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Deutschland wieder Top-Standort

Sabine Kinkartz22. Oktober 2012

Deutschland ist die Konjunkturlokomotive in Europa und trotzt der Krise. Wie machen die das, fragt man sich im Ausland? Das Geheimnis liegt in einer starken Industrie und guter Standortqualität.

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ARCHIV - Ein Mitarbeiter des Automobilzulieferers und Industriekonzerns Bosch fertigt im Werk Stuttgart-Feuerbach Dieseleinspritzpumpen der neuesten Generation (Archivfoto vom 28.01.2008, Illustration zum Thema Auto-Zulieferer). Die Talfahrt der deutschen Industrie hat sich im Februar noch verschlimmert. Die Umsätze im verarbeitenden Gewerbe sackten im Vergleich zum Vorjahr arbeitstäglich bereinigt um 23,3 Prozent ab, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag (14.04.2009) in Wiesbaden mitteilte. Dies sei der stärkste Einbruch gegenüber einem Vorjahresmonat seit Beginn der Berechnungen im Jahr 1991. Am stärksten spürten wie schon im Januar die Autohersteller und ihre Zulieferer die Wirtschaftskrise. Foto: Bernd Weißbrod dpa/lhe (zu dpa 0155) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Facharbeiter im verarbeitenden GewerbeBild: picture-alliance/dpa

In keiner anderen der traditionellen Wirtschaftsnationen spielt die klassische industrielle Produktion eine so zentrale Rolle wie in Deutschland. 23 Prozent der Bruttowertschöpfung werden von der Industrie erbracht, da können weltweit nur noch Japan und Südkorea mithalten.

Deutschland scheint für industrielle Investoren aber auch überdurchschnittlich attraktiv zu sein. Das geht aus einer am Montag (22.10.2012) vorgestellten Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor, in der 45 Staaten auf ihre Standortqualitäten abgeklopft wurden. Lag Deutschland in diesem Ranking 1995 noch auf Platz 14, so kam es 2010 Platz fünf. "Strong an growing", in diese Kategorie reiht IW-Direktor Michael Hüther Deutschland ein und das, so betont er, könne man von keinem anderen großen Industrieland sagen.

Viele Standortvorteile

Klare Pluspunkte sammelt Deutschland nicht nur bei der Infrastruktur. Ein ausgeprägter Wettbewerb fördert Innovationen, offene Märkte verhindern die Bildung von Monopolen. Deutschlands Arbeitskräfte sind gut qualifiziert, vor allem auch in den technischen und ingenieurwissenschaftlichen Bereichen. Positiv schlägt auch der verlässliche Schutz des geistigen Eigentums zu Buche, das Vorhandensein von genügend leistungsfähigen Zulieferern und die stabile Versorgung mit Rohstoffen und Energie. Gar nicht gut werden allerdings die steigenden Kosten für Energie und Strom beurteilt. Die Energiewende hin zu mehr erneuerbaren Energien und die damit verbundenen Kosten würden viele Fragezeichen aufwerfen, so formuliert es IW-Direktor Hüther.

Industrie: Deutschlands Erfolgsrezept

Top-Standort mit Schwachstellen

Es gibt noch weitere Kosten, die Hüther als Schwachstellen des Standorts Deutschland ausmacht. Dazu gehören die Arbeitskosten je Stunde, die finanzielle Belastung durch Steuern und die mit der Einhaltung von Umweltstandards verbundenen Kosten. "Der Index für Deutschland liegt hier um 29 Prozent unter dem Durchschnitt der untersuchten 45 Staaten, hier ist also ein Bereich, wo wir noch dran arbeiten können."

An der Spitze des Industriestandort-Rankings liegen die USA. Dort haben die Industriefirmen mit relativ wenig Bürokratie zu kämpfen. Außerdem verfügen sie über einen riesigen Markt mit einem enormen Kundenpotenzial. Auch Schweden, Dänemark und die Schweiz landeten vor Deutschland. Im Vergleich zu den Industriestaaten entwickelten sich die Schwellenländer Brasilien, Russland und China besonders dynamisch. Sorgen machen hingegen die europäischen Krisenländer Griechenland, Italien und Portugal, die im Ranking weiter zurückfielen.

Starker Mittelstand

Italien gehört wie Frankreich zu den europäischen Ländern, in denen in den vergangenen Jahren der Übergang zu einer Dienstleistungsgesellschaft besonders forciert wurde. Debatten über die Bedeutung der Dienstleistung habe es auch in Deutschland zur Genüge gegeben, so sagt IW-Direktor Michael Hüther. "Dieser Mode ist man nicht gefolgt und das hat es möglich gemacht, am Standort Deutschland mittelständisch, klein, auch strukturiert in Regionen, in Netzwerken und Clustern die Industriebasis zu stabilisieren und zu entwickeln."

Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln, aufgenommen am 15.09.2011 während der ZDF-Talksendung "Maybrit Illner" zum Thema: "Und am Ende kaum Rente... Wird Altersarmut normal?" im ZDF-Hauptstadtstudio im Berliner Zollernhof Unter den Linden. Foto: Karlheinz Schindler
Michael Hüther Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft KölnBild: picture alliance/ZB

Es sind vor allem die mittelständischen Industrieunternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten, die Deutschland starkmachen. Fünf Millionen Menschen sind in der deutschen Industrie beschäftigt, vier Millionen davon in im Mittelstand. In den vergangenen Jahren haben sich die Betriebe zunehmend internationalisiert. Dabei exportieren sie nicht nur ihre Produkte, sondern auch den dazu gehörenden Service und die Wartung. In der Exportabhängigkeit liegt aber gleichzeitig auch eine Schwäche. Sollte sich die Weltkonjunktur im kommenden Jahr weiter abkühlen, dann wird das auch die deutsche Industrie zu spüren bekommen.