DFB-Erfolg mit Beigeschmack
14. November 2020Schlusspfiff in Leipzig. Eine gewisse Erleichterung war im Gesicht des Bundestrainers durchaus zu erkennen. Kein Wunder, denn seine Mannschaft hatte erstmals in diesem Jahr zweimal hintereinander ein Länderspiel gewonnen. Und dieses Mal auch noch durch zwei schöne Tore, beide vorbereitet durch den stark spielenden Leon Goretzka. "Es war ein schwieriges Spiel, der Boden war tief. Die Ukraine ist eine spielerisch gute Mannschaft", sagte Goretzka, der zwei Tore vorbereitet hatte. "In unserer aktuellen Situation helfen nur Siege, das haben wir geschafft, deshalb war es ein gelungener Abend."
Geld regiert den Fußball
Durch den 3:1-Erfolg gegen die Ukraine steht Deutschland kurz vor dem Gruppensieg in der Nations League. Doch zu welchem Preis? Die Folgen des Duells mit der Ukraine könnten die Nationalspieler noch hart treffen. Denn die Partie stand wegen fünf positiver Corona-Tests bei den Gästen auf der Kippe. Erst vier Stunden vor dem Anpfiff bestätigte die UEFA, dass gespielt werden könne. Oder besser gesagt: müsse.
Schließlich ging es auch um eine Menge Geld. Durch die Austragung dieses Spiels fließen knapp 10 Millionen Euro TV-Gelder in die Kasse des DFB, der bei diesem Länderspiel als Veranstalter fungiert. Grundsätzlich ist die 2018 eingeführte Nations League eine gewaltige Einnahmequelle für alle 55 Mitgliedsverbände. Laut dem UEFA Finanzreport 2018/19 stiegen die Erträge mit der Einführung der Nations Leaue auf insgesamt 640 Millionen Euro. Zuvor waren es lediglich 280 Millionen Euro gewesen.
Friedrich Curtius: "Länderspiele sind Lebensversicherung"
Die Verbände sind finanziell abhängig von der UEFA, denn es gibt fixe Ausschüttungen je nach Größe des Verbandes - garantierte Einnahmen also für den DFB und in diesem Fall auch für den ukrainischen Fußballverband (UKR). So hat der Deutsche Fußballverband (DFB) laut Finanzbericht 2019 im vergangenen Jahr rund 60 Millionen Euro aus TV-Vermarktung und Nations League bezogen. "Länderspiele sind eine Art wirtschaftliche Lebensversicherung", erklärte Generalsekretär Friedrich Curtius im August auf einer Pressekonferenz. "Die Spiele werden uns ermöglichen, dass wir als DFB weiter gut durch die Krise kommen." Der auch anwesende DFB-Präsident Fritz Keller sprach sogar von einer "finanziell schwierige Lage, wenn Spiele der Nationalmannschaft ausfallen würden.
Kroos übt Kritik an UEFA und FIFA
Eine ganz andere Sichtweise auf die aktuelle Situation hat Weltmeister Toni Kroos, der gegen die Ukraine gelbgesperrt fehlte. Der 30-Jährige machte in dieser Woche seinem Ärger über die aktuelle Situation Luft. "Am Ende der Tage sind wir bei diesen ganzen zusätzlichen Sachen, die erfunden werden, als Spieler nur die Marionetten von Fifa und Uefa. Da wird ja keiner gefragt", sagte Kroos in seinem Podcast "Einfach mal Luppen" und ergänzte: "Wenn es eine Spielergewerkschaft gäbe, die in diesen Dingen entscheiden könnte, würden wir weder Nations League spielen noch einen spanischen Supercup in Saudi-Arabien oder eine Klub-WM mit 20 oder mehr Mannschaften. Diese Turniere werden geplant, um finanziell alles rauszusaugen, natürlich auch körperlich alles rauszusaugen aus jedem einzelnen Spieler - und darüber hinaus".
Geld wichtiger als Gesundheit
Was bleibt also von diesem Fußballabend in Leipzig? Abseits der 90 Minuten hat der Fußball an diesem Tag erneut gezeigt, dass Geld wichtiger ist als die Gesundheit der Spieler. Der Ball muss rollen, koste es was es wolle. Pandemie hin oder her. Der Fußball sendet in dieser Zeit die falschen Signale, denn zahlreiche andere Athletinnen und Athleten im Leistungssport als auch der Breitensport bangen um die Existenz, weil aufgrund der Corona-Pandemie kein Spielbetrieb erlaubt ist. Erst der Anpfiff des Spiels gegen die Ukraine und nun auch noch die Reise nach Spanien, das von der Pandemie ebenfalls schwer betroffen ist, zum letzten Nations-League-Spiel des Jahres.
"Man denkt auch schon mal an seine Familie und das man sich selbst nicht ansteckt", gab Leroy Sané nach dem Spiel zu. "Die UEFA und das Gesundheitsamt wissen, was sie zu tun haben. Das Wichtigste ist, dass alle gesund bleiben." Der DFB-Tross wird trotzdem nach Spanien fliegen und auch dort spielen - so viel dürfte sicher sein. Denn Geld allein bestimmt die einstige "schönsten Nebensache der Welt". Die Zukunft des Fußballs hängt am seidenen Faden. Stellt sich nur die Frage, wann dieser endgültig abreißt?