Die Inflation steigt und wird bleiben
28. April 2022Der russische Einmarsch in die Ukraine sorgt für drastisch steigende Energie- und Rohstoffpreise. Das spüren die Verbraucherinnen und Verbraucher beim Tanken und Heizen, aber auch bei teureren Nahrungsmitteln. Dies zeigt, dass die Verbraucherpreise auf breiter Front anziehen und nicht nur rund um Energie. Das verstärkt bei Fachleuten zugleich die Sorgen, dass der Preisschub länger anhalten könnte als zunächst angenommen.
Wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag anhand vorläufiger Berechnungen mitteilte, ist.die Inflationsrate in Deutschland im April auf hohem Niveau weiter gestiegen. Die Verbraucherpreise lagen um 7,4 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats,
Höhere Inflationsraten schmälern die Kaufkraft der Verbraucher, weil sie sich für einen Euro dann weniger leisten können. Die Bundesregierung hat inzwischen zwei milliardenschwere Pakete geschnürt, um die Menschen in Deutschland zu entlasten. In ihren jüngsten Prognosen geben Volkswirte mit Blick nach vorne keine Entwarnung: Sie rechnen für das Gesamtjahr 2022 mit einer durchschnittlichen Teuerungsrate von mehr als sechs Prozent in Europas größter Volkswirtschaft.
An Rhein und Ruhr wird's besonders teuer
Die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr mit einer Inflation von durchschnittlich 6,1 Prozent - was der höchste Stand seit 1981 wäre. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr lag die Rate bei 3,1 Prozent und 2020 nur bei 0,5 Prozent. Das wäre die höchste Inflation seit der deutschen Wiedervereinigung 1990. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 erhöhten sich die Verbraucherpreise in Deutschland im Jahresdurchschnitt um 3,1 Prozent.
Allein im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen kletterte die Teuerungsrate im April auf 7,7 Prozent und damit auf den höchsten Stand seit 1973 sowie in Baden-Württemberg auf 7,0 Prozent und somit auf das höchste Niveau seit Anfang 1974.
Weckruf für die EZB?
"Angesichts des Kriegs in der Ukraine und der noch einmal verschärften Lieferkettenprobleme", bemerkte Marco Wagner von der Commerzbank dazu am Donnerstag, "dürfte der unterliegende Inflationsdruck noch einige Zeit hoch bleiben. Morgen dürfte auch für den Euroraum ein deutlicher Anstieg der Kerninflation vermeldet werden, wohingegen sich die Gesamtinflationsrate wohl kaum verändert hat."
Sebastian Dullien vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) sorgt sich vor allem um die Energiepreise: "Für den Inflationstrend der kommenden Monate - und damit für die Rate für das Gesamtjahr - ist zentral, wie sich die Energiepreise weiter entwickeln. Sollte es zu einem Lieferstopp russischen Gases kommen, dürfte die Inflation noch einmal einen deutlichen Sprung nach oben machen. Dann würde auch die Inflation im Gesamtjahr deutlich stärker ausfallen als bislang von uns wie auch der Bundesregierung prognostiziert."
Elmar Völker von der Landesbank Baden-Württemberg beklagt, dass "die erhoffte leichte Entspannung beim Inflationsdruck, welche angesichts gesunkener Benzinpreise greifbar schien, einmal mehr ausgeblieben ist. Der Sprung nach oben war zwar dieses Mal relativ moderat, aber die Entwicklung verdeutlicht einmal mehr, dass sich der Teuerungsdruck auch jenseits des weiterhin dominierenden Energiesegments weiter ausbreitet. Für die EZB liest sich dies als neuerliche deutliche Aufforderung, endlich ihre Zögerlichkeit in Sachen Ausstieg aus der ultra-lockeren Geldpolitik aufzugeben."
dk/hb (afp, dpa, rtr)