Wolfsburg siegt trotz Rot für Almuth Schult
30. Mai 2021Pünktlich zum Pokalfinale hatte sich Nationaltorhüterin Almuth Schult zu Wort gemeldet. In der "Bild am Sonntag" beschwerte sich die Wolfsburgerin über die Anstoßzeit der Partie am Nachmittag: "Wir würden lieber zur Prime Time spielen", sagte sie dem Blatt und verwies dabei auf die Geschlechter-Gerechtigkeit. Womit Schult natürlich recht hat. Dennoch brachte das Finale zwischen ihrem VfL und der Frankfurter Eintracht wenig hervor, was das Mainstream-Publikum zur besten Sendezeit von den Sofas gerissen hätte. Es hat schon weit bessere Fußballspiele gegeben.
Das Endspiel von Köln war intensiv, manchmal hart, aber spielerisch blitzte die unbestrittene Klasse der beiden Teams nur selten durch. So konnten sich die Torfrauen auch kaum auszeichnen. Doch wenn sie gefragt waren, dann waren sie da. Das galt für Frankfurts Merle Frohms, aber noch mehr für Zwillings-Mama Schult. Nach knapp einer Stunde verhinderte sie einen Rückstand, als sie bei einem 14-Meter-Schuss von Alexandra Johannsdottir stoisch stehen blieb und mit der rechten Hand zur Ecke klärte, kurz vor Ablauf der regulären Spielzeit bewies sie gegen Laura Feiersinger gutes Stellungsspiel und rettete die Wölfinnen damit in die Verlängerung.
Einmal Heldin und zurück
Ja, dieser Frau würde man auch das Amt des DFB-Präsidenten zutrauen, mag sich da so mancher Betrachter gedacht haben. So ruhig, so abgeklärt, so überlegt und souverän. Sie selbst könnte sich das vorstellen, gab Almuth Schult vor dem Finale zum Besten. Gehört sie doch zu einer Gruppe von insgesamt neun Frauen, die eine Initiative für umfassende strukturelle Veränderungen im Deutschen Fußballbund gestartet haben.
Alles gut, wäre da nicht diese 96. Minute gewesen. Da wurde aus der strahlenden Heldin eine tragische. Aus dem Eintracht-Mittelfeld wurde Lara Prasnikar steil geschickt, Schult stürmte aus dem Tor, war kurz vor dem Strafraum auch zuerst am Ball, rammte aber dabei ihre Gegnerin so rücksichtslos um, dass Schiedsrichterin Mirka Derlin nichts anders übrig blieb, als die Torfrau vorzeitig mit Rot in die Kabine zu schicken. "Das war die erste Rote Karte meiner Karriere. Wenn ich drüber nachdenke, werde ich immer noch emotional", wird die Sünderin später anmerken.
Entscheidung durch Ewa Pajor
Fortan konnte die 30-Jährige nur noch wie ein Häuflein Elend von außen verfolgen, wie ihre Kolleginnen um den siebten Pokalgewinn in Folge kämpften, den achten insgesamt. Für Svenja Huth war der Platzverweis kein Grund, um den Kopf in den Sand zu stecken: "Im ersten Moment ist das nicht gut, aber manchmal hat man schon Spiele gehabt, wo die Unterzahl-Mannschaft über sich hinausgewachsen ist. Wir haben die Mentalität", sagte sie nach der Partie in der ARD.
Und tatsächlich wirkten die Wolfsburgerinnen trotz Unterzahl manchmal gefährlicher als zuvor in voller Besetzung. Als sich die meisten schon auf ein Elfmeterschießen einstellten, fiel dann doch noch die Entscheidung. Bei einem Konter bediente Svenja Huth Ewa Pajor, die Frohms im Eintracht-Tor aus 16 Metern keine Chance ließ. Wolfsburg feierte, und Almuth Schult war erleichtert, dass ihr Lapsus die Siegesserie der Wölfinnen nicht beendet hatte. Als Kapitänin durfte sie den Pokal als Erste in die Höhe recken.