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Die Ghostwriter

Markus Frenzel30. Mai 2004

Rüstungs-Lobbyisten in Brüssel und den übrigen Hauptstädten Europas dringen auf die EU-Verteidigungsagentur. Dafür intervenieren sie seit Monaten bei den wichtigen Politikern.

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Die EADS-Chefs Camus und Hertrich gehören zu den Unterzeichnern des Briefs an die EU-ParlamentarierBild: AP

Auf der Wunschliste der Rüstungskonzerne steht die Europäische Verteidigungsagentur ganz oben. Für die Waffenschmieden würde ein Traum in Erfüllung gehen. Sie müssten nicht mehr in jedem Land vorstellig werden, sondern könnten sich einfach an die EU wenden. Nur noch ein Kunde, der dazu genügend Geld hat und den Unternehmen auch einmal unter die Arme greifen kann. Umso dringender ist die Bündelung geworden, seit die Union auf 25 Mitgliedsstaaten angewachsen ist.

"In Zukunft werden wir Malta, Lettland oder Litauen motivieren müssen", sagt der Rüstungslobbyist Klaus Rettig im Gespräch mit DW-WORLD. "In einem erweiterten Europa werden Abstimmungen schwieriger zu handhaben sein." Rettig vertritt die französische Thales-Gruppe in Berlin. Der Konzern bildet zusammen mit der deutsch-französischen EADS und dem britischen BAe Systems-Konzern das Spitzentrio in der europäischen Rüstungsindustrie.

Brief an die Parlamentarier

Vor wenigen Wochen haben die Chefs der drei Rüstungsgiganten in einem offenen Brief an das EU-Parlament ihre Wünsche dargelegt. Unter dem Titel "Zeit zu handeln!" zeichnen die Konzernbosse den Weg zu einer europäischen Rüstungsagentur. "Die Schaffung einer solchen Agentur würde eine enorme strategische Bedeutung für die Zukunft der europäischen Rüstungsindustrie haben", heißt es in dem Papier. "Sie würde die am weitesten integrierte Plattform darstellen, auf der großangelegte Rüstungsvorhaben angestossen und durchgeführt werden könnten." Die Agentur sei zudem die am besten vernetzte und kostengünstigste Lösung. "Eine Situation, in der es nur Gewinner gibt", frohlocken die Bosse.

Überhaupt hätten die wichtigsten EU-Länder wie Frankreich, Großbritannien und Deutschland, aber auch der europäische Verfassungskonvent ausdrücklich gefordert, "eine Europäische Agentur für Rüstung und Strategische Forschung zu schaffen". Die Erwähnung des Verfassungsgremiums in dem Papier hat gute Gründe. Den Konventlern haben die Rüstungslobbyisten gehörig bei ihrer Arbeit beigestanden und regelmäßig Hintergrundpapiere in den Prozess einfließen lassen. Die Unterstützung geht soweit, dass Experten sogar davon sprechen, dass die Lobbyisten bei der Beschreibung der zukünftigen Verteidigungsagentur heimlich die Feder geführt hätten (siehe Interview Steinmetz).

Detaillierte Pläne

Zumindest aber haben die Rüstungsvertreter sehr genaue Vorstellungen davon, wie die zukünftige Verteidigungsagentur am besten auszusehen hätte. "Eine gute Lösung wäre, wenn es keine tagespolitischen Abhängigkeiten gibt", sagt Thales-Mann Rettig. Zudem müsste die Agentur sowohl für die Planung von Rüstungsvorhaben, als auch deren Durchführung verantwortlich sein. Besonders wichtig jedoch: "Die Rüstungsagentur muss die Hoheit über das Geld bekommen, damit sie entscheidungsfähig ist." Ginge es nach den Lobbyisten, so flössen zudem 1,5 Prozent des EU-Etats in die militärische Forschung. Abgezogen werden sollten die Gelder einfach vom Agrarhaushalt.

Nach der Vorstellung der Lobbyisten wäre die Agentur am besten ein eigenständiger Körper, der Waffenprogramme für die EU-Staaten planen und managen könnte. "Nach einer Grundsatzentscheidung hätten die nationalen Parlamente keinen Einfluss mehr, genauso wenig wie die nationalen Beschaffungseinrichtungen sowie die Rüstungsabteilung des Verteidigungsministeriums", prophezeit Rettig. Ihre besondere Bedeutung erlange die Agentur jedoch durch ihre Rolle für den Ausbau der EU. "Dies wäre der letzte Stein in der Architektur einer gemeinsamen europäischen Sicherheitsstruktur", beschwört Rettig die übereinstimmenden Interessen der EU und seiner Branche.