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Deutsche Politiker rügen Monti

6. August 2012

Sperrfeuer aus Berlin: Italiens Ministerpräsident Monti macht sich zur Bekämpfung der Euro-Krise für mehr Handlungsfreiheit der europäischen Regierungen gegenüber den Parlamenten stark. Deutsche Politiker sind empört.

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Der italienische Ministerpräsident Mario Monti (Foto: Reuters)
Der italienische Ministerpräsident Mario MontiBild: DW

Mit einer so heftigen Breitseite aus der deutschen Politik dürfte selbst ein so erfahrener Europa-Politiker wie der italienische Ministerpräsident Mario Monti wohl kaum gerechnet haben. Einhellig und in teils scharfen Worten widersprachen deutsche Politiker aus SPD, CDU, CSU und FDP der jüngsten Empfehlung des 69-jährigen Finanz- und Wirtschaftsexperten.

Der italienische Regierungschef und ehemalige EU-Kommissar hatte dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" gesagt, die europäischen Regierungschefs sollten sich ihre Handlungsfreiheit gegenüber den eigenen Parlamenten bei der Bekämpfung der Eurokrise bewahren. "Wenn sich Regierungen vollständig durch die Entscheidungen ihrer Parlamente binden ließen, ohne einen eigenen Verhandlungsspielraum zu bewahren, wäre das Auseinanderbrechen Europas wahrscheinlicher als eine engere Integration."

Monti äußerte diesen Satz im Zusammenhang mit einer Warnung vor einem Zerbrechen der Europäischen Union. "Die Spannungen, die in den letzten Jahren die Eurozone begleiten, tragen bereits die Züge einer psychologischen Auflösung Europas", sagte er. Wenn der Euro zu einem Faktor des europäischen Auseinanderdriftens werde, "dann sind die Grundlagen des Projekts Europa zerstört".

"Unsägliche Berlusconi-Jahre"

Bei der SPD stieß Monti mit seiner Empfehlung auf entschiedenen Widerspruch. "Die Akzeptanz für den Euro und seine Rettung wird durch nationale Parlamente gestärkt und nicht geschwächt", sagte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß der "Rheinischen Post" aus Düsseldorf. Offensichtlich habe in Italien in den "unsäglichen Berlusconi-Jahren das Parlamentsverständnis gelitten".

Bundesaußenminister Guido Westerwelle lehnt eine Schwächung der europäischen Parlamente zugunsten der nationalen Regierungen ab. "Die parlamentarische Kontrolle der Europapolitik steht außerhalb jeder Diskussion", sagte Westerwelle in Berlin. "Wir brauchen eine Stärkung, nicht Schwächung der demokratischen Legitimation in Europa."

Der FDP-Euroskeptiker Frank Schäffler sagte, Europa scheitere nicht an zu viel, sondern an zu wenig Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. "Monti will seine Probleme auf Kosten des deutschen Steuerzahlers lösen und verpackt das in Europa-Lyrik", betonte Schäffler. Der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Bundestag, Rainer Brüderle, unterstrich, dass Mario Monti zwar als EU-Binnenkommissar viel bewegt habe und dass man gemeinsam der Überzeugung sei, "dass wir für ein starkes Europa tiefgreifende Reformen" bräuchten. "Bei diesem notwendigen Prozess müssen wir aber aufpassen, dass Europa ausreichend demokratisch legitimiert bleibt. Wir brauchen ein Europa der Bürgerinnen und Bürger", sagte Brüderle dem Berliner " Tagesspiegel".

CSU zeigt harte Kante

Ein klares Nein kommt auch von der CDU zu Montis Vorschlag, die nationalen Regierungen gegenüber den Parlamenten zu stärken. Unionsfraktions-Vize Michael Meister sagte dem Berliner "Tagesspiegel": "Wir brauchen in Europa nicht weniger, sondern mehr Demokratie."

Nicht ganz unerwartet schlug Monti die schärfste Ablehnung aus Bayern entgegen. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt warf dem italienischen Ministerpräsidenten gar mangelndes Demokratie-Verständnis vor. "Die Gier nach deutschen Steuergeldern treibt bei Herrn Monti undemokratische Blüten", sagte Dobrindt der Tageszeitung "Die Welt". "Herr Monti braucht offenbar die klare Ansage, dass wir Deutsche nicht bereit sein werden, zur Finanzierung der italienischen Schulden unsere Demokratie abzuschaffen."

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt (Foto: dapd)
Er zeigt Monti das Stoppschild: CSU-Generalsekretär Alexander DobrindtBild: dapd

Dass ein gewählter Regierungschef wie Monti die demokratischen Regeln so abschätzig handhabe, sei ein Alarmzeichen für die politische Kultur in manchen Euroländern, sagte Dobrindt. "Wir dürfen nicht zulassen, dass durch die Euro-Krise diejenigen die Oberhand gewinnen, die Parlamentsrechte und demokratische Kontrolle als Störfaktoren ansehen." Montis Ansichten dürften sich nicht durchsetzen, "sonst haben wir bald italienische Verhältnisse in ganz Europa".

kle/se (dpa, afp, ots)