Deutsche Hilfe für den griechischen National-Garten
6. März 2017Er steht in fast jedem Reiseführer und trotzdem verirren sich nur wenige Touristen in den Athener Nationalgarten. Doch wer diese Oase der Ruhe neben dem Parlamentsgebäude für sich entdeckt, wird belohnt: Über 500 Pflanzensorten aus aller Welt, erlesene Skulpturen, antike Ruinenreste und ein schattiges Café entzücken die Besucher.
Errichtet wurde die grüne Lunge Athens im 19. Jahrhundert unter der Schirmherrschaft des bayerischen Königs Otto von Griechenland und seiner Frau Amalie, einer Tochter des Großherzogs von Oldenburg. 2011 wurde die Parkanlage zum historischen Denkmal erklärt. Doch heute wirkt der Garten etwas verwildert und in die Jahre gekommen.
Hilfe aus Bayern
Dagegen wollte der Chef der Deutsch-Griechischen Handelskammer Michalis Mailis etwas tun. "Als kleines Kind habe ich oft im Nationalgarten gespielt. Für mich ist es ein besonderer Ort, der leider auch besondere Probleme hat", sagt der Unternehmer im Gespräch mit der DW. Mailis leitet den Freundeskreis des Nationalgartens, in dem 130 naturbegeisterte Athener aktiv sind. Vor zwei Jahren wandte sich die Gruppe erstmals an die Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen mit der Bitte um Hilfe. Ein Kurzgutachten aus Bayern liegt mittlerweile vor.
Die Stadt Athen, die für den Erhalt der Parkanlage verantwortlich ist, hat im Februar ihre Unterstützung zugesagt. Das war, verwaltungstechnisch, der entscheidende Schritt zur Umsetzung des Projekts. Alle Sanierungsarbeiten werden durch Spenden finanziert. Zu den Kosten will sich Mailis nicht äußern, bevor eine detaillierte Einschätzung dazu vorliegt.
Gegen Baumsterben und Palmenschädlinge
Die Münchner Landschaftsarchitektin Katrin Schulze hat den Garten genauer unter die Lupe genommen und das Kurzgutachten über die anstehenden Behandlungsmaßnahmen erstellt. Ihr Fazit: "Akute Probleme sind Krankheiten wie der Palmenschädling, der im ganzen Mittelmeerraum wütet". Generell ein Problem sei ohnehin der Baumbestand, da gäbe es eine ganze Menge zu tun. "Viele Bäume stammen aus der Entstehungszeit der Gartenanlage in den 1830er Jahren. Das ist natürlich ein Alter, wo sie allmählich absterben oder fachmännisch gepflegt werden müssen", mahnt die Expertin im Gespräch mit der DW.
Wichtig sei, dass ein sogenanntes Parkpflegewerk zustande kommt, nämlich ein Gutachten, das langfristige Sanierungsmaßnahmen formuliert und Antworten auf dringende Fragen liefert: Welche Pflanzen werden ersetzt? Wie pflegt man weitere Gartenelemente, wie etwa Wege und Skulpturen? Wie erhält man möglichst viel von der historischen Substanz?
Bei einem Rundgang merkt der Besucher heute, dass der 15 Hektar große Garten nach Kräften gepflegt wird. Doch offenbar reicht das nicht aus, um auch langfristig den Baumbestand zu sichern. Hier sind spezialisierte Fachkräfte gefragt. Gerade die Bayern verfügten über reiche Erfahrung in dieser Disziplin, lobt Michalis Mailis. Schließlich gäbe es allein in Bayern über dreißig historische Gartenanlagen, in ganz Griechenland hingegen nur eine - den Nationalgarten eben. Dass der einstige "königliche Garten" nicht zuletzt für eine gemeinsame, deutsch-griechische Kulturtradition steht, mache das Projekt noch spannender. Mailis geht davon aus, dass Anfang 2018 das detaillierte Regelwerk aus Bayern vorliegt und anschließend die Sanierungsarbeiten in Athen beginnen können.
Auf den Spuren von Königin Amalie
1832 wurde der bayerische Prinz Otto zum ersten König von Griechenland gekürt. Auch Architekten waren in seinem Gefolge. Friedrich von Gärtner baute den Königspalast in Athen, der heute als Parlamentssitz dient. Den benachbarten königlichen Garten entwarf ein französischer Architekt, federführend bei der Umsetzung war der preußische Agronom Friedrich Schmidt. Bayerische und griechische Experten haben mitgearbeitet.
Dabei war ein botanischer Garten mit so manchen exotischen und subtropischen Pflanzen aus Übersee und Fernost entstanden - für Königin Amalie ein Stück Lebenswerk, zumal die Gartenkunst bei der eigenen Familie ein hohes Ansehen genoss. "Es gibt ganz interessante Briefe von ihr, wie sie an ihren Vater in Oldenburg schreibt, begeistert, dass sie mit dem Garten vorankommt", berichtet Katrin Schulze. Faszinierend sei für die junge Königin gewesen, dass sie in Athen viele Arten im Freien pflanzen konnte, die in Deutschland nur im Gewächshaus gedeihen.
Ein Symbol der Internationalität
Dreißig Jahre nach seiner Inthronisierung wurde Otto bei einem Volksaufstand gestürzt. Das Königspaar musste Griechenland fluchtartig verlassen. Dabei galt Amalie als besonders beliebt beim Volk. Eine Hauptstraße vor dem Parlament trägt heute noch ihren Namen. Dort liegt auch der Haupteingang des Nationalgartens.
Dass ausgerechnet an diesem Ort bayerische Expertise wieder gefragt ist, begeistert Landschaftsarchitektin Katrin Schulze: "Es ist wirklich eine ganz besondere Parkanlage, und durch ihre Entstehung, an der Menschen aus vielen Ländern beteiligt waren, ein fantastisches Beispiel für europäische Zusammenarbeit".