Ausbau der Sicherheitsstrukturen
18. Februar 2010Bundesaußenminister Westerwelle will im kommenden Jahr mit dem Abzug aus Afghanistan beginnen. Nicht zu schaffen, sagen Kritiker. Wenn sich die internationale Gemeinschaft aus Afghanistan zurückziehen will, dann sollte der zivile Aufbau im Wesentlichen abgeschlossen sein. Noch wichtiger ist allerdings, dass die afghanischen Sicherheitsstrukturen stabil sind und flächendeckend funktionieren. Damit sind Armee und Polizei gemeint.
Offizielle Politik
Nach Angaben des Auswärtigen Amtes hat Deutschland bereits 2002 eine führende Rolle im Polizeiaufbau in Afghanistan übernommen. Dafür seien bis einschließlich 2009 mehr als 170 Millionen Euro gezahlt worden. Deutsche Polizisten bildeten Polizeianwärter aus, stünden ihnen als Mentoren beratend zur Seite und würden bei der Ausstattung jedes einzelnen helfen.
Darüber hinaus seien die nationale Polizeiakademie wieder aufgebaut und zahlreiche Polizeistationen errichtet worden. Eine Drogenbekämpfungseinheit, eine Fernstraßen- und eine Grenzpolizei seien aufgestellt worden.
Seit Juni 2007 helfe Deutschland unter europäischer Flagge bei der Polizeimission "EUPOL Afghanistan". So die offizielle Darstellung des Auswärtigen Amtes.
Ziel verfehlt
Am Hindukusch arbeiten derzeit etwa 120 deutsche Polizeiausbilder in verschiedenen Schulungsprojekten. Demnächst sollen es 200 sein. Erschwert wird ihre Arbeit dadurch, dass viele ihrer Auszubildenden nicht lesen und schreiben können. Dann muss erst noch das Alphabet geübt werden.
Außerdem sind die angehenden Ordnungshüter - wie deutsche Trainer berichten - oft auch körperlich schlecht trainiert. Ganz nebenbei ist die Arbeit eines afghanischen Polizisten gefährlich. Knapp 1400 lokale Polizeiangehörige kamen innerhalb eines Jahres ums Leben.
Mehr Schein als Sein
Obwohl Deutschland gerne auf sein ziviles Engagement in Afghanistan verweist, ist die Ausbildung der Sicherheitskräfte nicht entscheidend verbessert worden.
Das Ziel, bis 2007 eine funktionsfähige Polizei mit 62.000 Angehörigen aufzubauen, wurde komplett verfehlt. Nur 5.000 Polizisten des mittleren und gehobenen Dienstes wurden von deutschen Beamten ausgebildet, 14.000 weitere fortgebildet. Streifenpolizisten wurden gar nicht ausgebildet.
Kritikresistent
Andere Staaten drängen Deutschland, die Polizeiausbildung in Afghanistan zu verstärken. Darunter auch die USA, die mit mehr Personal und mehr Geld sehr erfolgreich Polizisten ausbilden. Das Drängen blieb erst einmal ohne Erfolg.
Als Deutschland dann schließlich doch mehr Polizisten ausbilden sollte, gab die Bundesregierung kurzerhand den gesamten Polizeiaufbau an die Europäische Union ab. Im Juni 2007 übernahm die EU-Mission "EUPOL" die Verantwortung für den Aufbau der Polizei in Afghanistan.
Berlin stimmt ab
Nun sollen aber doch zusätzlichen Polizeiausbilder entsandt werden, und zwar als Teil des neuen Afghanistanmandats, über das der Bundestag in der kommenden Woche abstimmt.
Das Mandat sieht zudem vor, dass die Bundeswehrtruppe um 850 Mann aufgestockt wird auf 5350 Soldaten. Auch die deutschen Soldaten sollen sich deutlich mehr als bisher um die Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte kümmern.
Zu gefährlich in Afghanistan
Jetzt haben die SPD-Innenminister der Länder vorgeschlagen, dass die Afghanen doch nach Deutschland kommen sollen. Vor allen Dingen die polizeilichen Führungskräfte. Sie könnten hier trainiert und ausgebildet werden, etwa an der nordrhein-westfälischen Polizeihochschule in Hiltrup.
Autorin: Petra Nicklis
Redaktion: Hartmut Lüning