Deutschlands WM-Gegner: USA
12. Juni 2014Die US-Fußballfans konnten sich irgendwie nicht gegen den Eindruck wehren, dass Pech mit im Spiel war, als die WM-Gruppengegner ausgelost waren: Deutschland, Portugal und Angstgegner Ghana.
All die Arbeit, die Jürgen Klinsmann seit 2011 in die neue amerikanische Nationalmannschaft gesteckt hat, könnte umsonst gewesen sein, weil die junge Truppe bei diesen starken Gegnern nach Einschätzung vieler Experten nicht den Hauch einer Chance hat.
Bei der Weltmeisterschaft vor vier Jahren in Südafrika scheiterten die USA im Achtelfinale. Dabei hatten sich einige Fans sogar schon Hoffnungen auf einen Einzug ins Halbfinale gemacht. Aber Ghana war der Stolperstein für die Amerikaner, wie schon 2006 in der Vorrunde. Das jähe Ende aller Träume hat die US Soccer Federation aber zu einem Umdenken gezwungen.
Die Amerikaner geben sich ein neues Aussehen
Verbandschef Sunil Gulati backte daraufhin ziemlich große Brötchen, als er Jürgen Klinsmann als Coach verpflichtete. Der schwäbische Trainer ging genauso konsequent an die neue Aufgabe heran, wie er das schon bei seinem Job als deutscher Teamchef im Jahr 2004 machte. Er konzentriert sich besonders auf die Fitness und legt großen Wert auf Spieler, die auch noch in der Zukunft eine Rolle spielen können. Seit drei Jahren ist Klinsmann nun am Ruder. Er hat konsequent neue Spieler getestet und jene in das Mannschaftsgebilde integriert, die am besten in das "System Klinsmann" passen.
Das Ergebnis ist eine der qualitativ besten US-Mannschaften, die je zu einer Weltmeisterschaft gefahren sind. Das Team belegt in der FIFA-Weltrangliste den 13. Platz. In dem Kader stehen die talentiertesten Spieler, seit das Land bei der WM 2002 im Viertelfinale gegen Deutschland ausgeschieden ist.
Einige Hoffnungsträger kommen aus Deutschland
Klinsmann hat seine Reputation - immerhin gewann er als Spieler 1990 die WM und 1996 die EM - genutzt, um mehrere deutsch-amerikanische Spieler für das Projekt zu begeistern. Dabei hat er solche Spieler ausgesucht, die sehr talentiert sind und mittelfristig ein wichtiger Baustein im Team sein können. Der Neu-Gladbacher Fabian Johnson ist einer der wenigen, der als Stammspieler in die WM geht. Der bisher dickste "Fang" ist Klinsmann mit Julien Green gelungen. Das Supertalent des FC Bayern München hat sich gegen den DFB entschieden und spielt bei der WM für die USA.
Die Nationalmannschaft profitiert aber auch von der sich schnell entwickelnden Major League Soccer. In der heimischen Liga spielen zehn Mann aus dem aktuellen WM-Kader, doppelt so viele wie vor vier Jahren, darunter auch Top-Spieler, wie Stürmer Clint Dempsey und Mittelfeldspieler Michael Bradley.
Jürgen Klinsmanns hat also das erste Etappenziel erreicht, der Kader hat mehr Qualität, die Mannschaft ist taktisch, mental und körperlich deutlich weiter als nach der Niederlage gegen Ghana 2010.
Nominierungen entfachen Streit
Aber bei allen Fortschritten, einige Entscheidungen von Jürgen Klinsmann haben auch für Unverständnis und Kritik gesorgt. Nach Brasilien reiste zum Beispiel nicht Brad Evans mit, der in der Schlussphase der Qualifikation für das Turnier eine Schlüsselrolle spielte, stattdessen ist der 20-Jährige DeAndre Yedlin dabei. Besonders groß war der Aufschrei aber, weil der Trainer auf Landon Donovan verzichtete, den besten Spieler, den die USA je hervorgebracht haben. Aber Donovan spielt mit seinen 32 Jahren keine große Rolle in Klinsmanns Zukunftsplänen, zumal der Trainer an der Fitness des Superstars zweifelt. Nach der Bekanntgabe seines Kaders sagte Klinsmann über Donovan, er denke, dass "die anderen Spieler ein klein bisschen weiter sind."
Unerfahrene Talente bekommen eine Chance
Die "Anderen", über die der Coach spricht, sind fast alles unerfahrene Spieler. Wie eben Julien Green vom FC Bayern. Er ist erst 19 Jahre alt und in dieser Saison Stammspieler in der Regionalliga Bayern, bei den Profis hat er nur drei Minuten in der Champions League gespielt. Zu den Unerfahrenen zählt auch John Anthony Brooks von Hertha BSC Berlin, der noch für die U21 spielen könnte.
Aber neben diesen "Bübchen" baut Jürgen Klinsmann auch noch auf eine Gruppe alter Haudegen. Neben Dempsey und Bradley sind das beispielsweise Jermaine Jones, Jozy Altidore oder DeMarcus Beasley. Letztgenannter spielt in Brasilien seine vierte WM.
Wie weit die Mannschaft kommen wird, ist völlig offen. "Das ist eine wirklich schwere Gruppe", sagte Julian Green im April der DW. Hoffnung schöpfen die Amerikaner aus der Vergangenheit, denn bei der WM 2010 konnten sie ihre Gruppe überraschend gewinnen und zogen ins Achtelfinale ein. Egal, wie es für die Mannschaft läuft, Jürgen Klinsmann wird im Anschluss an das Turnier in Brasilien seine Reformen weiter vorantreiben - wenn man ihn lässt. Sein Vertrag läuft noch bis 2018.