Deutsche Börse goes USA
4. Februar 2004Wer meint, den Verlauf eines Börsenwerts genau abschätzen zu können, der kann bei der Eurex viel Geld verdienen. "Futures" werden diese Geschäfte genannt und der Name sagt es schon: Hier wird auf die Zukunft gewettet. Die Eurex ist als Gemeinschaftsprojekt der Deutschen Börse AG und der SWX Swiss Exchange weltweit bereits der größte Markt für derartige Wetten. Aber sie will noch höher hinaus. Nachdem die amerikanische Börsenaufsicht am Mittwoch (4.2.2004) grünes Licht für ihr Vorhaben gab, können nervenstarke Börseninvestoren am Sonntag (8.2.2004) die ersten Futures an der Eurex in Chicago erwerben.
US-Handelstradition gegen moderne Europa-Technik
Dabei war der Schritt über den großen Teich durchaus kein leichter für die deutsche Terminwarenbörse. Denn mit ihrer Ankündigung, im Terminhandel von Chicago mitmischen zu wollen, rüttelt sie kräftig an den ausbalancierten Machtstrukturen der ortsansässigen Börsen. Kritische Stimmen bezeichnen die Chicagoer Futures-Markt gerne als einen gemütlichen Männerklub. Drei Börsen, die nur wenige Straßen voneinander entfernt residieren, teilen sich den süßen Kuchen der Termingeschäfte.
Gehandelt wird alles - von Zinsverträgen bis hin zu gefrorenen Schweinebäuchen. Dass die Eurex den amerikanischen Händlern doch noch gefährlich werden kann, liegt vor allem an der modernen Technik der Europäer. Ihre Handelsplattform läuft vollelektronisch und ist damit nicht nur transparenter, sondern auch kostengünstiger als der Parketthandel der Amerikaner.
Steiniger Weg in die USA
Aus Angst um ihr Monopol bewegten die US-Börsen auch politische Hebel, um das Eindringen der Europäer zu verhindern. Unterstützung für ihren Protest fanden sie im Agrar-Ausschuss des US-Kongresses. Im Bauernstaat Illinois, dessen größte Stadt Chicago ist, sind die Großmarktpreise für Mais, Weizen und Sojabohnen direkt an die Agrar-Futures der Chicago Board of Trade gekoppelt.
Deshalb lässt sich gerade zu Wahlkampfzeiten das Thema Börse auch politisch gut vermarkten. Großzügig füllten die Konkurrenzbörsen der Eurex denn auch die Wahlkampfkassen zahlreicher Kongressabgeordneter. Der Kongress nämlich entscheidet wiederum über das Budget der Börsenaufsicht.
Auch Eurex hat ihre Freunde
Trotzdem gingen Beobachter hüben wie drüben davon aus, dass die Börsenaufsicht zugunsten der Eurex entscheidet. Denn auch der mangelt es nicht an einflussreichen Fürsprechern, allen voran Notenbankchef Alan Greenspan und US-Finanzminister John Snow. Auch Verbände aus der Finanzbranche versprechen sich mit dem amerikanischen Ableger der Eurex höhere Effizienz und geringere Kosten im Terminmarkt. Der erste offizielle Starttermin, der für den 1. Februar vorgesehen war, konnte zwar nicht eingehalten werden. Jetzt aber ist die Botschaft klar: "ready to trade".