Deutschlandjahr in Russland gestartet
21. Juni 2012Wladimir Putin und Joachim Gauck spielen zusammen Puzzle auf dem Manege-Platz vor den Toren des Kremls in Moskau. Die Vorlage: ein überdimensionales Bild des wohl berühmtesten deutschen Malers, Albrecht Dürer: das "Selbstbildnis im Pelzrock". So hätte das Deutschlandjahr 2012/13 in Russland eigentlich beginnen sollen. Doch daraus wurde nichts.
Denn die beiden Präsidenten blieben der Veranstaltung am vergangenen Mittwoch (20.06.2012) fern. Genaue Gründe werden nicht genannt. Deutsche Medien berichten über Terminprobleme. Manche spekulieren über "atmosphärische Störungen" zwischen dem ehemaligen KGB-Mann Putin und dem früheren Gegner des SED-Regimes in der DDR, Joachim Gauck. Fest steht, dass sich die beiden bereits am 1. Juni in Berlin getroffen hatten, als Putin zu einem Blitzbesuch nach Deutschland kam.
Die Veranstalter betonen, dass nicht Politik, sondern Kultur und Geschichte im Mittelpunkt stehen. Russland und Deutschland verbindet mehr als Pipelines. Es sei ihm wichtig zu zeigen, dass sich die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland nicht nur auf den Energiesektor beschränken, sagte Michail Schwydkoj. Er ist der Sonderbeauftragte des russischen Präsidenten für internationale Kulturkontakte. Die Ostseegaspipeline sei zwar ein deutsch-russisches Vorzeigeprojekt, doch die beiden Länder verbinde deutlich mehr. Das sagte Schwydkoj, als er in der russischen Hauptstadt die Ausstellung „Russen und Deutsche: 1000 Jahre Geschichte, Kunst und Kultur“ eröffnete. Die Schau ist nur der Auftakt für das russische Deutschlandjahr, rund 1000 Veranstaltungen sind geplant.
"Wir haben nicht vergessen, dass es den 22. Juni 1941 gab, als Nazi-Deutschland die Sowjetunion überfiel", sagte der deutsche Botschafter in Moskau, Ulrich Brandenburg. Der Diplomat nennt es das "dunkle Kapitel“ in der deutsch-russischen Geschichte.
"Wir beschränken unsere Beziehungen oft auf die tragischen Ereignisse im 20. Jahrhundert oder einzelne symbolische Ereignisse", äußerte sich Michail Schwydkoj im Gespräch mit der Deutschen Welle. Die Kunstausstellung in Moskau solle zeigen, dass es im Laufe von rund 1000 Jahren auch viele positive Impulse aus dem Miteinander von Deutschen und Russen gegeben habe.
Von Waffen aus der Ritterzeit bis zum Bruderkuss
Ob deutsch-russische Wirtschaftsbeziehungen im Mittelalter oder die Auswanderungswelle aus Russland in Richtung Deutschland zu Beginn des 20. Jahrhunderts – all diese Themen werden in der Ausstellung aufgegriffen. Die Zeitspanne umfasst tatsächlich rund 1000 Jahre: von Waffen deutscher Ritter bis zum Koffer mit der Reiseapotheke Zar Peters des Großen, die in einer deutschen Manufaktur im 17. Jahrhundert gefertigt wurde. Auch zeitgenössische Kunst ist zu sehen: "Der Bruderkuss" - jenes Bild, das der russische Künstler Dmitri Wrubel auf die Berliner Mauer malte und das die Ex-Staatschefs der Sowjetunion und der DDR, Leonid Breschnew und Erich Honecker, bei ihrem Begrüßungsritual zeigt.
Selbstverständlich darf Katharina die Große nicht fehlen. Ein Bildnis der russischen Zarin mit deutschen Wurzeln ist neben weiteren Portraits einflussreicher Persönlichkeiten der gemeinsamen deutsch-russischen Geschichte zu sehen.
Seltene Ausstellungsstücke
Die Veranstalter sind stolz, dass die deutsch-russische Ausstellung eine Art Premiere ist. Sie ist nämlich die erste Schau, mit der das staatliche Historische Museum am Roten Platz nach langen Jahren der Renovierung wiedereröffnet.
Viele der über 700 Ausstellungsstücke aus 75 verschiedenen internationalen Museen sind lange Zeit nicht gezeigt worden, manche gar zum ersten Mal. Wer sich die Ausstellung anschauen möchte, muss nicht unbedingt nach Moskau reisen. Im Oktober 2012 zieht die Ausstellung von Moskau nach Berlin ins Neue Museum um. Denn passend zu den Veranstaltungen in Moskau findet in Deutschland das Russlandjahr statt. Projektpartner auf deutscher Seite ist das Auswärtige Amt. Dort sieht man den Sinn und Zweck des Mammutvorhabens darin, die strategische Partnerschaft zwischen beiden Ländern zu stärken und zu würdigen. Denn so lautet auch das offizielle Motto: "Russland und Deutschland – gemeinsam die Zukunft gestalten."
Autor: Jegor Winogradow / Roman Goncharenko
Redaktion: Birgit Görtz