Deutscher Pavillon auf Biennale eröffnet
10. Mai 2017Bei der Eröffnung des deutschen Pavillons machte sich Außenminister Sigmar Gabriel gegen nationale Abgrenzungen stark. Kunst und Kultur müssten "Augen, Seelen und Hirne öffnen", sagte der Vizekanzler in Venedig. Tendenzen zur Demonstration der nationalen Überlegenheit seien hochaktuell. "Wir erleben gerade, dass solche Gedanken Renaissance feiern. Nicht so stark in der Kunst, aber in Gesellschaft und ganz sicher in der Politik", betonte der SPD-Politiker.
In diesem Zusammenhang ging Gabriel auch auf die Debatte um die deutsche Leitkultur ein. "Wir haben schon eine deutsche Leitkultur, das sind die ersten 20 Artikel der Verfassung." Andere Kulturen müssten respektiert werden. "Aber diese müssen sich in unserem Land im Rahmen der Verfassung bewegen."
Performance von Anne Imhof
Den deutschen Pavillon gestaltet in diesem Jahr die Frankfurter Künstlerin Anne Imhof, die vor zwei Jahren mit dem Preis der Nationalgalerie für junge Kunst in Berlin ausgezeichnet wurde. Die 39-Jährige zeigt eine etwa fünf Stunden lange bedrückende Performance. Unter dem Titel "Faust" spielt sie mit den Themen Macht und Ohnmacht, Willkür und Gewalt, Widerstand und Freiheit. Durch das monumentale Gebäude wurden dicke Glasböden gezogen, Hunde stehen in einem Zwinger vor dem Pavillon.
Es gehe unter anderem um das Gefühl, in der Gesellschaft ausgeschlossen zu sein oder nicht, sagte die Kuratorin Susanne Pfeffer vom Fridericianum in Kassel vor der Einweihung des Pavillons. Die Besucher könnten eine "raum- und zeitgreifende Arbeit", die alle klassischen Medien umfasst, erwarten. Ein Team von etwa 40 Menschen ist an der Performance beteiligt.
Die Biennale gilt als eine der wichtigsten Ausstellungen zeitgenössischer Kunst. Die 57. Ausgabe öffnet ihre Tore am Samstag für das Publikum und dauert bis zum 26. November. Sie steht unter dem Motto "Viva Arte Viva" und hat bewusst kein politisches Thema. Vielmehr soll sie den Künstler in den Mittelpunkt stellen. In der Hauptausstellung, die von Christine Macel vom Pariser Centre Pompidou kuratiert wird, sind rund 120 Künstler vertreten, darunter auch mehrere Deutsche. Hinzu kommen mehr als 80 nationale Pavillons. Die Biennale in Venedig findet seit 1895 alle zwei Jahre statt.
Debatte über Martin Roth
Für Gesprächsstoff sorgte in Venedig unterdessen der deutsche Kulturmanager Martin Roth, der den Pavillon von Aserbaidschan kuratiert. Der 57-Jährige verteidigte sein umstrittenes Engagement. "Natürlich weiß ich, dass Aserbaidschan eine autoritäre Diktatur ist", sagte Roth der "Berliner Zeitung". "Aber man muss es nicht bei jeder Gelegenheit sagen. Mir geht es um die Menschen, die dort leben." Er habe sich ausbedungen, bei der Gestaltung des Pavillons "jegliche Freiheit in Bezug auf die Themenwahl sowie bei der Auswahl der Künstler zu haben", sagte Roth. Redeverbote werde er nicht akzeptieren. Gezeigt werden soll eine begehbare Installation auf der Grundlage eines Audio-Archivs, in dem viele Menschen Auskunft über ihre Herkunft, ihre Sprache und ihren Glauben gaben. Diese Grundlage sei dann von jungen Künstlern bearbeitet worden. Der Pavillon von Aserbaidschan wird am Freitag offiziell eröffnet.
Roth war von 2001 bis 2011 Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Dann wechselte er als Direktor an das Victoria and Albert Museum in London. 2016 legte er das Amt nieder. Als Begründung gab er unter anderem die Entscheidung der Briten für den Brexit an.
kle/qu (dpa, kna)