Deutschland öffnet Geldbörse fürs Klima
11. Dezember 2018Ein bisschen ungerecht behandelt fühlen sie sich schon, die Vertreter Deutschlands auf der Klimakonferenz der Vereinten Nationen im polnischen Kattowitz. Zu Wochenbeginn landete das ehemalige Vorzeigeland des Klimaschutzes, dass so stolz auf seine vielen Windräder und Sonnenkollektoren ist, in einem Klima-Ranking von Umweltschützern, die 60 Ländern untersucht hatten, nur auf Rang 27. Note: Mäßige Klimapolitik.
Schuld ist der nach wie vor hohe Anteil der Kohleproduktion, der auch in Deutschland die Treibhausgas-Emissionen steigen lässt.
"Das Bild, dass wir früher von Deutschland hatten, als Energiewendeland und Vorzeigeland, das hat sich sehr stark verändert," so Klimaexpertin Ann-Katrin Schneider vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).
Das großzügige Kohleland
Aber spendabel sind die Deutschen geblieben. Zu Beginn der Klimakonferenz vor gut einer Woche verdoppelte Deutschland seinen Beitrag für den größten Klimafonds, den "Green Climate Fund", auf nun 1,5 Milliarden Euro.
Schon vor einem Jahr hatte Deutschland auf der Klimakonferenz in Bonn den Fonds großzügig bedacht.
Der deutsche Umwelt-Staatsekretär Jochen Flasbarth sagte dazu am Dienstag in Kattowitz: "Wir waren damals der Trendsetter. Darüber waren nicht alle glücklich. Aber durch den Ausfall der USA war das eben nötig."
Der frühere US-Präsident Barack Obama hatte dem Fonds rund vier Milliarden Euro versprochen, aber der jetzige Präsident Donald Trump stoppte die Zahlungen. Und Deutschland sprang ein. Darauf fühlten sich viele andere Länder unter Druck gesetzt, ebenfalls den Geldhahn zu öffnen.
Und an diesem Dienstag wurde bekannt: Deutschland gibt noch einmal rund 70 Millionen Euro für einen sehr viel kleineren Topf, der speziell dafür da ist, Projekte zu bezahlen, die die Folgen des Klimawandels mindern, wie Deichbau etwa.
Deutschland, das Kohleland, ist zumindest großzügig. Und ist weiterhin gefragt in Sachen Diplomatie: Staatsekretär Flasbarth soll in den nächsten Tagen zusammen mit der Umweltministerin aus Ägypten, Yasmine Fouad, als Vermittler für alle 190 Staaten beim Thema Klimafinanzierung fungieren.
Komplizierte Verhandlungen, kaum neue Klimaziele
Ansonsten schleppt sich die Klimakonferenz bisher eher müde dahin. Für Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), die ab jetzt in die Verhandlungen eingreift, gibt es noch viel zu tun.
Eigentlich sollen zwei Dinge erreicht sein, wenn die Konferenz am Ende der Woche ihre Beschlüsse fasst: Zum einen sollen die Klimaziele der Staaten nachgebessert werden, weil Wissenschaftler immer dramatischer vor den Folgen des Klimawandels warnen. Und weil das die Länder im viel gefeierten Pariser Klimavertrag von 2015 heilig versprochen hatten. Allerdings liegen noch keine Pläne vor, die Klimaziele wirklich zu verbessern. Und viel Zeit bleibt nicht mehr bis Freitag.
Die USA überraschen: Lieber irgendwie im Spiel bleiben.
Zum anderen soll ein kompliziertes Regelbuch festhalten, wie diese Ziele überwacht, eingehalten und untereinander verglichen werden können. 300 Seiten stark war der Entwurf vor der Konferenz, immerhin ist es offenbar gelungen, das Dokument stark einzukürzen.
An diesem Punkt kommen ganz plötzlich wieder die USA ins Spiel, die sich unter Präsident Trump eigentlich vom Klimaschutz verabschiedet haben.
Aber sie haben immer noch eine Delegation auf der Konferenz in Polen, deren Verhalten auch die Umweltschützer überrascht. Dazu sagte Ann-Katrin Schneider vom BUND der DW in Kattowitz: "Es ist ziemlich interessant zu beobachten, wie die USA, obwohl sie ja eigentlich aus dem Abkommen austreten wollten, die Verhandlungen sehr stark beeinflussen. Ich habe das Gefühl, dass das sehr stark an Personen gebunden ist, dass die Verhandler, die hier sind, immer noch am Pariser Abkommen hängen. Und alles so ausgestalten wollen, dass eine mögliche nächste Regierung der USA das so übernehmen kann. "
Mit anderen Worten: Die Amerikaner wollen das Regelwerk so gestalten, dass für sie eine Hintertür offen ist. Und das führt dazu, dass weniger über ehrgeizigere Klimaziele gesprochen als über schwierige technische Fragen.
Brasiliens neuer Kurs: Eine Katastrophe für den Klimaschutz
Ein anderes Klimadrama vollzieht sich derweil in Brasilien. Das Amazonas-Land, überwichtig für den Erhalt des Weltklimas, will sich unter dem neuen, rechtspopulistischen Präsidenten Bolsonaro wie die USA aus dem internationalen Klimaschutz verabschieden. Nach Kattowitz sind noch Vertreter der alten Regierung gekommen, die noch wenige Wochen im Amt ist. Und die verhalten sich äußerst still.
"Ich glaube, es geht dabei auch um die Angst der jetzigen Regierung, eventuell später vor Gericht zu kommen. Je weniger man sich hier gegen die künftige Regierung stellt, desto weniger persönliche Konsequenzen sind zu erwarten", so Schneider.