Deutschland und Irland - gemeinsam gegen Mauern
8. Januar 2019Es ist ein Besuch zu einem besonderen Zeitpunkt: eine Woche bevor das britische Parlament über das Brexit-Abkommen abstimmt, ist der deutsche Außenminister in der irischen Hauptstadt Dublin. Er ist auch zur moralischen Unterstützung da, denn wohl nirgends in der Europäischen Union ist die Sorge vor den Folgen des Brexit so groß wie in Irland. Nirgends ist das Problem so nah, so bedrohlich.
Heiko Maas hört sich die Sorgen an und sagt seinem irischen Kollegen Simon Coveney bei seiner Rede vor Irlands Botschaftern die Solidarität Deutschlands und der EU zu. Während der Verhandlungen mit Großbritannien habe die EU Einigkeit demonstriert. Diese Einheit und Solidarität verspricht Maas den Iren auch in der letzten, heißen Phase der Brexit-Verhandlungen. Gerade in der besonders heiklen Frage der Grenze.
Für das Karfreitagsabkommen, gegen eine feste Grenze
Denn eines der größten Brexit-Probleme hat direkt mit Irland zu tun, mit der Grenze zwischen dem EU-Land Irland und dem britischen Teil der Insel, Nordirland. Erst 1989, im sogenannten Karfreitagsabkommen, wurde geregelt, dass es nach Jahren von Kampf und Terror keine befestigte Grenze zwischen beiden Ländern gibt. Diese offene Grenze wollen die EU und Irland unbedingt erhalten.
Außenminister Maas argumentiert dabei auch mit der deutschen Geschichte: "Als Deutsche verstehen wir, wie Mauern und Grenzen den Frieden bedrohen", sagt Maas in Dublin. Eine harte Grenze auf der irischen Insel sei "inakzeptabel", so der deutsche Außenminister. Auch sein irischer Kollege betont, wie wichtig es sei, "niemals zu den Teilungen der Vergangenheit" zurückzukehren. Das Karfreitagsabkommen sei eine "große irische, britische und europäische Errungenschaft".
Ein ungeregelter Brexit ist für Irland ein Sicherheitsrisiko
Doch in Irland geht die Angst um, was nach dem Brexit kommen könnte. Sollte die britische Premierministerin Theresa May nächste Woche im Parlament in London die Abstimmung über das Austrittsabkommen verlieren, droht ein harter Brexit, also ein ungeregelter Ausstieg aus der Europäischen Union. Großbritannien wäre in dem Fall ein Drittstaat, zwischen Irland und Nordirland wäre eine EU-Außengrenze: Zölle, Schlagbäume und Grenzkontrollen könnten wiederkehren. Für Irland wäre diese Situation ein hohes Sicherheitsrisiko.
Deshalb fordert Heiko Maas die britischen Abgeordnete auf, dem lang verhandelten Brexit-Abkommen zuzustimmen: "Wir drängen unserer britischen Freunde dazu, verantwortlich zu handeln." Ein Austritt Großbritanniens ohne Abkommen würde allen schaden: Der EU und Großbritannien, Irland und der Bundesrepublik. Ein sogenannter No-Deal-Austritt hätte auch für Deutschland wirtschaftliche Nachteile, weswegen die Bundesregierung diesen Fall "unter allen Umstanden verhindern" will, so Maas.
Auch der irische Außenminister macht klar, dass in diesen "schicksalshaften Tagen und Wochen" in der britischen Politik, die Zeit für Realismus angebrochen sei. Die Hoffnung einiger Briten, auf "unrealistischen Optionen" müsse vorbei sein, so Coveney. Einzelne "Klarstellungen" seien noch möglich, aber Grundlegendes ließe sich am vorliegenden Abkommen nicht mehr ändern. Erst recht nicht in der Grenzfrage: Das sei auch keine irische Position, sondern die EU-Position.
Heiko Maas ist bei weiteren möglichen Zugeständnissen an Großbritannien sehr zurückhaltend und warnt vor falschen Hoffnungen in London: Wer darauf setze, nach einem Scheitern nächste Woche eine bessere Verhandlungsgrundlage zu bekommen, der gehe "ein außerordentlich großes Risiko ein", so Maas. Denn auch im deutschen Außenministerium mag niemand vorhersagen, was dann alles geschehen könnte.
Egal was passiert, eines versichert Heiko Maas dem irischen Außenminister: Auf den engen Freund Deutschland sei Verlass.