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Deutschland und China gegen den Trend

8. Mai 2011

Die Weltbevölkerung wächst. Die Vereinten Nationen warnen vor massiven Problemen. In Deutschland und China wird die Bevölkerung mittelfristig abnehmen. Doch auch auf diese Länder kommen schwierige Herausforderungen zu.

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Chinesen in Peking (Foto: AP)
China ist - nach wie vor - das bevölkerungsreichste Land der WeltBild: AP

Sowohl in Deutschland als auch in China ist 2011 das Jahr der Volkszählung. China hat schon gezählt. Fast 1,4 Milliarden Menschen leben zwischen Himalaya und dem Gelben Meer, so das Ergebnis des größten Zensus der Welt. Offenbar zeigt die Ein-Kind-Politik Wirkung. Seit dem Jahr 2000 ist Chinas Bevölkerung nur um knapp sechs Prozent gewachsen. In Deutschland wird ab Montag (09.05.2011) gezählt - doch eines steht jetzt schon fest: Deutschland und China stehen vor ähnlichen Problemen, was die Bevölkerungsentwicklung angeht.

Beide Länder werden in Zukunft mit einer starken Alterung der Bevölkerung zu kämpfen haben, prognostiziert Thomas Büttner von der Bevölkerungsabteilung der Vereinten Nationen. "Im Augenblick ist in Deutschland jeder fünfte, also 20 Prozent, über 65 Jahre alt, in China nur 8 Prozent. Aber im Jahr 2100 - nach dieser Projektion, die wir gemacht haben - sind Deutschland und China eigentlich gleichauf." Dann werde sowohl in China als auch in Deutschland fast jeder Dritte älter als 65 Jahre sein, so der Demograph.

Riesige Belastung für die Sozialsysteme

Rentner auf einer Bank im Park, mit Kleinkind im Kinderwagen (Foto: AP)
Deutschland: Weniger Junge müssen mehr Alte versorgenBild: AP

Die Alterspyramide steht sowohl in Deutschland als auch in China mehr und mehr auf dem Kopf. Das bedeutet eine ungeheure Belastung der Sozialsysteme. Immer weniger Junge müssen immer mehr Alte versorgen. Die soziale Abfederung der Alterung wird besonders für China eine riesige Herausforderung werden. Bislang gibt es nur in den Städten ein Rentensystem, jedoch nicht auf dem Land. Deutschland habe immerhin schon ein Rentensystem, auf das sich aufbauen lasse, sagt Thomas Büttner. "Insofern denke ich, dass Deutschland, weil es schon ein System hat, dass sich über viele Jahrzehnte bewährt hat, es einfacher hat, sich anzupassen." Zudem sei Deutschland nach wie vor auch pro Kopf wesentlich reicher als China.

Arbeitskräftemangel droht

Je weniger Junge es gibt, desto mehr Arbeitskräfte fehlen. In Deutschland droht heute schon ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Deutschland müsse eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sicherstellen, damit mehr Frauen in den Arbeitmarkt einbezogen werden, fordert Büttner. Auch gute Ausbildung und Migration könne den Arbeitskräftemangel dämpfen. In China sei Arbeitskräftemangel noch nicht so ein großes Problem wie in Deutschland, sagt der Bevölkerungsexperte. Das werde sich allerdings bald ändern. "Sie haben natürlich immer noch einen sehr großen ländlichen Bereich, aus dem man Arbeitskräfte gewinnen und abziehen kann." Da habe China immer noch ein Reservoir. "Aber auch China wird in der nahen Zukunft ein deutliches Problem haben mit jungen und ausgebildeten Arbeitskräften", so Büttner.

Weltweit 9,3 Milliarden Menschen bis 2050

Menschenansammlung: indische Frauen mit bunten Kopftüchern (Foto: dpa)
Indien: rund 15 Millionen Bevölkerungszuwachs im JahrBild: dpa

Die Bevölkerung in China und Deutschland entwickelt sich entgegen dem weltweiten Trend. Im Jahr 2050 sollen nach neuesten Berechnungen der Vereinten Nationen 9,3 Milliarden Menschen auf der Erde leben – 200 Millionen mehr als bei Schätzungen vor zwei Jahren prognostiziert wurden. Schon in diesem Herbst soll nach Angaben der UN die Marke von weltweit sieben Milliarden Menschen übertroffen werden. Besonders arme Länder sind von einem starken Bevölkerungswachstum betroffen. Am schnellsten wachsen Liberia, Nigeria und Uganda. Schon heute können diese Länder ihre Bevölkerung nicht ausreichend mit Nahrung, Bildung oder Energie versorgen.

Obwohl China mit der Ein-Kind-Politik sein Bevölkerungswachstum gebremst hat, sieht Ute Stallmeister von der Deutschen Stiftung für Weltbevölkerung die chinesische Bevölkerungspolitik nicht als Vorbild für andere Länder. "Wir als Stiftung Weltbevölkerung haben einen strikt menschenrechtsbasierten Ansatz und lehnen Zwangsmaßnahmen zur Bevölkerungskontrolle, wie sie in China praktiziert wird, ab." Es gebe zahlreiche Möglichkeiten, über freiwillige Familienplanung Erfolge zu erzielen.

Zwei indische Frauen mit Wasserkrügen und zwei Kindern (Foto: UNI)
Frauen hätten weniger Kinder, wenn sie verhüten könntenBild: UNI

Die Stiftung für Weltbevölkerung fordert für alle Frauen der Welt Zugang zu Verhütungsmitteln. Allein 200 Millionen Frauen hätten weniger Kinder, wenn sie verhüten könnten, meint Ute Stallmeister. Auch Bildung hilft gegen Überbevölkerung. Je höher der Bildungsstand und das Entwicklungsniveau eines Landes ist, desto niedriger die Geburtenrate.

Autor: Christoph Ricking
Redaktion: Ana Lehmann