"Deutschland verdankt Schmidt viel"
11. November 2015Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den verstorbenen früheren Kanzler Helmut Schmidt als "politische Institution der Bundesrepublik" bezeichnet. Deutschland verdanke ihm viel, sagte die CDU-Vorsitzende in Berlin. "Ich stehe hier in tiefem Respekt vor den Leistungen Helmut Schmidts", erklärte die Kanzlerin und wünschte Schmidts Lebensgefährtin und seiner Tochter Trost in der Erinnerung an sein "langes und gut gelebtes Leben".
"Tiefe Zuneigung" der Deutschen
Merkel betonte: "Er war auch für mich eine Instanz, dessen Rat und Urteil mir etwas bedeuteten." Aus der Wertschätzung und dem Respekt der Deutschen für Schmidt sei, so Merkel, mit den Jahrzehnten "eine tiefe Zuneigung zu unserem Altbundeskanzler" geworden.
Helmut Schmidt war am Dienstag im Alter von 96 Jahren in Hamburg gestorben. Der SPD-Politiker war von 1974 bis 1982 Bundeskanzler. "Er ist sehr, sehr friedlich gestorben", sagte Schmidts Leibarzt Professor Heiner Greten der Deutschen Presse-Agentur.
Der Altkanzler war Anfang September in Hamburg wegen eines Blutgerinnsels am Bein operiert worden. Nach gut zwei Wochen verließ er auf eigenen Wunsch das Krankenhaus und kehrte in sein Haus in Hamburg-Langenhorn zurück, wo er rund um die Uhr betreut wurde. In den vergangenen Tagen hatte sich Schmidts Gesundheitszustand rapide verschlechtert.
Hamburg trauert
Nach der Nachricht von Schmidts Tod legten Menschen vor seinem Haus Blumen nieder und zündeten Kerzen an. Die Stadt ließ an den Fahnenmasten des Rathauses als Zeichen der Trauer schwarze Bänder anbringen. Nach einem Bericht der Zeitung "Die Welt" wird es in zwei bis drei Wochen in Hamburg einen Staatsakt für Schmidt geben. Neben einer Trauerfeier in der Kirche St. Michaelis sei ein Empfang für geladene Gäste im Rathaus geplant.
Der SPD-Vorsitzende, Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sagte, die Sozialdemokratie trauere um einen Menschen, der weit über die SPD hinaus als jemand im Gedächtnis bleibe, der mit Zuversicht, Realismus und Tatkraft "unser Land gestaltet hat". "Wir (...) sind stolz darauf, dass er einer von uns war", erklärte der SPD-Chef. "Seine Urteilskraft und sein Rat werden uns fehlen."
Bundespräsident Joachim Gauck würdigte Schmidt als "einen der bedeutendsten deutschen Politiker der Nachkriegszeit". Der "große Demokrat" Schmidt sei für "Millionen zum Vorbild" geworden, erklärte der Bundespräsident. "Helmut Schmidt wird uns allen als ein Mensch in Erinnerung bleiben, der in seltener Einheit ein Mann der Tat, des klaren Gedankens und des offenen Wortes war. Er hat sich um unser Land verdient gemacht", hob der Bundespräsident hervor.
Paris würdigt Schmidt
Schmidts Tod löste auch im Ausland Betroffenheit aus. Frankreichs Ministerpräsident Manuel Valls unterbrach die Fragestunde des Parlaments, um die Nachricht mitzuteilen. In der Nationalversammlung kam es zu anhaltendem Beifall für den Verstorbenen. Präsident Francois Hollande erklärte, dass man Schmidt den Euro verdanke. Er habe die späteren Entscheidungen von Francois Mitterrand und Helmut Kohl vorbereitet.
Der frühere französische Präsident Valèry Giscard d'Estaing, sagte Schmidt habe "die äußere Würde seines großen Landes wiederhergestellt". Giscard und Schmidt hatten zusammen das Europäische Währungssystem (EWS) geschaffen, das als Vorläufer der Euro-Währungsunion gilt.
Putin kondoliert
Der russische Präsident Wladimir Putin drückte Deutschland sein Beileid zum Tod von Schmidt aus. In einem Telegramm an Gauck und Kanzlerin Angela Merkel bezeichnete der Kremlchef den Verstorbenen als "herausragende Persönlichkeit Nachkriegsdeutschlands für die europäische und globale Politik". Schmidt habe einen erheblichen persönlichen Beitrag zur Entwicklung und Stärkung guter Beziehungen zwischen Deutschland und Russland geleistet.
wl/SC (dpa, afp, rtr)