Fotokunst zieht in den Deutschen Biennale-Pavillon ein
10. Februar 2015Im Mai geht es wieder los. Dann öffnet die – seit 1895 alle zwei Jahre stattfindende - Kunstschau für sieben Monate ihre Pforten. Die "Biennale di Venezia" gehört längst zu den Hotspots im internationalen Kunstzirkus. Hauptschauplatz sind die "Giardini", die Gärten im Stadtteil Castello, wo 28 Länder sich in ihren nationalen Pavillons präsentieren. In diesem Jahr dürfte der Streifzug durch die Kunstwelt von Venedig besonders lohnen. Denn im Deutschen Pavillon, den der Essener Fotoexperte Florian Ebner kuratiert, dreht sich alles um moderne Medienkunst.
Fünf deutsche und internationale Medienkünstler hat Ebner ausgewählt. Mit ihnen will er einen "kritischen politischen Blick auf die Gegenwart" werfen. Beteiligt sind der Documenta-Teilnehmer Olaf Nicolai, die deutsche Filmemacherin Hito Steyerl, der Fotograf Tobias Zielony sowie die in Kairo lebende Filmemacherin Jasmina Metwaly und der Ägypten-Blogger Philip Rizk.
Nie war die Fotokunst beliebter
Seine Berufung als Kurator des Deutschen Pavillons auf der Biennale versteht Ebner nicht nur als Ausdruck der wachsenden Beliebtheit von Fotokunst. 175 Jahre nach der Erfindung der Fotografie ist das Medium so populär wie nie. Die Fotografie sei "mittlerweile vielfältig gereift und dabei nicht museal geworden", sagte er unlängst in einem Zeitungsinterview, und: "Wir leben in einem Zeitalter des homo photographicus, die Bilder haben unser Leben stark durchdrungen."
Der 1962 in Halle in der damaligen DDR geborene Olaf Nicolai ist ein Konzept- und Medienkünstler, der mit verschiedensten Materialien künstliche Landschaftsräume und verstörende Installationen schafft. Der mehrfach prämierte Künstler und Bildhauerei-Professor hat bereits an der Kasseler Documenta 1997 sowie zweimal an der Biennale teilgenommen.
Die 1966 in München geborene Hito Steyerl hat sich als dokumentarische und experimentelle Filmemacherin mit politischem Anspruch einen Namen gemacht. Kürzlich reiste sie in die südtürkische Stadt Suruc unweit der nordsyrischen Grenzstadt Kobané, die von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) belagert wird.
Tobias Zielony war Meisterschüler des Fotografen Tim Rautert. Das in Ägypten arbeitende Künstlerduo Jasmina Metwaly und Philip Rizk, der Filmer und Blogger ist, bringt nach Worten Ebners "eine künstlerische Haltung in den Pavillon ein, die jenseits des westlichen etablierten Kunstmarktes entstanden ist".
Debatte über das Verständnis von Fotografie
Mit seinem Konzept für den Deutschen Pavillon will Ebner eine Debatte über das Verständnis von Fotografie als dokumentarisches Mittel anzetteln. Lange habe das Fotografische als authentischer Abdruck sichtbarer Wirklichkeit gegolten. Doch dann habe der Fotokünstler seine Rolle erweitert. Heute sei der Fotograf eher "eine Art Herausgeber oder Bildredakteur", für seine Kunst sei die redaktionelle Bearbeitung und Zusammenstellung von Bildern wichtiger geworden.
Was bedeutet das für den Betrachter? "Die neue Freiheit der Bilder, die neuen Kanäle, auf denen sie zirkulieren, erfordern eine neue, eine dialektische Betrachtungsweise", konstatiert Ebner. So hätten Bilder von Aktivisten in Ägypten zur Mobilisierung gedient. Zugleich hätten aber auch die Muslimbrüder Bilder benutzt, um Märtyrer zu schaffen. Die Macht der Bilder sei allgegenwärtig.
Mit Florian Ebner ist erstmals ein ausgewiesener Fotoexperte zum Kurator des Deutschen Pavillons berufen worden. Der 45jährige leitet die Fotografische Sammlung des Museums Folkwang in Essen. Fotokunst hat in der Geschichte des Deutschen Pavillons auf der Biennale immer wieder eine Rolle gespielt: Die Klassiker Bernd und Hilla Becher waren da. Thomas Ruff war ebenso mit Arbeiten vertreten wie Candida Höfer oder auch Katharina Sieverding. Der Pavillon, für den die Deutsche Welle seit 2005 Medienpartner ist, soll nicht nur politisch wirken, sondern auch poetisch. Der beste Landesbeitrag einer Biennale wird mit dem Goldenen Löwen gekrönt. Zuletzt gelang das Deutschland 2011, als Susanne Gaensheimer Arbeiten des kurz zuvor verstorbenen Christoph Schlingensief auswählte.