Die Flucht aus Sicht der Flüchtlinge
Ein durchnässter Junge, Helfer, die Kinder bespaßen - Momente der Gefahr und des Glücks: Die Ausstellung "#RefugeeCameras" zeigt Bilder, die Flüchtlinge auf ihrem Weg nach Europa aufgenommen haben.
Die Heimat für immer verlassen?
Zakaria erhielt seine Kamera am 8. Dezember 2015 in Izmir in der Türkei - einem der größten Knotenpunkte für Flüchtlinge. Der Syrer floh vor der IS-Terrormiliz und der Regierung, heißt es auf der Seite zu dem Projekt #RefugeeCameras. Seine Heimatstadt nennt er nicht, aus Sicherheitsgründen. In dem Tagebuch zu seiner Flucht notiert Zakaria, nur Gott wisse, ob er jemals zurückkehren könne.
Ergänzt um prägende Bilder
Zakaria hat die Überfahrt nach Kos festgehalten. Er saß in der letzten Reihe des Schlauchboots. In der Ausstellung an diesem Wochenende (2./3.4.2016) in Hamburg werden die Aufnahmen der Flüchtlinge ergänzt um eine Auswahl von professionellen Fotografen, die das Bild von den Fluchtrouten in den Medien geprägt haben. Sie spendeten ihre Aufnahmen, um das Projekt zu unterstützen.
Gefährliche Ankunft
Hamza und Abdulmomeem, ebenfalls aus Syrien, dokumentieren die gefährliche Landung an einer griechischen Insel. Helfer seien nicht da gewesen, erinnern sie sich bei diesem Foto. Genau darum ging es dem Hamburger Fotografen Kevin McElvaney bei seinem Projekt #RefugeeCameras: Er habe die Perspektive der Flüchtlinge einfangen wollen. Hier herrsche bislang eine "visuelle Leerstelle in den Medien".
Das Meer überlebt
Ein durchnässter Junge mit Schwimmweste steht kurz nach der Landung an dem steinigen Strand. Die Aufnahme weckt Erinnerungen an den kleinen syrischen Jungen, der im September 2015 tot an der türkischen Küste angespült wurde. Dieses Kind hat es lebend nach Europa geschafft. Was aus ihm wurde, erfahren wir nicht.
Jede zweite Kamera kommt zurück
Ebenfalls von Hamza und Abdulmomeem: dieses verschwommene Porträt. Kevin McElvaney gab insgesamt 15 Einwegkameras aus, von denen er sieben zurück erhielt. Bei fünf Kameras weiß der Fotograf, warum sie ihn nicht mehr erreichten, das Schicksal von dreien ist ungewiss - genau wie das ihrer Besitzer.
Fokus auf Glück
Dyab aus Syrien konzentriert sich auf die positiven Momente der Reise nach Deutschland mit seiner Frau und seinem Sohn. Der hält hier eine Packung Kekse hoch, die er in einem Flüchtlingslager in Mazedonien erhalten hat. Auf den Bildern Dyabs merke man, "wie fürsorglich er für den Sohn da sein will. Auch auf dieser beschwerlichen Reise, auf die er sich aufmachen musste, nicht wollte", so McElvaney.
Aus dem Iran nach Hanau
Auch die Bilder von Saeed zeigen Schlüsselmomente seines Wegs, Der junge Mann musste den Iran verlassen, weil er zum Christentum konvertierte und - nach einer Verhaftung - um sein Leben bangen musste. Um nach Deutschland zu kommen, gab er sich selbst als Afghane aus. Dort angelangt, stellte er seine Identität klar. Heute lebt er im hessischen Hanau.
Mehr als Selfies
Hier fotografiert Saeed bei der Busfahrt von Athen nach Idomeni einen syrischen Vater mit seinem Kind. Die Idee zu #RefugeeCameras kam Kevin McElvaney bei einer Kochveranstaltung mit Flüchtlingen in der Halle, in der jetzt die Bilder ausgestellt werden. "Ich hörte krasse Geschichten von der Flucht, doch auf den Handykameras waren nur ein paar Selfies", so McElvaney.
Mensch, nicht Flüchtling
In einem Camp zwischen Kroatien und Slowenien sorgt ein freiwilliger Helfer für Unterhaltung. Die Flüchtlingskinder versuchen, ihn zu imitieren. Auf die Frage, warum er #RefugeeCameras gestartet hat, antwortet McElvaney: "Ich möchte, dass die Anonymität des Begriffs Flüchtling verschwindet und die menschliche Perspektive greifbar wird."
Im Dezember 2015 verteilte der junge Fotograf Kevin McElvaney in Izmir, Lesbos, Athen und Idomeni 15 Einwegkameras in wasserfesten Hüllen an Flüchtlinge. Dazu gab es einen vorfrankierten, reißfesten Umschlag, auf dem seine Hamburger Adresse stand. Sieben Apparate erhielt er zurück - die Bilder daraus sind Teil der Ausstellung.