Deutsche Medikamente für Taifun-Opfer
13. November 2013Wenn Frank Pfaff die Medikamente aus dem Regal holt, zählt er leise mit. Acht Packungen Antibiotika, 20 entzündungshemmende Salben, 60 Plastikdosen Schmerzmittel. Erst wenn sein kleiner Wagen voll und die Liste abgehakt ist, rollt er die Ware nach vorne in die Lagerhalle des Medikamentenhilfswerks Action Medeor in Tönisvorst, einem kleinen Ort in Nordrhein-Westfalen. Dort wird gepackt und geschnürt. Pfaff hat Sonderschichten eingelegt und arbeitet bis in die Abendstunden und nicht wie sonst bis um 17.00 Uhr. "Aber wenn so schreckliche Dinge wie der Taifun passieren", sagt Pfaff, "dann tue ich das gerne".
Was Pfaff aus den Regalen räumt, wird auf die Philippinen transportiert: nicht nur Medikamente, auch Spritzen, Kanülen, Verbandsmaterial und chirurgische Instrumente. Ein Notfallkit - eine Tonne medizinische Grundausstattung - ist bereits unterwegs, 62 weitere große Pakete sollten folgen. Rund 60.000 Menschen können damit mehr als drei Monate lang medizinisch versorgt werden, so die Kalkulation von Action Medeor. Der Inhalt dieses Notfallkits sei von Experten der Weltgesundheitsorganisation und der verschiedenen Hilfswerke für den Fall einer Katastrophe zusammengestellt worden, sagt Christoph Bonsmann, Apotheker und Vorstandsmitglied von Action Medeor.
Doch was genau an Medikamenten auf den Philippinen gebraucht wird, ist nicht ganz klar. Denn die Informationen sind rar, in die Katastrophengebiete konnten in den ersten Tagen nach dem Taifun "Haiyan" kaum medizinische Helfer vordringen.
Helfer müssen warten, bis Wege wieder frei sind
Die Pakete werden per Luftfracht auf die Philippinen geflogen und an die Partnerorganisationen oder andere Hilfswerke vor Ort verteilt. Die erste Ladung kam wenige Tage nach dem Taifun im Katastrophengebiet an. Mitarbeiter der Hilfsorganisation Humedica hatten sich nach Tacloban durchgeschlagen, im Gepäck Arzneimittel von Action Medeor. "Der Weg ins Katastrophengebiet ist extrem schwierig", sagt Bernd Pastors, Vorstandssprecher von Action Medeor. "Die Infrastruktur ist komplett zusammengebrochen, die Helfer müssen warten, bis Wege wieder frei sind."
Die Medikamente, die von Tönisvorst nach Tacloban transportiert werden sollen, sind aus deutschen Spendengeldern finanziert. Die Telefone in der Empfangshalle von Action Medeor klingeln in diesen Tagen oft gleichzeitig. "Ja, geben Sie als Verwendungszweck ruhig Philippinen an", sagt die Empfangsdame und hebt gleich wieder ab, um dem nächsten Anrufer die Kontodaten durchzugeben. Action Medeor hat mehr als 75.000 Euro an Spenden für die Taifun-Opfer erhalten. "Das ist sehr viel innerhalb eines so kurzen Zeitraums", sagt Bernd Pastors. Rund ein Drittel des gesammelten Geldes haben Bürger direkt an Action Medeor gespendet. Viele kommen aus der Region um Tönisvorst, die Höhe der einzelnen Spenden variiert zwischen 20 und 2000 Euro. Weitere 25.000 Euro haben Unternehmen und andere Stiftungen wie das Hilfswerk der Deutschen Lions (HDL) oder die RTL-Stiftung gespendet. Ein weiteres Drittel kommt von Aktion Deutschland Hilft, einem Bündnis der großen deutschen Hilfsorganisationen, die im Falle von Naturkatastrophen gemeinsam Spenden für die Opfer sammeln.
Langfristige Unterstützung aus Deutschland geplant
Mit dem Geld kauft der Verein Action Medeor Medikamente, die in Deutschland und Asien produziert werden. Es sind ausschließlich Generika - also Nachahmerpräparate, die denselben Wirkstoff haben wie ein Medikament, das es bereits unter einem Markennamen auf dem Markt gibt. "Sie entsprechen qualitativ unserem Standard, sind aber günstiger", sagt Bonsmann und fügt hinzu: "Würde man all die Medikamente ganz normal in der Apotheke kaufen, würden sie zwanzigmal so viel kosten."
Wenn die Spenden reichen, will Action Medeor die Philippinen langfristig unterstützten, um Basisgesundheitsstationen aufzubauen. Auf den Lieferscheinen, die auf den gepackten Paletten in der Lagerhalle kleben, steht dann künftig nicht mehr nur "Syrien" oder "Haiti" - sondern auch "Philippinen".