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Deutschland ist größer als VW

Michael Knigge / ch24. September 2015

Volkswagens Betrug bei Abgaswerten hat den Ruf des größten deutschen Autobauers beschädigt. Doch er wird nicht Deutschlands Ansehen in der Welt insgesamt in den Schmutz ziehen - es sei denn...

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Symbolbild - VW-Symbol an Deutschland Flagge (Foto: Getty Images/S. Gallup)
Bild: Getty Images/S. Gallup

Deutschland stand schon im Rampenlicht der Weltöffentlichkeit, lange bevor die Bundesregierung beschloss, zehntausende syrische Flüchtlinge ins Land zu lassen, und damit international Beifall erntete. Seit zwei Jahren rangiert Deutschland in einer BBC-Umfrage zu den beliebtesten Ländern der Welt auf dem ersten Platz. Im jüngsten Anholt-GfK-Index, der 50 Nationen nach ihrem weltweiten Ansehen bewertet, hat Deutschland die USA vom ersten Platz verdrängt.

Der Ruf von Volkswagen dürfte als Folge des großangelegten Betrugs mit Abgaswerten leiden, nicht aber das Ansehen Deutschlands insgesamt, glaubt Simon Anholt, Gründer und Herausgeber des Anholt-GfK-Roper-Länderindex.

Deutschlands Image als "Teil der Weltkultur"

"Ich glaube, zwei der wichtigsten 50 Glaubenssätze der Menschheit sind", sagt Anholt, "1. die Vorstellung, dass Deutschland ein Freund der Umwelt ist, und 2. dass Deutschland Regeln aufstellt und sich an Regeln hält....Das ist Teil der Weltkultur."

VW-Käfer (Foto: ullstein bild - heritage)
Deutscher Klassiker VW-Käfer - die Deutschen haben sich den guten Ruf in Jahrzehnten erarbeitetBild: ullstein bild - heritage

"Deutschland wird als führend in der Umweltpolitik wahrgenommen, und seine Autoindustrie gehört dazu", ergänzt Michael Mehling, Leiter des Zentrums für energie- und umweltpolitische Forschung am Massachusetts Institute of Technology in den USA. "Ich fürchte, das wird die Wahrnehmung der deutschen Industrie beeinflussen, die bisher in den USA und weltweit einen sehr guten Ruf genießt."

"Deutschland ist eine solche Erfolgsgeschichte!", stimmt Nancy Snow zu, die in Tokio als Branding-Expertin arbeitet. Sie befürchtet, dass sich der VW-Skandal negavtiv auf das Land auswirken wird. In Japan gelte Deutschland als Vorbild.

Firma ist nicht gleich Land

Doch die Gefahr ist gering, dass der Skandal und ein möglicher Imageschaden für VW automatisch über den Wolfsburger Autobauer hinausreicht, glaubt Anholt. Die Menschen in den USA und anderswo, fügt er hinzu, könnten sehr wohl unterscheiden zwischen dem Verhalten und dem Image eines Unternehmens und dem Land, aus dem das Unternehmen kommt.

Deshalb würden die Menschen nicht etwa Firmen und ihr Herkunftsland miteinander in Verbindung bringen - im Gegenteil: Sie würden eher beide gegenüberstellen und das Verhalten von VW als Widerspruch zum Ruf Deutschlands als umweltbewusstes Land voller gesetzestreuer Bürger sehen, meint Anholt.

Ein einzelner Skandal, selbst ein so großer wie der Abgasbetrug in den USA, reiche einfach nicht aus, um das positive Image Deutschlands in der Welt zu beschädigen. Er könne Deutschlands Ruf sogar stärken.

Simon Anholt gibt sich überzeugt: "Die Sache wird nicht Deutschlands guten Ruf zerstören, sondern ihn im Gegenteil bestätigen. Das Bild Deutschlands in der Welt so wie das Bild jeder anderen bewunderten Nation ist ein gewaltiges kulturelles Bauwerk."

Toyoda verbeugt sich (Foto: picture-alliance/dpa)
Toyota-Chef Akio Toyoda verbeugte sich 2010 in einer Geste der Entschuldigung, nachdem mehr als 200.000 Hybrid-Fahrzeuge zurückgerufen werden musstenBild: picture-alliance/dpa

Fall Toyota hat Japans Ansehen nicht geschwächt

In den vergangenen Jahren hat Volkswagens wichtigster weltweiter Rivale Toyota einen ähnlichen Imageverlust erlitten, als die Japaner gezwungen waren, in einer gigantischen Rückrufaktion in den USA Millionen Fahrzeuge wegen Sicherheitsproblemen nachzurüsten.

"Auf den Ruf Japans hat sich das überhaupt nicht ausgewirkt", sagt Anholt. "Seit zwölf Jahren messe ich das internationale Ansehen von Staaten in sehr umfangreichen jährlichen Umfragen, und immer wenn es solche Vorkommnisse gibt, treffen sie nicht den Ruf des Landes."

Nach Ansicht von Anholt hat Deutschland Jahrzehnte gebraucht, um sich seinen ausgezeichneten weltweiten Ruf aufzubauen. Es sei praktisch unmöglich, ein derart solide erarbeitetes Image schnell zu zerstören - es sei denn, es komme heraus, dass jeder deutsche Autobauer bei den Abgasen getrickst habe, aber alle anderen Auto-Nationen ehrlich geblieben seien.