Die Alten des Waldes
24. August 2016Ricko Jaya ist ein Tiermediziner, der für die Human Orangutan Conflict Response Unit (HOCRU) im Regenwald von Sumatra arbeitet. Die Gruppe gehört zum Orangutan Information Center (OIC) und hat sich der Aufgabe verschrieben, Konflikte zwischen den Menschen und ihren nahen Verwandten zu lösen. Die Affen werden durch Abholzung in immer größerem Stil aus ihren natürlichen Lebensräumen auf das Ackerland außerhalb der Wälder verdrängt. Hier plündern sie allzu oft die Ernte. Der Konflikt wird dadurch nicht kleiner. Das kleine, aber engagierte Team von HOCRU hat seit 2010 mehr als 100 der majestätischen Tiere gerettet.
Das hat Ricko Jaya zu sagen: "Nachdem ich 2011 das Studium beendet hatte, habe ich eine Weile in einem Zoo gearbeitet. Das war aber nie ganz meins, also habe ich die Arbeit aus moralischen Gründen verlassen. 2012 bin ich dann zum Orangutan Information Centre gekommen, weil sie da einen Tierarzt gesucht haben.
HOCRU möchte herausfinden, wo es die Konflikte zwischen Orang-Utans und Menschen vor allem gibt und wie sie von den Gemeinden wahrgenommen werden. Wenn wir einen Orang-Utan umsiedeln, dann geht es immer darum, ihn von einem Gebiet außerhalb eines Nationalparks in den Park hinein zu bekommen. Weil das Halten von Orang-Utans als Haustier illegal ist, konfiszieren wir auch Tiere.
Insgesamt gibt es zwei Millionen Hektar geschützte Gebiete in den Provinzen Aceh und Nord-Sumatra. Die Primaten ziehen flaches Land vor und hier ist eben auch der beste Platz für Plantagen, Palmöl zum Beispiel.
Als Tierarzt untersuche ich die Tiere und versuche herauszufinden, in welcher Verfassung sie sich befinden. Dazu versuchen wir das Tier auf einen kleineren Baum zu bekommen, betäuben es und fangen es ein. Ich stelle mit meiner Arbeit sicher, dass der Orang-Utan fit genug für eine Entlassung in die Freiheit ist und keine gefährlichen Verletzungen hat oder Erkrankungen wie Tuberkulose und Bluthochdruck. In Quarantäne sorgen wir dafür, dass sie frei davon sind.
Wenn ein Orang-Utan ein Jahr oder länger in Gefangenschaft ist, kann man davon ausgehen, dass er sich nicht mehr gemäß seiner Art verhält. Sie verlernen sehr schnell, wie man Nester baut oder Nahrung sucht. Auch das bringen wir Tieren, die wir aus Gefangenschaft holen, wieder bei. Einer der dramatischsten Fälle, die wir je hatten, war Krismon. Er wurde für mehr als 18 Jahre in einem Käfig gehalten, der kaum einen Quadratmeter Fläche hatte. Es gab keine Stange, an der er hängen konnte. Sein ganzer Käfig war voll mit seinen Ausscheidungen.
Als wir ihn da raus geholt und in die Klinik gebracht hatten, konnte er nicht richtig auf seinen Beinen stehen, weil der Käfig zu niedrig gewesen war. Möglicherweise konnte er seine Beine über Jahre nicht wirklich ausstrecken. Nun bekommt er Medikamente und macht gute Fortschritte.
Egal ob Orang-Utan, Elefant oder Sumatra-Tiger - das waren alles Tiere, die es vor meiner Haustür gab. Heute sind sie extrem gefährdet. Ich wollte einfach meine Fähigkeiten nutzen, um ihnen zu helfen. Und in den Augen von Orang-Utans ist sehr viel Menschliches. Und wenn ich für einen geretteten Orang-Utan das erste Mal die Klappe der Transportbox öffne, dann ist das ein sehr starkes Gefühl, weil ich einer anderen Art helfen konnte."