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Doping-Gesetz: Nur ein erster Schritt

Marcel Fürstenau6. Juli 2007

Der Deutsche Bundestag hat am Donnerstag (5.7.) nach langem Ringen ein Anti-Doping-Gesetz verabschiedet. Besser als keines, aber nur ein erster Schritt im Kampf gegen den Sportbetrug, meint Marcel Fürstenau.

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Bild: DW

Spitzensport ist ein globales Geschäft. Ein Markt, in dem Milliarden umgesetzt und verdient werden. Dass in diesem Milieu fragwürdige Gestalten und Methoden eine wichtige Rolle spielen, versteht sich von selbst. Ebenso, dass die verlogenen, schmutzigen, kriminellen, mitunter sogar tödlichen Machenschaften im Verborgenen stattfinden. Doping ist, zugespitzt formuliert, ein besonders profitabler Zweig der weltweiten Schattenwirtschaft.

Nüchtern betrachtet handelt es sich um einen uralten Befund. Und trotzdem ist die Menschheit seit jeher fasziniert vom sportlichen Kräftemessen, bei dem stets der Zweifel mitrennt, mitschwimmt, mitfährt. Wäre es anders, gäbe es nicht die Millionen Fans, die den zwielichtigen Helden der Tour de France zujubeln oder dem 100-Meter-Läufer, der einen für unmöglich gehaltenen Fabelwelt-Rekord aufgestellt hat.

Freiheitsstrafe wirkt abschreckend auf Strippenzieher

Marcel Fürstenau

Es bleibt also festzuhalten: die Begeisterung für sportliche Höchstleistungen hat trotz aller Skandale nie ernsthaft gelitten. Und weil das so ist, kann es bei der Doping-Bekämpfung nur um Etappensiege gehen, niemals um den endgültigen Triumph. So betrachtet ist das deutsche Doping-Gesetz durchaus geeignet, um künftig einige, wenn auch eher kleine Erfolge zu erzielen. Dafür wird schon die hoffentlich abschreckende Wirkung des von drei auf zehn Jahre Freiheitsentzug heraufgesetzten Strafmaßes für besonders schwere Doping-Fälle sorgen.

Angst davor müssen aber nur jene haben, die im Hintergrund die Strippen ziehen. Gewissenlose Typen, denen man beispielsweise nachweisen müsste, dass sie Minderjährige, womöglich gegen ihren Willen oder ohne ihr Wissen, gedopt haben. In einem solchem Fall ließe sich noch von Täter und Opfer sprechen. Anders aber liegt der Fall bei den vielen enttarnten oder noch nicht erwischten gedopten Berufssportlern, die Teil eines internationalen Kartells sind. Sie wissen, was sie tun. Folglich sind sie dafür verantwortlich, auch im rechtlichen Sinne.

Wie eine Gebrauchsanleitung für legales Dopen

Leider werden diese Betrüger in Deutschland weiterhin am wenigsten zu befürchten haben. Wenn Doping-Fahnder bei ihnen ein paar muskelaufbauende Tabletten oder Spritzen finden, haben sie unter Berufung auf das Gesetz so gut wie nichts zu befürchten. Denn geringe Mengen im Privatbesitz eines Sportlers sind in der Logik des Gesetzes kein Indiz oder gar Beweis für den Handel mit Doping-Präparaten. Und darauf zielt das Gesetz in erster Linie ab. Gut, aber unzureichend. Denn viele Athleten werden diese eigenwillige Regelung als Einladung zum weiteren Missbrauch begrüßen. Boshaft ausgedrückt: diese Textstelle liest sich wie eine Gebrauchsanleitung für legales Dopen.

Seine positive Wirkung dürfte das Gesetz aber auch entfalten. Im Zusammenspiel mit strengeren Kontrollen wird sich mancher überlegen, wie viel er riskieren soll. Um das Doping-System aber an der Wurzel zu packen, wäre es nötig, auch Pharma-Unternehmen, Sponsoren und Medien einzubinden. Eine schöne Illusion. Schätzungen zufolge wird lediglich ein Fünftel der auf dem Markt erhältlichen Doping-Medikamente im Leistungssport eingesetzt.

Das große Geld wird also im Breitensport gemacht. Und wenn, wie in Deutschland, mit Gebühren finanzierte öffentlich-rechtliche Fernseh-Sender als Sponsoren und so genannte Medienpartner von mehr als dopingverdächtigen Sportarten auftreten, dann ist alles über angebliche Unabhängigkeit gesagt. Einschaltquoten, Werbe-Millionen, Umsatz-Steigerungen, Siegprämien – das alles gehört zusammen. Und selbst wer auspackt, wie es der Radprofi Jörg Jaksche im Magazin "Der Spiegel" getan hat, macht seinen Schnitt. Ein Geschäft auf Gegenseitigkeit: eine Art Verdienst-Ausfall für den demnächst gesperrten Sportler auf der einen Seite, Scheckbuch-Journalismus auf der anderen. Der saubere Kampf gegen das Massen-Phänomen Doping sieht anders aus...