Auf Augenhöhe mit Oranje
24. Februar 2021Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft der Frauen verliert erstmals nach dem WM-Viertelfinale 2019 wieder ein Länderspiel. Gegen die Niederlande endet das letzte Spiel des Dreinationenturniers mit 1:2 (1:1). Jackie Groenen (16. Minute) und Deanielle van Donk (60.) treffen für die Gastgeberinnen, Laura Freigang (44.) gelingt der zwischenzeitliche Ausgleich.
Martina Voss-Tecklenburg hatte es angekündigt: "Vielleicht muss sich die Niederlande etwas den Kopf zerbrechen, wenn sie unsere Aufstellung sieht." Und tatsächlich - wegen der intensiven Belastung, vor allem der Spielerinnen vom VfL Wolfsburg und Bayern München, wechselte die Bundestrainerin gegen die Gastgeberinnen munter durch nach dem 2:0-Sieg über Belgien am vergangenen Sonntag.
Weil es ja, so Voss-Tecklenburg, "kein WM-Halbfinale oder Finale" war, durften sich zum Abschluss des Dreinationenturniers in Venlo gleich fünf Andere versuchen, gegenüber der Partie in Aachen. Dass die Elf um die Stars Lena Oberdorf, Dzsenifer Marozsan, Sara Däbritz oder Alexandra Popp trotzdem Qualität hat, zeigte sich schon nach knapp zwei Minuten, als Popp nach einer gekonnten Kombination freistehend aus aussichtsreicher Position übers Tor schoss.
Eklatante Abwehrfehler
Doch die Niederländerinnen ließen sich von dieser Anfangsoffensive des DFB-Teams nicht einschüchtern. Gleich zwei große Chancen endeten am Pfosten oder wurden von Torfrau Merle Frohms zunichte gemacht. In der 16. Minute war die Frankfurter Schlussfrau dann aber machtlos, als die völlig ungedeckte Groenen aus zehn Metern in Mittelstürmerposition frei zum Schuss kam und zum 1:0 vollendete.
Mitte der ersten Hälfte war der Einsatz für Lena Lattwein von der TSG Hoffenheim dann schon wieder vorbei. Die Innenverteidigerin prallte nach einem Freistoß mit dem Kopf gegen die Schulter von Torhüterin Lize Kop, blutend wurde sie für Kathrin Hendrich ausgewechselt. Die hätte fast den nächsten Gegentreffer verursacht, als sie in ihrer ersten Aktion über den Ball schlug und ihrer Gegnerin eine Abschlussmöglichkeit eröffnete, die aber gerade noch von der aufmerksamen Oberdorf im Abwehrzentrum vereitelt werden konnte. Ansonsten wirkte die Defensive oft unsortiert.
Mit zunehmender Spieldauer wurden die Oranje sicherer. Kein Wunder, gegenüber dem 6:1 gegen Belgien zum Turnierauftakt hatten sie lediglich die Torhüterin gewechselt. Vor allem das Spiel in die Tiefe brachte immer wieder Gefahr. Nach gut einer halben Stunde musste sich erneut Frohms gleich zweimal innerhalb weniger Sekunden auszeichnen und einen höheren Rückstand verhindern.
Seit dem Algarve-Cup Anfang März 2020 in Portugal und der anschließenden Corona-Pause waren die Gegnerinnen eher zweitklassig - eine Standortbestimmung dadurch nicht möglich. Die Niederlande dagegen haben den Deutschen als Europameister und WM-Zweite zuletzt den Rang abgelaufen.
Manko: Chancenverwertung
Der Ausgleich fiel dann eher aus dem Nichts. Svenja Huth lief sich perfekt auf der rechten Seite frei, flankte sofort flach in die Mitte, wo Freigang schon lauerte und aus sechs Metern vollstreckte (44.). Es war das fünfte Länderspieltor für die Mittelstürmerin von Eintracht Frankfurt.
Nach der Pause dann das umgekehrte Bild: Deutschland am Drücker, die Niederlande mit dem Treffer. Frohms konnte einen Schuss zunächst ablenken, von ihrem Körper prallte der Ball auf die Latte und von dort zurück ins Spielfeld. Van de Donk staubte aus kurzer Distanz mit dem Kopf ab (60.). Auch hier hätte die für Freigang zur Halbzeit eingewechselte Lea Schüller kurze Zeit später ausgleichen können, scheiterte aber gleich zweimal aus bester Position.
Weitere Möglichkeiten wurden vergeben. "Man hat in der zweiten Hälfte gesehen, was für uns drin war. So ist es ärgerlich, dass wir die Chancen nicht genutzt haben", kritisierte Freigang denn auch nach der Partie und Kapitänin Popp pflichtete ihr bei: Moral und Mentalität hätten gestimmt, aber "wir müssen abgezockter vor dem Tor sein."
"So verliert man ein Spiel, das man nicht verlieren darf", haderte Bundestrainerin Voss-Tecklenburg, die dennoch ob der Gesamtvorstellung einigermaßen zufrieden wirkte. Ihr dürfte es auch nicht um das Ergebnis gegangen sein, sondern um Erkenntnisse. Dass die Abwehr noch nicht sattelfest ist und die Offensive zu großzügig, hat sie gegen die Niederlande gesehen. Nach der verpassten Olympia-Qualifikation bleibt über ein Jahr Zeit, um diese Schwächen bis zum Zwischenziel Europameisterschaft 2022 in England zu beseitigen.