Deutsche Unterstützung für Guaidó
30. Januar 2019Nach einigem Nachdenken steht die Position der Bundesregierung zur Lage in Venezuela: Am vergangenen Wochenende formulierte Deutschland gemeinsam mit anderen EU-Staaten wie Frankreich, Spanien und den Niederlanden ihre Forderung: Binnen acht Tagen müsse der sozialistische Präsident Nicolas Maduro Neuwahlen ansetzen, ansonsten würden die europäischen Länder Oppositionsführer Juan Guaidó als Interimspräsident anerkennen. Die Frist läuft also bis zum nächsten Wochenende. Eindringlich warnte Regierungssprecher Steffen Seibert den Präsidenten vor einer weiteren Eskalation.
Madura hat inzwischen Parlaments-Neuwahlen für möglich erklärt. Wann die stattfinden sollten, ist allerdings unklar. Und er will mit der Opposition sprechen, unter internationaler Moderation. Gleichzeitig gibt es Meldungen über weiteren Druck Maduros auf seinen Widersacher Parlamentspräsident Juan Guaidó. Regierungssprecher Seibert zeigte sich am Mittwoch besorgt, da erneut Massendemonstrationen angekündigt seien und schon zahlreiche Menschen ums Leben gekommen seien. Andere Länder, etwa die USA, hatten viel schneller als Deutschland und die EU-Staaten Oppositionsführer Guaidó als Interims-Präsidenten anerkannt.
Staatssekretär Niels Annen: Parlament muss Neuwahlen organisieren
Am Mittwoch tagte in Berlin der Auswärtige Ausschuss des Bundestages und bewertete die Lage in Venezuela. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Niels Annen (SPD), sagte der DW, auch wenn Maduro jetzt zu Neuwahlen bereit sei, müsse Europa skeptisch bleiben: "Die Erfahrungen im Gespräch mit Präsident Maduro sind ja durchweg negativ. Die Europäische Union hat sich über Jahre um einen solchen Dialog bemüht. Insofern ist Gesprächsbereitschaft natürlich immer gut. Aber man darf nicht vergessen: Präsident Maduro kontrolliert alle Institutionen des Landes, hat mit dieser Kontrolle auch die Wahlen relativ einfach und deutlich dominieren und auch fälschen können." Maduro hatte die Präsidenten-Wahlen im vergangenen Jahr gewonnen, die Opposition wirft ihm Wahlbetrug vor. Auch viele deutsche Politiker zeigten sich überzeugt davon, dass Maduro manipuliert habe. Deshalb, sagte Annen, müsse die Zukunft des Landes jetzt von anderen bestimmt werden: "Es muss am Ende auch diese Nationalversammlung sein, die den Weg auch organisatorisch zu Neuwahlen ebnet."
Grüne: Eine Million Venezolaner mit EU-Staatsbürgerschaften
Die Oppositionspartei der Grünen schließt sich der Forderung nach Neuwahlen an. Jürgen Trittin, Außenexperte der Fraktion, sagte der DW: "Ich glaube, wir brauchen eine politische Lösung in Venezuela. Der Weg, den verschiedene europäische Staaten vorgeschlagen haben, nämlich zu Wahlen zu kommen, um eine klare, demokratisch legitimierte Verantwortung zu haben, ist der richtige Weg." Trittin sagte, es sei wichtig, dass es auch bei einer einheitlichen europäischen Haltung gegenüber Venezuela bleibe: "Angesichts des Umstandes, dass fast eine Million Venezolaner eine EU-Staatsbürgerschaft haben, haben wir ein ganz solides Interesse, das zu regeln."
Linkspartei: Guaidó verharmlost den Holocaust
Weit kritischer äußert sich die Linksfraktion. Die stellvertretende Vorsitzende, Heike Hänsel, sagte: "Die Bundesregierung ignoriert kritische Stimmen aus der venezolanischen Opposition, darunter von der sozialdemokratischen Partei Demokratische Aktion, gegen die Selbst-Proklamation des amtierenden Parlaments-Chefs Juan Guaidó zum Präsidenten der Republik, zumal er kein Mandat der Nationalversammlung hat."
Sie kritisierte: "Die Bundesregierung unterstützt mit Guaidó einen Politiker, der den Holocaust relativiert, indem er den angestrebten Regierungswechsel in Venezuela mit der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz gleichsetzt. Ich erwarte von der Bundesregierung eine klare Distanzierung von diesem beschämenden und zynischen Vergleich."
Guaidó: "Wir sind in einer Diktatur!"
Juan Guaidó wandte sich derweil in der "Bild-Zeitung" an die Deutschen und forderte Sanktionen gegen das Regime von Präsident Maduro: "Wir brauchen weitere Sanktionen aus der EU, so wie sie ja auch von den USA beschlossen wurden. Wir sind hier in einer Diktatur und es muss Druck geben. Es werden immer mehr Menschen ermordet."
Eindringlich schilderte Guaidó die prekäre Lage in seinem Land: "Wer in Venezuela ins Krankenhaus geht, dem droht der Tod, weil die Leute unversorgt bleiben, es gibt keine Medikamente. Im Militär ist die Situation wie sonst im Land: Die Menschen haben Hunger, die Soldaten wissen, dass es so nicht weitergeht." Der Oppositionsführer wie auch der umstrittene Präsident Maduro haben erneut zu Massenkundgebungen in der Hauptstadt Caracas aufgerufen.