Deutschlandtrend: Schlechte Zeiten für Laschet
7. Oktober 2021Das Ergebnis der Bundestagswahl vom 26. September legt keine Koalition eindeutig nahe. Doch die Sympathien der Bundesbürger gehen in vielerlei Hinsicht in eine gemeinsame Richtung. Das ergab eine neue Umfrage das Meinungsforschungsinstitut "Infratest Dimap", die vom 4. bis 6. Oktober, also eineinhalb Wochen nach der Wahl, durchgeführt wurde. Der angedeutete mögliche Rückzug von Armin Laschet als CDU-Vorsitzender und damit auch als Architekt einer Koalition unter seiner Führung fiel deshalb auf einen Zeitpunkt nach der Umfrage. Doch das Stimmungsbild passt.
Da wären zunächst die personellen Sympathien - sie fallen klar zugunsten der SPD aus. Ihr Spitzenkandidat für die Wahl, Olaf Scholz, wird aktuell durch sechs von zehn Bundesbürgern positiv bewertet, mehr als in der Woche vor der Wahl. Armin Laschet von der CDU hat dagegen in den Tagen nach der Wahl deutlich an Rückhalt eingebüßt. Mit einem Zuspruch von 14 Prozent belegt er im aktuellen Politiker-Ranking den vorletzten Platz.
Deutlich an Rückhalt in der Bevölkerung zulegen konnten in den Tagen nach der Wahl die Parteivorsitzenden von Grünen und FDP, die in den ersten Sondierungsgesprächen ihrer Parteien eine tragende Rolle einnahmen. Robert Habeck (Grüne) erreicht mit einem Zuspruch von aktuell 50 Prozent einen neuen persönlichen Bestwert. Christian Lindner (FDP) liegt in der Bewertung der Wahlberechtigten mit 47 Prozent so gut wie vor vier Jahren, als sich die FDP schon einmal in Sondierungsgesprächen für eine Regierungsbildung im Bund befand - dann aber eine Koalition mit CDU/CSU und Grünen eine Absage erteilte.
Wenig Zuspruch für Regierung unter Unionsführung
Doch zurück zur SPD. Nicht nur die personellen Sympathien, auch die Regierungspräferenzen der Bundesbürger favorisieren am Beginn von Sondierungsgesprächen zwischen den Parteien in Berlin die Sozialdemokraten: Gut sechs von zehn Wahlberechtigten sprechen sich für ein Kabinett unter SPD-Führung aus. Bei den Grünen-Anhängern sind es sogar 94 Prozent - bei den FDP-Anhängern immerhin 54 Prozent. Nur jeder Vierte ist für eine Regierung unter Führung der Union.
Angesichts dieser Stimmungslage falle es Armin Laschet schwerer als Olaf Scholz, die Bundesbürger von sich als künftigen Regierungschef zu überzeugen, sagen die Meinungsforscher. Während nur 14 Prozent der Wahlberechtigten insgesamt dem CDU-Politiker zutrauen, ein guter Kanzler zu sein, sind es bei Olaf Scholz knapp zwei Drittel (63 Prozent).
Und die SPD-Anhänger? Die sind von der Kanzlerfähigkeit ihres Mannes mit 96 Prozent faktisch geschlossen überzeugt.
Bei CDU/CSU sind es mit Blick auf Armin Laschet dazu im Vergleich viel weniger, nämlich nur vier von zehn (38 Prozent).
Koalitionsfrage: Eher Ampel als "Jamaika"
Die beiden Königsmacher Grüne und FDP haben mittlerweile Sondierungsgesprächen mit der SPD über die mögliche Bildung eines rot-grün-gelben Regierungsbündnisses den Vorzug gegeben. Eine solche Ampelkoalition wird von den Bundesbürgern deutlich besser bewertet als eine Regierung aus Union, Grünen und FDP - angelehnt an die Landesflagge auch Jamaika-Koalition genannt. Das Verhältnis liegt bei 53 zu 25 Prozent pro Ampel. "Jamaika" stößt damit auf einen deutlich geringeren Rückhalt als noch vor vier Jahren beim ersten Anlauf für eine solche Koalition. 2017 hegten 57 Prozent der Befragten Sympathien dafür - ein Minus von 32 Punkten.
In den Reihen der Grünen bestehen gegenüber einem Jamaika-Bündnis deutliche Vorbehalte. Sechs von zehn Grünen-Anhängern glauben, dass ein solche Koalition im Bund ihrer Partei langfristig schaden würde.
Bei den FDP-Anhängern sind Vorbehalte gegenüber einem Eintritt in ein SPD-geführtes Bündnis mit den Grünen weniger stark ausgeprägt. Zwar glaubt gut jeder Dritte, dass eine Ampel-Koalition für die Liberalen langfristig nachteilig wäre. Knapp die Hälfte rechnet jedoch damit, dass dieses Bündnis der eigenen Partei auf lange Sicht eher nützt.
Mindestlohn? Tempolimit? Steuererhöhungen?
Die Meinungsforscher haben auch nach bekannten Knackpunkten möglicher Koalitionsverhandlung gefragt. Eine Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro, eine zentrale Wahlkampf-Forderung der SPD, ist kaum umstritten - drei Viertel befürworten das.
Kontroverser wird die Grünen-Forderung nach einem generellen Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf Autobahnen diskutiert. Die Hälfte der Bundesbürger befürwortet dessen Einführung, gut vier von zehn lehnen es ab.
Einen Verzicht auf Steuererhöhungen, ein zentraler Programmpunkt der FDP, unterstützen 39 Prozent der Bundesbürger. 57 Prozent würden Steuererhöhungen für einzelne Bevölkerungsgruppen dagegen durchaus begrüßen.
Weniger Angst vor Corona
Bis zur Bildung eine neuen Regierung kann es noch dauern - Wochen, vielleicht Monate. Wie steht es um das andere große Thema: Corona? In Deutschland macht sich so langsam der Herbst bemerkbar. Steigt deshalb die Sorge vor mehr Ansteckungen mit dem Covid-19-Virus?
Mit aktuell 42 Prozent machen sich derzeit deutlich weniger Bundesbürger Sorgen vor einem erneut deutlichen Anstieg der Infektionszahlen als noch im Sommer. Vor drei Monaten war mit 62 Prozent noch eine Mehrheit in Sorge.
Die Bewertung der Corona-Regularien hat sich wenig verändert. Wie im Juni bezeichnen auch aktuell sechs von zehn Wahlberechtigten die Maßnahmen im Grundsatz als angemessen.
Doch es gibt einen Streitpunkt: Maskenpflicht an Schulen - ja oder nein? Sechs von zehn Bundesbürgern unterstützen Initiativen zur Abschaffung der Maskenpflicht an Schulen. Bei Eltern von Schulkindern sind es noch mehr, nämlich rund sieben von zehn.
Eine wie sonst übliche Sonntagsfrage hat es in dieser Umfrage nicht gegeben. In einem Monat aber ist es dann wieder soweit.