Die Paketboten der Zukunft
9. Mai 2017Er bewegt sich autonom, hat sechs kleine Räder und seine Form und Größe erinnern an eine Kühlbox. Ein leise surrender Lieferroboter konkurriert in einigen Großstädten Europas bereits mit den Boten aus Fleisch und Blut - etwa in Hamburg. Die fahrende, mit Elektronik vollgestopfte Kiste ist für Logistik-Konzerne weltweit ein Versprechen. Sieht so die Zukunft auf der "letzten Meile" aus? Der Branchen-Riese Hermes zeigt noch bis zum 12. Mai auf der Leitmesse "transport logistic 2017" in München erste Ergebnisse der Pilotstudie.
Die deutsche Logistikbranche wächst. 258 Milliarden Euro haben Warentransport-Unternehmen im vergangenen Jahr eingefahren, so die Bundesvereinigung Logistik. Das Geschäft mit Lieferungen aller Art ist so vielfältig wie kaum ein anderes Business. Prozesse in der Containerschifffahrt unterscheiden sich deutlich von Arbeitsabläufen in der Luftfahrt, Transporte mit der Bahn unterliegen anderen Gesetzen als Transporte auf der Straße.
Geschäftsmodelle verändern sich
Und die Geschäftsmodelle verändern sich. Dafür sind momentan Zukunftstechnologien verantwortlich wie automatisiertes Fahren, Telematik, Smart Data und Lösungen aus der Cloud. Viele Produkte müssen sogar gar nicht mehr physisch transportiert werden - sie gehen elektronisch auf die Reise und werden mit Hilfe des 3-D-Drucks vom Empfänger erstellt.
Die Folge: Logistik-Startups wie FreightHub, Liefery und andere drängen mit disruptiven Ideen auf den Markt. Konzerne wie die Reederei Hamburg Süd und Lufthansa erkennen deren Potential und kooperieren bereits mit den "jungen Wilden" der Branche. Eine Folge dieser Entwicklung: Der Logistiker wird vom "reinen" Transport-Experten zum Dienstleister. Zum Beispiel muss ein Brummi-Fahrer mit seinen Auftraggebern und dessen Kunden kommunizieren und er muss digitale Technologien beherrschen.
Vorteile durch künstliche Intelligenz
Sind deutsche Unternehmer der Branche bereit, in Technologien von morgen zu investieren? Laut Logistic-Trend-Index 2017, der im Auftrag der Messe Transport Logistic erstellt wurde, sind 70 Prozent der Befragten dafür, im Alltag künstliche Intelligenz einzusetzen, um einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Und einige Unternehmen tun das bereits: MAN zum Beispiel zeigt seine neue Logistik-Plattform in der Cloud und neue Big-Data-Anwendungen. "Damit sind bereits erste Meilensteine gesetzt, um die drittgrößte Branche in Deutschland digital zu revolutionieren", sagt Dr. Robert Schönberger von der Messegesellschaft. Auf der begleitenden Konferenz erörtern Branchenkenner aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik nicht nur digitale Zukunftsvisionen, sondern auch Standortbestimmungen und Lösungsstrategien.
Ein weiteres Umfrageergebnis: 80 Prozent der befragten Transportunternehmer wollen intelligenten Maschinen die Arbeit nicht komplett überlassen. Der Grund: Ein Großteil beobachtet in der eigenen Belegschaft eine ablehnende Haltung gegenüber künstlicher Intelligenz. Deshalb will sich die Mehrheit der Firmenchefs darauf konzentrieren, Kompetenzen für die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine besser zu vermitteln. Dazu gehören Kurse für die Datenauswertung und Entscheidungshilfen, um mit digitalen Instrumenten effizienter zu arbeiten.
Gelungener Pilottest
Hermes hat seinen Pilottest mit den rollenden Auslieferungsrobotern in Hamburg unterdessen abgeschlossen. "Sehr gelungen war der Projektverlauf", urteilt Roger Hillen-Pasedag, Innovationsexperte bei Hermes. Die Roboter absolvierten vom Herbst 2016 bis Ende März 2017 rund 600 Fahrten und legten dabei 3.500 Kilometer zurück. Ziel des Tests war es laut Hillen-Pasedag, "Erfahrungen zu sammeln, mit der Paketzustellung und -abholung auf der letzten Meile". In London läuft der Test weiter. Hier kommen seit 2014 außerdem im Innenstadtgebiet ausschließlich elektrisch betriebene Fahrzeuge zum Einsatz. Das treibt Hermes auch hierzulade voran: Bis 2020 werden in Kooperation mit Mercedes-Benz 1.500 Elektrotransporter bundesweit zum Einsatz kommen.