Die Märchenwelt
20. Juli 2007Kronprinz Frederik weinte vor Rührung und drei Millionen Deutsche sahen ihm dabei zu. Mehrere Stunden lang verfolgten deutsche Fernsehsender am 14. Mai 2004 das Hochzeitsspektakel in Dänemark. Eine Woche später sahen rund vier Millionen Zuschauer die TV-Live-Übertragung aus Madrid, als Kronprinz Felipe von Spanien die bürgerliche Letizia Ortiz heiratete. Ein deutscher Privatsender rief diesen Tag zum "Tag der Emotionen" aus und lieferte sich mit den öffentlich-rechtlichen Sendern einen Live-Kampf um Einschaltquoten.
Diana ging zum Regenbogen
Trotzdem will es nachher niemand gesehen haben. Obwohl sich auch so genannte Qualitätszeitungen mit adligen Großereignissen ausführlich beschäftigen, wenn auch oft mit einem ironischen Unterton. So war Prinzessin Diana zwar vorrangig der Star des Regenbogen-Boulevards. Doch während die Klatschpresse Papparazzi-Fotos lieferte, regte sich die Qualitätspresse wiederum über die Machenschaften der Klatschpresse auf. Diana war bei allen Thema. Nach ihrem Tod wurde es etwas ruhiger. Die Prinzessin der Herzen fehlte halt - und fehlt auch irgendwie noch immer.
Neuer Schwung kam mit dem neuen Jahrhundert, als eine Handvoll bürgerlicher Damen aus aller Welt sich die begehrten Kronprinzen schnappte. Da waren die Titelblätter der Regenbogenpresse wieder gut gefüllt. Aber nicht mit einem historischen Abriss über die Geschichte der Monarchie, sondern mit Persönlichem und Drama.
Alexander Graf von Schönburg Glauchau ist der Bruder von Gloria von Thurn und Taxis. Seine Frau ist eine Großnichte der Queen. Er wird zu vielen Ereignissen eingeladen über die deutsche Medien nachher berichten. "Solche Hochzeiten unterscheiden sich eigentlich nicht viel von bürgerlichen Hochzeiten. Das sind ganz normale Hochzeiten mit Geschenkelisten und Tanz und Essen und auch Leuten, die sich daneben benehmen", sagt er. In den Illustrierten liest sich das dann allerdings viel dramatischer.
Der deutsche Adelstick
Die Briten gelten eigentlich als besonders Adels-verrückt. Doch die Deutschen können da durchaus mithalten, gerade weil der Adel hier kaum noch eine Rolle spielt. Das zeigt vor allem die hohe Zahl der Gazetten, die über Adel berichten. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts gab es in Deutschland noch viele unterschiedliche Adelsgruppen, die sich nach Reichtum, Herkunft, Adelsgattung und Rechtsstellung unterschieden. Ende des 19. Jahrhunderts regierten noch 36 Adelshäuser in Deutschland, 1918 waren es noch 19. Dann wurden das Deutsche Reich und die bis dahin monarchisch regierten Bundesstaaten zur Republik, die regierenden Fürsten dankten ab, der Kaiser ging ins holländische Exil, das politische und gesellschaftliche Ende des Adels in Deutschland war eingeläutet.
Einladung per Bote
Doch der Adel pflegt und zelebriert seine Traditionen, je höher der Adel, desto mehr. Mit pompösen Festen zum Beispiel. Das fängt bei den Einladungskarten an. "Die sind aus so dickem Papier, dass man sie kaum knicken kann, mit meist goldener Schrift, die eingeprägt ist, so dass man darüberfahren kann wie bei Blindenschrift", sagt Alexander von Schönburg. Gebracht werden sie oft per Bote.
Bei Hochzeiten gibt es feste Kleidervorschriften - tagsüber der Gehrock für den Herrn, abends muss es ein Frack sein. Die Damen tragen Kostüm mit großem Hut in der Kirche und ein langes Abendkleid mit Schmuck zur Feier danach. Das fasziniert dann eben doch die, die nicht dabei sein können, verständlich, meint von Schönburg: "Die Faszination vor Dingen ist immer am größten, wenn sie einem verschlossen sind."