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Wie hilft Deutschland den Philippinen?

Vera Kern11. November 2013

5400 Decken, 3000 Zelte, dazu medizinische Geräte: Das ist die erste Hilfsladung aus Deutschland für die Philippinen. Doch was genau gebraucht wird, ist noch unklar. Umso wichtiger, dass sich die Helfer gut absprechen.

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Hilfssendung für Taifunopfer auf den Philippinen werden am Flughafen in Frankfurt verladen. Foto: Fredrik von Erichsen (dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

"Rechts und links der Straße sieht man überall Überreste von Häusern. Dächer hängen wie Handtücher über Leitungen", so beschreibt Sandra Bulling von der Hilfsorganisation CARE ihre Eindrücke im DW-Interview. Sie ist derzeit auf dem Weg in die völlig zerstörte Stadt Tacloban in der philippinischen Provinz Leyte - dort hat der Taifun Haiyan besonders verheerend gewütet. Schätzungen zufolge kamen mindestens zehntausend Menschen ums Leben, Hunderttausende warten nun verzweifelt auf Hilfe. Die kommt auch aus Deutschland. Noch weiß in den Zentralen der Hilfsorganisationen allerdings niemand so recht: Wo wird Unterstützung auf den 10.000 Kilometer entfernten Philippinen am Dringendsten gebraucht? Und was benötigen die Betroffenen?

Mitarbeiterin der Hilfsorganisation CARE Deutschland, Sandra Bulling - Foto: CARE
CARE-Mitarbeiterin Bulling: "Dächer hängen wie Handtücher über Leitungen"Bild: CARE

Trotz der vielen Fragezeichen haben die deutschen Helfer mit ihrer Arbeit angefangen. Ein Großraum-Airbus vom Typ A340 flog am Sonntag (10.11.2013) von Frankfurt aus die erste Ladung Hilfsgüter, insgesamt 25 Tonnen, nach Manila: Fleece-Decken gegen die Kälte, Plastikplanen für notdürftige Unterkünfte, medizinische Geräte, um Knochenbrüche behandeln zu können. Geschickt wurde das Hilfspaket vom Kinderhilfswerk World Vision und von Aktion Deutschland Hilft, einem Bündnis deutscher Hilfsorganisationen.

Neben den Hilfspaketen sind inzwischen auch erste Katastrophenhelfer aus Deutschland in der Hauptstadt Manila gelandet. So hat etwa das Technische Hilfswerk (THW) fünf Experten geschickt. Klassischerweise kümmert sich das THW bei Katastrophen um sauberes Trinkwasser. Zunächst einmal, so THW-Sprecher Nicolas Hefner im DW-Interview, müssten jedoch Erkundungsgebiete abgesteckt werden. Dafür reisen kleine Teams in die betroffenen Gebiete, um den Bedarf an Anlagen zur Trinkwasseraufbereitung einzuschätzen. "Da haben wir eine große Expertise", so Hefner. Auch Brunnen und Leitungen zu reinigen, könnte Teil des Engagements sein.

Transportwege verschüttet, Telefonleitungen kaputt

Auch für andere deutsche Hilfsorganisationen ist es schwierig, überhaupt zu ermitteln, wo ihre Hilfe gebraucht wird. Flughäfen und Straßen sind verschüttet, ganze Landstriche von der Außenwelt abgeschnitten. Transport und Logistik seien ein großes Problem zurzeit, so der Tenor der deutschen Hilfswerke. "Der Schutt muss erst beiseite geräumt werden, damit die Hilfe zu den Menschen gelangen kann", sagt Maria Rüther von der Aktion Deutschland Hilft. Dadurch könne sich die Hilfe verzögern.

Denn Informationen aus den am schlimmsten betroffenen Gebieten dringen nur langsam in die Hauptstadt und damit zu den Helfern durch. Die Kommunikationswege seien teilweise komplett zerstört, berichtet auch Ulrich Füßer, Leiter der Asienabteilung von Misereor. Er ist zwar mit Partnerorganisationen vor Ort im Gespräch, könne sich aber nur "Stück für Stück ein Gesamtbild der Situation erstellen".

Opfer des Taifuns Haiyan in der zerstörten Stadt Tacloban, Philippinen. Foto: Aaron Favila (AP)
Zerstörung in Tacloban: Über hunderttausend Menschen sind vom Taifun auf den Philippinen betroffenBild: picture-alliance/AP Photo

Logistische Unterstützung kommt auch von der Deutschen Post: Der Konzern hat sogar ein eigenes Katastrophen-Hilfsprogramm samt einem sogenannten Desaster-Response-Team. "Das sind Mitarbeiter, die als Experten im Bereich Logistik aktiv sind und nach Naturkatastrophen in den betroffenen Gebieten an Flughäfen helfen, die Hilfsgüter umzuschlagen", erläutert Post-Sprecherin Christina Müschen.

Bloß keine Alleingänge bei den Hilfsorganisationen

Wichtig ist dabei, dass alle Nothelfer an einem Strang ziehen. "Wir koordinieren uns mit anderen Hilfsorganisationen, sodass keine Überlappung stattfindet. Das ist sehr wichtig", betont Cordula Wasser vom Malteser Hilfsdienst. Einen Krisenplan für plötzliche Katastrophen wie den Taifun hat zwar jede einzelne Organisation für sich erstellt. Doch ohne Absprachen mit anderen, auch internationalen Organisationen, geht es nicht.

"Deswegen arbeiten wir sehr eng mit diesen Strukturen zusammen, die sich nach so einer Großkatastrophe in der Regel nach wenigen Stunden etablieren." Das bestätigt auch das THW: "Es gibt keinen Alleingang." Erste Ansprechpartner für alle deutschen Organisationen sind das Auswärtige Amt und die deutsche Botschaft in Manila - und philippinische Behörden. Zusammen mit der UN-Stelle zur Koordinierung humanitärer Angelegenheiten, kurz OCHA, wird dann ein Plan erstellt.

Spenden in Millionenhöhe notwendig

Die Bilder in den Nachrichten werden zwar nach einer solchen Naturkatastrophe weniger, Not und Perspektivlosigkeit der Menschen bleiben jedoch. Spendengelder sind für die Hilfsorganisationen daher unerlässlich, um auch nach den großen Schlagzeilen weiter vor Ort helfen zu können. Wie verheerend die Zerstörung und damit der Bedarf an Hilfsgeldern ist, überblickt noch niemand derzeit. Maria Rüther von Aktion Deutschland Hilft vermutet jedoch: "Es geht auf jeden Fall in die Millionenhöhe, wenn wir Vergleiche mit anderen Katastrophen ziehen."

Erfahrungsgemäß, so hoffen die Hilfsorganisationen auch diesmal, sei die Spendenbereitschaft der Deutschen groß. Eine Spendenmüdigkeit angesichts der vielen Naturkatastrophen in jüngster Zeit fürchtet Ulrich Füßer von Misereor nicht. Im Gegenteil: Die Bilder der zerstörerischen Kraft von Naturkatastrophen könnten ein Stück Solidarität schaffen.