Die Last der Schulden
12. Juni 2009Allein seit 1990 hat sich der öffentliche Schuldenstand nahezu verdreifacht. Während die Schulden je Einwohner 1950 noch bei umgerechnet 188 Euro lagen und 1970 bei 1053 Euro, stiegen sie 1990 bereits auf 8448 Euro an. Bis 2010, schätzt der Freiburger Ökonom Bernd Raffelhüschen vom Forschungszentrum Generationenverträge, wird die Pro-Kopf-Verschuldung ein Rekordhoch von 22.709 Euro erreichen.
Erschreckende Zahlen
Auch wenn für den größten Teil der Pro-Kopf-Verschuldung der Bund verantwortlich ist, so spielen doch auch private Verbindlichkeiten zum Beispiel für Immobilien, Autos, Hausrat, Reisen oder auch Handy-Verträge eine nicht zu unterschätzende Rolle. Laut aktuellem Schuldenkompass der Schufa vom November 2008 war jeder Bundesbürger 2007 durchschnittlich mit jeweils 8078 Euro verschuldet - Tendenz steigend.
Dabei stehen die 40- bis 44-Jährigen mit durchschnittlich 8983 Euro am höchsten in der Kreide. Die 18- und 19-Jährigen haben im Schnitt schon 3262 Euro Schulden. Am häufigsten fallen Kredite bei den 25- bis 29-Jährigen mit 3,3 Prozent aus. Prinzipiell lässt sich sagen, je älter die Konsumenten werden, desto größer die Chance, dass sie ihre Kredite auch zurückzahlen.
Auch regional lässt sich eine klare Tendenz feststellen. Experten sprechen von einem Nord-Süd-Gefälle. Die niedrigsten Schuldnerquoten weisen die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg auf, die höchsten Bremen, Berlin und Sachsen-Anhalt.
Mehr Insolvenzen?
Im Jahr 2008 galten 6,9 Millionen erwachsene Einwohner, von denen die Mehrzahl übrigens in Städten wohnt, als überschuldet oder wiesen zumindest nachhaltige Zahlungsstörungen auf. Trotz der Finanzkrise rechnet die Schufa nicht damit, dass im kommenden Jahr mehr Privathaushalte in Deutschland Pleite gehen als 2008. Dem widerspricht allerdings die Wirtschaftsauskunftei Creditreform. Sie befürchtet eine neue Überschuldungswelle bei Privathaushalten. Schuld sei der zu erwartende Wiederanstieg der Arbeitslosenzahlen.
Ausgelöst worden ist die Verschuldungslawine bereits in den 1970-Jahren. Damals entdeckten die Großbanken den Konsumentenkreditmarkt, der bis dahin von kleinen Kreditbanken beherrscht worden war und starteten einen aggressiven Werbefeldzug, um die Bundesbürger vom Sparen zum Pumpen zu bewegen. Zugleich setzten sie die Zinsen für Kleinkredite massiv herunter. "Mit Geld bist du ein Drache, ohne Geld ein Wurm", zitierte die Kundenzeitschrift der Bank für Gemeinwirtschaft damals ein japanisches Sprichwort.
Die sozialen Folgen dieser Entwicklung zeichneten sich schon Anfang der 80er-Jahre ab. Bereits 1981 ermittelten Sozialforscher, dass 30 Prozent der Kreditkunden mit Ratenzahlungen belastet waren, die mehr als die Hälfte ihres verfügbaren Einkommens ausmachten. Schon damals waren sogar zwölf Prozent der Kreditkunden rechnerisch im Aus. Ihre Rückzahlungsrate war höher als ihr verfügbares Nettoeinkommen.
Autor: Frank Gazon
Redaktion: Kay-Alexander Scholz