Das Erfolgsmodell der Bundesliga
23. Mai 2013Die deutschen Fußballmannschaften Borussia Dortmund und Bayern München treten am Samstag (25.05.2013) in einem der wichtigsten Fußballevents, der Champions League, gegeneinander an. Dass die Deutschen das Finale in Londoner Wembley-Stadion unter sich entscheiden, erstaunt die Engländer, die sich über den Erfolg der Bundesliga-Mannschaften wundern.
"Irgendwie ist das alles in Deutschland besser geregelt", sagt Leslie Gore, langjähriger Fan des englischen Chelsea-Fußballclubs. "Sie haben es verdient, und wirklich gut gemacht."
Die deutschen Mannschaften triumphierten über die anderen Spitzenmannschaften Manchester United, Manchester City und Vorjahres-Sieger Chelsea. "Uns fiel es schon in den Europa-Endspielen und im World Cup auf. Es gibt eine Menge junger Spieler in den Mannschaften bzw. in der Nationalmannschaft", erzählt Chelsea-Fan Gregory Akinyode.
Sehr gute deutsche Nachwuchsförderung
Der Erfolg der Bundesliga sei auf die Nachwuchsförderung der Deutschen zurückzuführen, erklärte Manchester-United-Manager David Moyes jüngst einer Londoner Zeitung. "Ihre Jugendmannschaften und die Art, wie sie Spieler entwickelt haben, war gut", so Moyes. "Es ist wirklich ausgezeichnet, wie die Deutschen mit der Liga umgehen."
Moyes verweist auf den Erfolg der U17-, U19- und U21-Nationalmannschaften - alle drei Altersgruppen holten den Titel Europäischer Meister.
Auch der deutsche Fußballkommentator und Wahl-Londoner Raphael Honigstein sieht den grandiosen Aufstieg der Bundesliga; er zweifelt aber daran, ob die Bundesliga die englische Premier League oder sogar Spaniens La Liga überholt habe. Deutschland - als größtes europäisches Land mit der größten Wirtschaftsleistung - habe nun nach einigen trägen Jahren langsam aufgeholt.
"Jetzt behauptet sich Deutschland wieder als echte Kraft im europäischen Fußball", so Honigstein, der für die englische Zeitung "The Guardian" sowie die Radiosendung "Talk Sport" als auch die die US-amerikanische "Sports Illustrated" und die deutsche überregionale Zeitung "Süddeutsche Zeitung" berichtet.
"Das größte Problem der Premier League, welches gleichzeitig auch ihre größte Stärke ist, das ist die Globalisierung", so Honigstein im Gespräch mit der DW. So jubelten englische Fans oft solchen Mannschaften zu, die ausländischen Investoren gehörten, von ausländischen Trainern geführt werden und von ausländischen Stars besetzt sind, erzählt Honigstein.
"Die einheimischen Spieler [in England] bekommen keine Unterstützung. Es ist natürlich viel einfacher, einen 25-jährigen, erfahrenen Spieler aus Kamerun einzukaufen, als einen 18-Jährigen, der noch nicht so routiniert spielt."
Trainingsakademien und erschwingliche Tickets
Nach Jahrzehnten von mittelmäßigen Bundesliga-Spielen und der erfolglosen Weltmeisterschaft von 1998 hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) verstärkt in die Zukunft investiert: Jeder professionelle Verein sollte demnach seine eigene Trainingsakademie einrichten; gleichzeitig baute der DFB seine eigenen auf. Dieses Trainingssystem führte zu Erfolgen sowohl auf europäischer als auch auf der internationalen Ebene.
Außerdem bemühten sich die Deutschen, die Ticketpreise niedrig zu halten, um den Fußball für alle Fans erschwinglich zu halten. Tausende Bundesliga-Tickets werden für Preise zwischen 10 und 15 Euro angeboten. Beim englischen Chelsea-Verein könne man von Glück sprechen, überhaupt ein Ticket zu ergattern - egal zu welchem Preis. Wenig attraktive Sitzplätze kosten bereits um die 50 Euro.
"Diese Preise ziehen eben keine Normalverdiener an, die den Sport lieben", bekräftigt Thymios Kyriakopolous, der vor 11 Jahren nach London zog und jedes Chelsea-Spiel besucht. "Und man sieht eine einheitliche Gruppe von Zuschauern. Als Ergebnis hat man eben weniger Leidenschaft."
Emotionale Stimmung in den Stadien
Im Vergleich dazu sei ein Besuch in deutschen Stadien emotionaler, erzählt der Londoner Journalist Barney Ronay, der kürzlich einen seiner vielen Besuche der Bayern-München-Spiele für die englische Zeitung "Observer" berichtete.
"Es gibt dort eine weitaus stärkere Vereinszugehörigkeit in Bundesliga-Stadien", sagte Roney im Gespräch mit der DW. "Es ist vielmehr ein Platz, den man einfach besucht, anstatt eines bezahlten Firmenpflichtbesuches."
Andere Bundesliga-Fans loben die Choreographien von Laola-Wellen bei deutschen Stadien, die Gesänge, die Stimmung.
Fans als Ansporn für den Liga-Erfolg
Abgesehen von der Bundesliga-Nachwuchsentwicklung und der Art, wie Bundesliga-Vereine verwaltet werden, sind es die Fans, die geholfen haben, die Liga in Richtung Erfolg zu schieben. Vielleicht tun sie das auch in den kommenden Jahren.
Deutschlands Bildzeitung hat kürzlich ein Foto veröffentlicht, das ein Borussia-Dortmund-Handtuch über den Sitzen im Wembley-Stadion zeigt. Ein Klischee über Deutsche besagt, dass sie auf Pauschalurlaubsreisen gerne in aller Früh ein Handtuch über Liegestühle legen, um diese für sich zu reservieren. Man sollte von daher nicht allzu sehr überrascht sein, wenn Bundesliga-Mannschaften schon Handtücher in Lissabons Stadion Estadio da Luz ausgelegt haben, in dem das Champions-League-Finale nächstes Jahr stattfinden wird.