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Die Krim kapselt sich ab

Mikhail Bushuev6. März 2014

Die neue Führung auf der ukrainischen Halbinsel baut ihre Macht aus: Armee, Polizei, Geheimdienste und andere Behörden sollen ihren Befehlen folgen. Zu Kiew dagegen kappt Simferopol rigoros alle Verbindungen.

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Das Regionalparlament der Krim (Foto: DW)
Das Regionalparlament der KrimBild: DW/M. Bushuev

In Simferopol, der Hauptstadt der ukrainischen Autonomen Republik Krim, vergeht kein Tag, an dem die neue Moskau-treue Führung nicht neue Gesetze verabschiedet. Eigentlich ist der Ministerpräsident der Krim nur mit wenigen Kompetenzen und Vollmachten ausgestattet. Doch der neue Regierungschef Sergej Aksjonow, nicht einmal eine Woche im Amt, macht sich zum Alleinherrscher der autonomen Republik. Schnell ordnete er sich alle Sicherheitsbehörden - Polizei, Staatsanwaltschaft, Geheimdienst - unter und entzog sie so der Kontrolle der Regierung in Kiew. Dann ließ er sich durch das Präsidium des Regionalparlaments zum militärischen Oberbefehlshaber der Republik ernennen.

Simferopol will eigene Armee

Weil Aksjonow aber über keine eigenen Truppen verfügt, ist er nun damit beschäftigt, die auf der Krim stationierte ukrainische Armee zur Gefolgschaft zu überreden. Ihm gelang es, einen wichtigen Offizier für sich zu gewinnen: den Kommandeur der ukrainischen Marine. "Das ist ein historischer Moment: die Geburt der Krim-Armee", verkündete Aksjonow stolz vor laufenden Kameras. Medienberichten zufolge sollen inzwischen noch weitere ukrainische Offiziere die Seite gewechselt haben.

Neuer Ministerpräsident der autonomen Republik Krim (Ukraine) Sergej Aksjonow (Foto: DW)
Sergej Aksjonow reißt alle Macht an sichBild: DW/Mikhail Bushuev

Wie viele Militärs Aksjonow tatsächlich kontrolliert, ist unbekannt. Zahlen nennt niemand in Simferopol. Über eine eigene Armee verfügte die Krim als autonome Republik innerhalb der Ukraine nie. Jetzt wollen die neuen Machthaber in Simferopol sogar ein regionales Verteidigungsministerium aufbauen.

Keine Kontakte mehr mit Kiew

Aksjonow, dem viele auf der Krim Verbindungen zu kriminellen Strukturen nachsagen, hat es mit seinen Gefolgsleuten nicht nur auf den Sicherheitsapparat abgesehen. So tauschte er im Eiltempo viele Beamte in anderen Behörden sowie Leiter staatlicher Betriebe aus. Die neue Führung ließ zudem die regionale Finanzbehörde wissen, alle auf der Krim eingenommenen Steuern würden künftig von der Halbinsel einbehalten und nicht mehr an Kiew abgeführt. Auf die Frage der Deutschen Welle, ob Simferopol Kontakte zur neuen ukrainischen Regierung in Kiew habe, antwortete Aksjonow: "Nein. Die erkennen wir nicht an."

Zurückhaltender reagieren die Machthaber in Simferopol auf die Frage nach einer geplanten vollständigen Abspaltung von der Ukraine: Für den 16. März sei ein Referendum über den künftigen Status der Autonomen Republik angesetzt, meldete die Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf den stellvertretenden Ministerpräsidenten der Krim, Rustam Temirgaliew. Das Volk solle entscheiden. Allerdings ist so ein Referendum auf lokaler Ebene laut ukrainischen Gesetzen gar nicht erlaubt. Doch das stört die Führung der Krim nicht. Simferopol setzt auf die Unterstützung Moskaus. Ein russischer Kredit, dessen Höhe noch unbekannt ist, sei im Gespräch, sagte Aksjonow der DW. Er ist sich sicher, dass Moskau der Krim helfen werde, da 60 Prozent der Bewohner Russen seien.

Russischer Soldat am 05.03.2014 bei Simferopol (Foto: Reuters)
Aksjonow will, dass ukrainische Soldaten zu russischstämmigen überlaufenBild: Reuters

Widerstand bei den Minderheiten

Doch gegen den Moskau-treuen Kurs der neuen Führung gibt es Widerstand der ethnischen Minderheiten auf der Krim - vor allem der Krimtataren. Diesen will man offenbar mit lukrativen Angeboten locken. Diverse Vorschläge seien ihm unterbreitet worden, berichtete Refat Tschubarow. Er ist der Vorsitzende des Medschlis, der politischen Vereinigung der Krimtataren. Ihnen seien Posten im regionalen Ministerrat sowie Finanzhilfen für Dörfer mit krimtatarischer Bevölkerung angeboten worden. Doch Tschubarow lehnte ab: "Erst müssen die Militärs abziehen, es soll wieder Ruhe herrschen, dann kann man über alles sprechen", sagte er.

Den neuen Regierungschef der Krim hält er nicht für legitim. Während der Wahl des neuen Ministerpräsidenten sei das Gebäude des Regionalparlaments von unbekannten bewaffneten Menschen besetzt gewesen. "Das kann man nicht als eine freie Wahl bezeichnen", so Tschubarow.

Noch pessimistischer sehen die Entwicklung auf der Krim die dort lebenden Ukrainer. Sie fürchten, unter russischer Vorherrschaft zu Bürgern zweiter Klasse degradiert zu werden. Sie hoffen auf Unterstützung aus Kiew. Zwar betont der neue ukrainische Premierminister Arseni Jazenjuk, die territoriale Integrität des Landes sei unantastbar. Kiew werde die Krim niemals aufgeben. Doch es scheint, als verliere die Ukraine immer mehr die Kontrolle über die Halbinsel.