1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Lernen von Hollywood?

Gero Schließ29. Februar 2016

Hollywood ist immer noch Sehnsuchtsort für deutsche Filmschaffende. Staatsministerin Monika Grütters kam zu den Oscars, um für deutsche Filme zu werben. Denn noch sind die Amerikaner nicht überzeugt.

https://p.dw.com/p/1I4Nm
Der in Hollywood lebende deutsche Schauspieler Christian Oliver
Der deutsche Schauspieler Christian Oliver lebt in HollywoodBild: V. Corell

"Das ist schon ziemlich cool, immerhin ist es der wichtigste Filmpreis auf diesem Planeten", schwärmt Patrick Vollrath im Gespräch mit der Deutschen Welle. Mit seinem Film "Alles wird gut" ist der 31-jährige deutsche Filmemacher für den Kurzfilm-Oscar nominiert worden. Eigentlich sei das nur ein Studentenfilm gewesen, sagt er, entstanden an der Filmakademie Wien. "Dafür in Hollywood nominiert zu werden fühlt sich super an und gibt eine Menge Motivation." Die Leute würden sich jetzt mehr für seine Arbeit interessieren, sagt Vollrath. Aber er will auch realistisch bleiben. "Es ist immer noch sehr schwer und ein langer Kampf, den nächsten Film zu machen." Kulturstaatsministerin Monika Grütters könnte da hilfreich sein.

Finanzielle Anreize für Hollywood

Von den fast 400 Millionen Euro, die Bund und Länder insgesamt für Filmförderung ausgeben, werden Filmprojekte wie die von Vollrath gefördert. Ein Teil der Gelder fließt aber auch direkt oder indirekt nach Hollywood. Zum Beispiel in die Produktion von "Bridge of Spies", den jüngsten Film von Starregisseur Steven Spielberg, der in Koproduktion mit den Filmstudios Babelsberg entstand.

Regisseur Patrick Vollrath
Regisseur Patrick VollrathBild: London Flair

Mit den Fördergeldern gelang es, Spielberg nach Deutschland zu locken, wo er ein Gutteil des Filmes drehte. Sechs Oscar-Nominierungen gab es für den Film, darunter auch für den Berliner Filmausstatter Bernhard Henrich. Am Ende gab es einen Oscar – für Mark Rylance für die beste Nebenrolle, in einer Kategorie, in der er sich immerhin gegen Sylvester Stallone duchsetzte.

"Zuckerschlecken" mit Spielberg

An der Seite von Tom Hanks spielen auch deutsche Schauspieler, darunter Sebastian Koch und Burghart Klaußner. Die Zusammenarbeit mit Spielberg sei ein "Zuckerschlecken" gewesen, begeistert sich Klaußner auch Monate nach den Dreharbeiten noch. Spielberg und andere amerikanische Regisseure wüssten schon, dass in Deutschland gute Schaupieler lebten, erklärt Klaußner und kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.

Der deutsche Schaupieler Christian Oliver (Artikelbild) lebt seit einigen Jahren in Hollywood. Er hat in "Operation Walküre" mitgespielt und kann aus eigener Erfahrung berichten: "Hollywood-Produktionen gehen nach Deutschland und nutzen dort die Vorteile der Förderzuschüsse." Damit würden sie aber auch viel Arbeit und Geld nach Deutschland bringen.

Grütters Strategie geht auf

Kulturstaatsministerin Monika Grütters teilt Olivers Ansicht: "Es gibt viele amerikanische Produzenten, die deshalb gerne in Babelsberg drehen, weil die Marke Berlin immer noch zieht, weil unsere Fördergelder noch vor Drehbeginn ausgezahlt werden können und weil wir mit der Professionalität des Standorts und seiner Teams tatsächlich international attraktiv sind."

Und so ist der Agentenfilm für die nach Los Angeles gereiste Staatsministerin Monika Grütters ein gutes Beispiel dafür, dass ihre Strategie aufgeht. Es geht aber nicht nur darum, den Produktionsstandort Deutschland aufzuwerten. Mindestens genauso wichtig ist ihr, deutsche Filme in Hollywood und auf dem amerikanischen Markt prominent zu positionieren.

Kein Enthusiasmus in Hollywood

Dass die Deutschen hier noch nicht weit genug gekommen seien, spricht Patrick Vollrath offen aus. Im Moment sei man in Hollywood "nicht gerade begeistert" vom deutschen Film. Man lebe zu sehr von der Vergangenheit, etwa von großen Namen wie Werner Herzog oder Volker Schlöndorf. "Ich denke, nach oben hin ist noch viel Luft", so der junge Filmemacher. Burghart Klaußner sieht einen Grund hierfür in den aus seiner Sicht begrenzten Mitteln der deutschen Filmförderung: Um in Hollywood sichtbar auftreten zu können, sei die Förderung einfach viel zu klein. "Man muss nur nach Frankreich schauen, wo es 700 Millionen Euro im Jahr an Förderung gibt. Nicht mal mit Frankreich können wir mithalten, geschweige denn mit den Budgets, die in Amerika aufgerufen werden."

Filmszene aus "Alles wird gut" von Patrick Vollrath
Filmszene aus "Alles wird gut" von Patrick VollrathBild: London Flair

Auch wenn deutsche Schauspieler wie Christoph Waltz, Thomas Kretschmann oder Christian Oliver in Hollywood bekannt und geschätzt sind, deutsche Filme haben es schwerer. Die Zeiten von Schlöndorffs "Die Blechtrommel" oder Wolfgang Petersens "Das Boot" sind längst vorbei. Von dem selbstgesteckten Anspruch, die Kreativschmiede Hollywoods zu sein, scheinen die Babelsberger Studios und mit ihnen die anderen deutschen Produzenten noch weit entfernt.

Lernen von Hollywood

Staatsministerin Grütters wird nach ihren Begegnungen in Hollywood einige Ideen mit nach Hause bringen. Das Filmfördersystem sei richtig und müsse nicht auf den Kopf gestellt werden, sagt sie. Doch sie will mehr Dynamik für den deutschen Film, um seine Konkurrenzfähigkeit zu stärken. Und da kann man von den Amerikanern lernen: "In den ganz großen US-Kinoformaten steckt sehr viel privatwirtschaftliches Geld und hinter den Kinofilmen oft auch eine ungeheure Marketingmaschine, die oftmals mehr kostet als in Deutschland ein ganzer Film."

Kulturstaatsministerin Monika Grütters jubelt bei der "Oscar Viewing Party" des Studios Babelsberg
Kulturstaatsministerin Monika Grütters jubelt bei der "Oscar Viewing Party" des Studios BabelsbergBild: V. Corell

Doch Grütters und Filmemacher wie Patrick Vollrath sind weit davon entfernt, das amerikanische System kopieren zu wollen. Der Autorenfilm werde weiterhin eine Stärke der Deutschen bleiben, sagt die Staatsministerin. "In Hollywood dreht sich alles darum, wie man sein Geld investieren und mehr zurückbekommt", kritisiert Vollrath. In Ländern wie Frankreich, Deutschland und Italien gehe es stärker um die Kunst selber. Vollrath ist sich sicher: "Das wird uns weiter bringen – uns als Filmemacher und das Land insgesamt."