Deutsche Maschinenbauer entdecken Afrika
4. September 2015Oft Mittelständler und stark exportorientiert: Das kennzeichnet den deutschen Maschinen- und Anlagenbau. Doch wer so stark auf Auslandsmärkte setzt, der muss flexibel sein. Denn wo es heute stabile Geschäftsbeziehungen gibt, kann es morgen schon vorbei ein. Russland ist so ein Beispiel. Bis vor einem Jahr war das ein lukrativer Markt für Maschinen "Made in Germany", dann kam die Annexion der Krim durch Russland und als Antwort die Sanktionen der Europäer gegen Moskau. Die Geschäfte vieler deutscher Firmen hat das heftig getroffen. Und als wäre das nicht schlimm genug, schwächelt nun auch noch China.
Neue Märkte dringend gesucht
"Wir Maschinenbauer brauchen dringend neue Märkte," sagt Reinhold Festge, der Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA). "Wir haben in Russland soviel verloren, wie wir in Afrika gewinnen könnten." Damit macht er klar, wohin die rund 3000 Mitgliedsfirmen des Verbandes ihren Blick künftig auch richten sollten: Nach Afrika eben, für Maschinenbauer bislang eher ein "unentdeckter Kontinent". Gerade mal drei Prozent aller aus Deutschland exportierten Maschinen gehen dorthin. Die wichtigsten Abnehmer deutscher Maschinen sind Südafrika, gefolgt von Algerien, Ägypten und Nigeria.
Doch es gibt auch Zahlen, die den VDMA-Chef optimistisch stimmen. Denn in den vergangenen zehn Jahren haben die Lieferungen um 65 Prozent zugelegt. Vor allem die Subsahara-Region sei "eindeutig im Kommen", sagt Festge. Mittlerweile werden dort mehr deutsche Maschinen verkauft als in Nordafrika. Und trotzdem bleibt Deutschland nur Nummer Vier der Rangliste. Vorne sind die Chinesen mit einem Anteil von knapp 19 Prozent, es folgen Italien (12,5 Prozent) und die USA mit knapp 12 Prozent. Knapp dahinter die deutschen Firmen mit knapp 11 Prozent. Es ist also eng, und somit für Festge das Rennen noch lange nicht entschieden.
"Wir müssen diesen Fehler korrigieren!"
"Wir hängen nach, das ist ganz deutlich. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir mit der deutschen Kultur, mit der deutschen Qualität, mit unseren Stärken, die wir Deutschen haben, auch in Afrika ein gutes Geschäft machen können. Wir müssen aber dafür auch hin und das haben wir in der letzten Zeit vernachlässigt." Man sei mehr nach Südamerika gegangen, insbesondere auch nach China gegangen und habe Afrika ein bisschen links liegen lassen. "Das war ein Fehler und den müssen wir jetzt dringend korrigieren."
Die Gelegenheit sei günstig, glaubt man beim VDMA. Denn die Chinesen, die massiv in zahlreichen Ländern Afrikas investiert sind, würden an Image verlieren. "Sie kommen, bauen und gehen wieder", beschreibt VDMA-Außenwirtschaftschef Ulrich Ackermann die Lage. Der Ansatz der deutschen Maschinenbauer sei jedoch ein anderer, denn die Beziehung zum Kunden höre nicht mit der Lieferung der Maschine auf. Allerdings fragt sich mancher, ob teure deutsche High-Tech-Anlagen das richtige Produkt für afrikanische Kunden seien. Ja, sagt VDMA-Chef Festge. "Auch die Afrikaner brauchen erstklassige Produkte, wenn sie hohe Leistung bringen wollen, zum Beispiel bei der Erz- und Diamantensuche. Die haben wir Deutschen und die haben viele andere Lieferanten nicht." Zudem sei es Unsinn, die Chinesen mit deren Waffen schlagen zu wollen, also mit eher einfacheren und preiswerten Maschinen.
Ausbildung vor Ort
Und noch etwas anderes wollen die Deutschen anbieten: Die Ausbildung von Fachkräften vor Ort. Das nämlich hat eine aktuelle Studie, die der VDMA bei der Wirtschaftsberatung KPMG in Auftrag gegeben hat, gezeigt: Qualifiziertes Personal zu finden, gehört zu den größten Problemen für Firmen, die in Afrika aktiv werden wollen. In einem Factbook, mit dem der Verband seinen Mitgliedern die Chancen in zehn ausgewählten Ländern des Kontinents aufzeigen will, werden auch Erfolgsfaktoren für ein Engagement in Afrika genannt. Karl Braun, Vorstandsmitglied von KPMG Deutschland, nennt zuallererst den langen Atem, den man braucht.
Afrikaner als Partner anerkennen
"Das Investment rentiert sich nicht von einem Tag auf den anderen. Man braucht Geduld. Man muss sich die Zeit nehmen, um Beziehungen aufzubauen und das Land zu verstehen." Zweitens brauche man eine tragfähige Strategie: "Man kann nämlich nicht sagen, ich investiere jetzt in Afrika. Wir würden ja auch nie auf die Idee kommen, Argentinien mit Kanada zu vergleichen, oder in Asien die Mongolei mit Indonesien." Je nach Land gäbe es völlig unterschiedliche Voraussetzungen, und das gelte auch in Afrika. Schließlich müsse man lernen, mit den Risiken umzugehen. "Korruption und Instabilität wird immer genannt. Aber es gibt auch in Afrika Staaten, die stabile politische Systeme haben." Und da lohne es, genauer hinzuschauen. Im Korruptionsindex von Transparency International stehe Sambia an gleicher Stelle wie Thailand, Senegal sei gleichauf mit Brasilien. "Mit diesen Ländern machen wir auch Geschäfte und verstehen es, mit den Herausforderungen umzugehen."
Das mit dem langen Atem weiß auch Maschinenbau-Präsident Festge, dessen eigenes Unternehmen selbst Niederlassungen in Nigeria hat. Aber er ist sich sicher, "dass Afrika für uns ein toller Markt ist, den wir entwickeln können, wenn wir es richtig machen." Dafür müsse man bereit sein, die Afrikaner kennenzulernen und von den Afrikanern zu lernen. Das sei für ihn ganz wichtig: "Wir dürfen nicht nur einseitig arbeiten, sondern wir müssen die Afrikaner als Partner sehen und anerkennen."