Deutsche Exporte trotz Krise auf Rekordniveau
3. August 2022Aktuell summierten sich die Ausfuhren auf einen Wert von 134,3 Milliarden Euro, teilte das Statistische Bundesamt am Mittwoch mit. Das ist bereits der dritte Anstieg in Folge nach plus 1,3 Prozent im Mai und plus 4,6 Prozent im April. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten diesmal lediglich mit einem Wachstum von 1,0 Prozent gerechnet.
"Preiserhöhungen können das nominale Exportvolumen erhöhen, ohne dass real tatsächlich mehr exportiert wurde", warnte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel, vor zu viel Euphorie bei der Interpretation der Zahlen. "Preisbereinigt dürfte vom Exportzuwachs weniger übrig bleiben", sagte auch der Chefökonom der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG, Alexander Krüger.
Russland als Handelspartner weiter gefragt
Die meisten deutschen Exporte gingen im Juni in die Vereinigten Staaten. Dorthin wurden kalender- und saisonbereinigt 6,2 Prozent mehr Waren exportiert als im Mai, insgesamt summierten sich die US-Exporte damit auf 14,2 Milliarden Euro. Die Exporte in die Volksrepublik China stiegen um 2,4 Prozent auf 8,9 Milliarden Euro, die nach Großbritannien um 4,2 Prozent auf 6,0 Milliarden Euro. In die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) wurden Waren im Wert von 72,9 Milliarden Euro exportiert und damit um 3,9 Prozent mehr als im Vormonat.
Trotz der Sanktionen gegen Russland nach dem Angriff auf die Ukraine stiegen die Exporte in das Land im Juni gegenüber dem Vormonat um 14,5 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro. Innerhalb eines Jahres sanken sie allerdings deutlich um 40,3 Prozent. Die Importe aus Russland erhöhten sich im Juni gegenüber dem Vormonat um 4,8 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro.
Die Stimmung bleibt getrübt
Die Importe legten im Juni bereits den fünften Monat in Folge zu, allerdings fiel das Plus mit 0,2 Prozent deutlich schwächer aus als in den Vormonaten. Die Handelsbilanz – Exporte minus Importe -wies im Juni wieder ein deutliches Plus von 6,4 Milliarden Euro aus. Im Mai hatte es lediglich bei 0,8 Milliarden Euro gelegen.
Die Stimmung unter den deutschen Exporteuren hat sich zu Beginn der zweiten Jahreshälfte allerdings eingetrübt. Die hierzu vom Ifo-Institut ermittelten Exporterwartungen fielen im Juli auf minus 0,5 Punkte, von plus 3,4 Punkten im Juni. "Die Gasknappheit belastet den Ausblick der deutschen Exportwirtschaft", erklärte das Ifo-Institut.
"Ein konjunkturelles Sorgenkind"
Thomas Gitzel lässt sich von den erfreulich klingendem Zahlenwerk nicht blenden: "Die Gesamtbilanz sieht damit für das zweite Quartal auf den ersten Blick recht erfreulich aus, denn auch in den Vormonaten konnte ein sattes Wachstum verbucht werden - aber Obacht! Das Zahlenwerk sollte mit Vorsicht genossen werden."
Alexander Krüger von Hauck Aufhäuser Lampe ist ebenfalls skeptisch, obwohl auch er sich über die Verkaufszahlen freut: "Die Exporte legen auf hohem Niveau kräftig zu. Das tut gut. Ein neuer Trend wird daraus aber angesichts eher noch steigender Energiepreise nicht erwachsen. Der Außenhandel bleibt vorerst ein konjunkturelles Sorgenkind."
dk/hb (rtr, dpa)