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Dialogversuch zwischen Indien und Pakistan

Friedemann Schlender16. Februar 2004

Seit dem letzten gescheiterten Versuch, den Dialog zwischen Indien und Pakistan wieder in Gang zu bringen, herrschte gespannte Stille zwischen beiden Ländern. In Islamabad soll nun das Schweigen gebrochen werden.

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Vajpayee (l.) und Musharraf: Auf dem Weg zur besseren NachbarschaftBild: AP

Es war ein langer politischer Weg dahin, doch seit Montag (16.2.2004) reden Staatssekretäre aus Indien und Pakistan in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad wieder miteinander. Erste Anzeichen der Entspannung gab es bereits seit einigen Monaten. Der letzte Annäherungsversuch scheiterte jedoch zuvor kläglich.

Am hohen Anspruch gescheitert

Als am 16. Juli 2001 das von großem Mediengetöse begleitete Gipfeltreffen der Regierungschefs Atal Bihari Vajpayee aus Indien und Pervez Musharraf im indischen Agra ergebnislos abgebrochen wurde, hatten die bilateralen Beziehungen einen vorläufigen Tiefpunkt erreicht. Fünf Monate später verübten Selbstmordattentäter einen Bombenanschlag auf das indische Parlament in Neu Delhi. Indien beschuldigte von Pakistan gesteuerte Terroristen aus Kaschmir des Anschlags. Daraufhin ließ Neu Delhi in bisher unvergleichlichem Ausmaß Truppen an der Grenze aufmarschieren. Pakistans Anwort ließ nicht lange auf sich warten. Erst der Druck der USA auf beide Staaten verringerte die bedrohliche Truppenkonzentration beider Länder an der neuralgischen Grenzlinie.

Pragmatischer Neubeginn

Die offiziell unversöhnliche Haltung beider Nachbarn verdeckte indes pragmatische Veränderungen im Alltag. Im Juni 2002 signalisierte Neu Delhi Pakistan, man sei bereit, das Überflugverbot für die zivile Luftfahrt Pakistans aufzuheben, sollte das Land seinerseits Schritte gegen grenzüberschreitende Terroraktionen im umstrittenen Kaschmir unternehmen. Im Juli 2003 wurde dann der Busverkehr zwischen Neu Delhi und dem pakistanischen Lahore wieder aufgenommen. Seit Jahresbeginn können Inder und Pakistaner auch mit dem Flugzeug und seit einigen Tagen nun auch mit der Bahn die Landesgrenzen überqueren. Niemals zuvor reisten so viele Bürger in das jeweilige Nachbarland.

Austausch und Koexistenz

Politisch umrahmt wird dieses neue Klima von der vereinbarten Waffenruhe der indischen und pakistanischen Grenztruppen in Kaschmir. Anläßlich des Gipfeltreffens der Südasiatischen Vereinigung für regionale Zusammenarbeit (SAARC) am 6. Januar 2004 wurde die Entkrampfung auch formal festgelegt: Beide Seiten vereinbarten am Rande des Treffens einen - so wörtlich - "umfassenden Dialog, der zu einer friedlichen Lösung aller bilateralen Themen einschließlich Kaschmirs" führen soll.

Der neue Realismus

Man hat sich dabei ein realistisches Schrittmaß vorgenommen. In der Deklaration von Lahore im Februar 1999, die eine neue Runde des indisch-pakistanischen Dialogs einleiten sollte, drang man noch auf eine "rasche und positive Lösung". Was dann folgte, war jedoch eine Periode der militärischen Konfrontation. Die im Januar veröffentlichte Erklärung von Islamabad stellt dagegen einen "anhaltenden und produktiven Dialog" in Aussicht, in dem die verschiedenen Themenfelder von beiden Seiten vereinbart werden.

Aussöhnung auf festem Fundament

Es ist nicht zu erwarten, dass die aktuellen innenpolitischen Ereignisse diese erfreuliche Entwicklung wesentlich beeinträchtigen. Die Aufdeckung des Transfers von Nukleartechnologien Pakistans an Länder wie Iran, Libyen und Nordkorea erhitzte die Gemüter in Pakistan. Viele dort betrachten das Nachgeben Präsident Musharrafs gegenüber dem internationalen Druck in dieser Frage als nationale Schmach. In Indien wiederum werden demnächst vorgezogene Parlamentswahlen stattfinden. Dort konnten bisher Wähler mit dem Feindbild Pakistan für Mehrheiten instrumentalisiert werden. Es scheint aber so, dass der Verständigungswille im Volk so gefestigt ist, dass Manipulationsversuche dieser Art - sollte es sie denn geben - scheitern würden.

Radikale Störenfriede als letzte Gefahr

Dennoch müssen Hausaufgaben erledigt werden: In beiden Ländern sind extremistische Gruppen aktiv, die die Geschichte ihrer Nationen neu schreiben und Verständigung auf der Grundlage von Gleichberechtigung ausschließen wollen. Es wird sich zeigen, wie viel Spielraum diese Gruppen in Pakistan und Indien haben werden, wenn Kompromissvorschläge zu den strittigen Fragen wie Kaschmir auf dem Tisch liegen.