Kolumbianische Sonne, deutscher Strom
4. Januar 2014Es gibt keine Straße in Solano. Den Strom erzeugt ein stinkender Dieselgenerator, und das auch nur vier Stunden täglich, von 18 bis 22 Uhr. Der Alltag der Menschen in der Gemeinde Solano im südkolumbianischen Departement Caquetá ist mühsam. Auf einer Fläche so groß wie Dänemark leben hier nur 20.000 Menschen. Bewaffnete Guerillagruppen haben bislang verhindert, dass Solano ans Stromnetz angeschlossen wurde. Sie befürchten, dass auch eine Luftwaffenbasis in der Nachbarschaft davon profitieren könnte. Leidtragende sind die Menschen vor Ort.
Genau hier wird die erste deutsch-kolumbianische Klimaschutz-Partnerschaft mit Leben erfüllt. Eine Delegation des Rhein-Kreises Neuss aus Nordrhein-Westfalen hat jetzt die erste "Energiebox" an die Verwaltung der Gemeinde übergeben. "Solano ist weit abgelegen und findet auch in der Vorstellung der Menschen in den großen Städten in Kolumbien parktisch nicht statt. Auf dem Landweg ist die Gemeinde nicht erreichbar. Die Elektrifizierung ist unzureichend. Hier müssen einfachste Bedürfnisse gedeckt werden", sagt Jürgen Steinmetz, stellvertretender Landrat des Rhein-Kreises Neuss während seines Besuches in dem südamerikanischen Land. "Deswegen wollen wir die Menschen vor Ort mit unseren Kompetenzen und Erfahrungen unterstützten."
Steinmetz Heimatkommune verfügt seit Jahren über gute Kontakte nach Kolumbien. Der Rhein-Kreis gilt als einer der führenden Energiestandorte Deutschlands. Deswegen wurde der Kreis als ausführende Kommune vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) für das Projekt ausgesucht. Rund 500.000 Euro investiert das BMZ in das Klimaschutz-Projekt.
Energiebox liefert sofort Strom
Das Konzept ist denkbar einfach: Eine rund zwei Meter hohe, aus Solarenergie gespeiste Energiebox liefert sofort Strom und hilft dabei die Engpässe in der Gemeinde zu beseitigen. "Wir haben die Box gemeinsam mit den Kolumbianern aufgebaut. Die Menschen vor Ort haben auf diese Weise die Technik bereits kennengelernt. Zum Konzept gehört auch ein Technologietransfer, denn es ist nicht damit getan, die Box nur aufzustellen. Die Menschen vor Ort müssen sich auch warten und reparieren können", so Steinmetz. Der Erfolg ist gleich zu Beginn sichtbar: Die neue Energiebox lieferte Licht und Strom für die Eröffnungsfeier.
Kommunale Unterstützung
"Das Projekt in Solano hat die Besonderheit, dass Menschen auf Gemeindeebene in Deutschland und Kolumbien zusammengekommen sind, um eine Klimapartnerschaft zu bilden", erklärt Hubert Deubler, Planungsingenieur für erneuerbare Energien. "Das Ziel ist, gemeinsam an der Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung hier in den kolumbianischen Gemeinden zu arbeiten."
Der Experte für netzferne Stromversorgung ist normalerweise in den Hochalpen unterwegs, um dort die Hütten der Bergwacht, die weitab des Stromnetzes liegen, mit Elektrizität zu versorgen. Genau diese Erfahrungen helfen nun dabei, die Kommune in dem südamerikanischen Land bei ihrem Vorhaben zu unterstützen. "Dies geschieht nicht auf Kosten, sondern im Einklang mit der Biodiversität. Wir wollen mit unserem Konzept eine nachhaltige und naturverträgliche Entwicklung im kolumbianischen Amazonastiefland fördern", erklärt Deubler die Grundlagen des Projektes. Das Interesse vor Ort an dem Projekt ist riesig. Bis zu vier Tage waren einige Bewohner Solanos unterwegs, um bei der Aufstellung der ersten Energiebox dabei zu sein.
Solanos Bürgermeister Eliseo Murillo Criollo glaubt fest an die Nachhaltigkeit der Partnerschaft: "Die Umwelt ist unser Reichtum, deshalb wollen wir sie schützen und bewahren. Die Energiebox hilft uns dabei, unsere Umwelt nicht mit fossilen Brennstoffen oder anderen Substanzen zu verunreinigen."
Beide Seiten wollen die Partnerschaft nun vertiefen. "Wir möchten Solano dabei unterstützen, Stück für Stück diesen Weg weiter zu gehen", sagt Steinmetz. "Wir können in Deutschland viel für den Klimaschutz tun. Wir müssen aber auch international dafür Sorge tragen, dass sich die Situation in anderen Ländern verbessert. Sonst können unsere eigenen Anstrengungen nicht die volle Wirkung entfalten.“