine Übernahme aus der Portokasse finanzieren.
Eine Kennzahl belegt den Unterschied: Die Deutsche Bank als größte kommt derzeit auf eine Marktkapitalisierung (Börsenwert) von knapp 37 Milliarden Euro. Die Citigroup aus den USA, Nummer 1 in der Welt, ist 198 Milliarden wert.
Deutsche Banken - interessant aber unprofitabel?
Laut OECD verdienen die Banken in Großbritannien die Hälfte mehr als die Deutschen, gemessen an der Zinsmarge, in Spanien und in Italien gar das Doppelte. Genau das schützt die deutschen Banken derzeit. Ihre Rendite ist so gering, dass ein Käufer sich den Kauf gut überlegen muss. "Die deutschen Banken haben eine unterdurchschnittliche Profitabilität, hervorgerufen durch den stark fragmentierten Heimatmarkt, geringe Margen und strategische Fehlinvestitionen", so das harte Urteil des Oppenheim-Experten. Bisher sind darum viele davor zurückgeschreckt.
Interessenten sind freilich da: Die Credit Suisse, die Citigroup oder die niederländische ING. "Banken aus Großbritannien haben auch Interesse", weiß Martin Praum. Jeder aber will etwas anderes, um sein Geschäft abzurunden. Die deutschen Banken hingegen haben ein Vollsortiment. Also wäre bei einer Übernahme durchaus denkbar, dass das Endkundengeschäft an einen, das Investmentgeschäft an einen anderen Kunden geht. Eben darum wäre eine Übernahme aus dem Ausland für die deutschen Arbeitsplätze besser als durch einen deutschen Konkurrenten.