Die neuen Mitglieder
Eine virtuelle Reise durch die neuen EU-Staaten.
Tschechien - Zankapfel Temelin
Arbeiter reparieren einen defekten Generator im zweiten Block des umstrittenen Atomkraftwerks in Temelin, Tschechien. Die Anlage liegt etwa hundert Kilometer nördlich von Linz (Österreich) und rund 230 Kilometer nordöstlich von München. In dem Kraftwerk war es seit der Inbetriebnahme im Jahr 2000 mehrfach zu Störungen gekommen. Politiker und Atomkraftgegner vor allem aus Deutschland und Österreich hatten deshalb wiederholt die Stilllegung gefordert. Trotz internationaler Kritik an dem südböhmischen Atomkraftwerk Temelin will das Industrieministerium in Prag den umstrittenen Reaktor bis zum Jahr 2010 ausbauen.
Polen - lukrativer Markt
Blick in eine Wäscherei im polnischen Gryfino, rund 20 Kilometer südlich von Stettin. 240 Menschen reinigen hier rund um die Uhr die Wäsche von Berliner Nobelhotels. Bettlaken, Tischdecken oder Arbeitskleidung aus den vornehmen Herbergen werden regelmäßig zwischen Deutschland und Polen hin- und hertransportiert. Ein Mitarbeiter verdient hier nur 1500 Zloty (400 Euro). Polen ist als Markt für seine Nachbarn sehr attraktiv, doch das mit 38 Millionen Einwohnern größte Beitrittsland bringt auch Probleme mit in die Gemeinschaft. Im letzten Fortschrittsbericht der EU-Kommission vor dem Beitritt bekam es die schlechtesten Noten. Mängel gibt es unter anderem bei der Lebensmittelüberwachung sowie bei der Umsetzung der EU-Auflagen zu Tiertransporten.
Polen - Skepsis der Bauern
Marktfrauen auf dem Bauernmarkt im polnischen Lublin. Die polnischen Bauern sehen dem EU-Beitritt besonders skeptisch entgegen. Sie fürchten, dem Konkurrenzdruck in der EU nicht gewachsen zu sein. Sie sollen sich im Beitrittsjahr 2004 mit 45 Prozent der an andere EU-Länder ausgeschütteten Subventionen zufrieden geben; 2006 sollen es 65 Prozent werden. Die Landwirte sind mit 18 Prozent Bevölkerungsanteil eine Macht in Polen. Vor dem Referendum im Juni 2003 fürchteten viele, die Bauern könnten sich gegen einen Beitritt aussprechen. Am Ende stimmten 77,4 Prozent für den Beitritt. Die polnische Bauernpartei (PSL) sowie der größte polnische Bauernverband hatten letztendlich ihre Mitglieder aufgerufen, bei dem Referendum mit "Ja" zu stimmen.
Zypern - die geteilte Insel
Wann fällt die letzte Mauer Europas endgültig? Im April 2003 konnten griechische und türkische Zyprioten am Ledra Palaca-Kontrollpunkt in der Hauptstadt Nikosia die Grenze passiern. Erstmals seit fast 29 Jahren hatten damit die türkisch-zyprischen Behörden ihren Bürgern erlaubt, in den griechischen Süden der geteilten Mittelmeerinsel zu reisen. Gleichzeitig wurde die Einreise von griechischen Zyprern in den Norden erlaubt. Noch wartet Europa auf eine Ende des seit 1974 schwelenden Zypern-Konflikts. 2004 wird nur der griechische Südteil der EU beitreten.
Ungarn - Rückkehr nach Europa
Blick in den prächtigen Saal des Opernhauses von Budapest, das im September 1884 für das Publikum eröffnet wurde. Die Ungarn freuen sich auf den EU-Beitritt: Im Referendum im April 2003 stimmten fast 84 Prozent der Ungarn für den Beitritt. Die Ungarn sind sich sicher, das Land wird von dem Beitritt in der EU profitieren, nicht nur wirtschaftlich. Es geht auch um die Mitgliedschaft in einer Wertegemeinschaft. Der Beitritt bedeutet für Ungarn auch den Abschluss eines Systemwechsels. "Das Land schließt sich dem Europa an, dem es in seiner mehr als 1100-jährigen Geschichte immer angehört hat", sagt Tamás Tóth, Sprecher des ungarischen Außenministeriums.
Die Slowakei - Liberaler Katholizismus
Ein Team aus 13 Nonnen und elf weltlichen Mitarbeitern produziert in einer Bäckerei in Zborov in der Slowakei pro Monat mehrere Millionen Hostien für Gemeiden im gesamten Land. Es ist die einzige Hostienbäckerei in der Slowakischen Republik. Im Gegensatz zum Nachbarland Tschechien blüht das kirchliche Leben in der Slowakei. Nach dem Ende des Kommunismus ist die Zahl der Katholiken stark angestiegen. Heute bekennen sich fast 75 Prozent der Bevölkerung zum Katholizismus. Auch die Zahl der Priester wuchs nach der Wende. Sie liegt bei 2.400. Allerdings steht die Mehrheit der Slowaken in manchen Punkten nicht im Einklang mit der kirchlichen Lehre. Nach Umfragen ist die Mehrheit der Slowaken für liberale Abtreibungsgesetze.
Tschechien - gebremste Freude
Touristen und Kurgäste flanieren in der Fußgängerzone des Kurorts Karlsbad in Tschechien. Insgesamt sprudeln hier zwölf Quellen, deren Wasser zur Therapie von Stoffwechsel,- Verdauungs- und Gelenkerkrankungen eingesetzt werden. Ob der Kurort Karlsbad von der EU-Erweiterung profitieren kann, ist ungewiss. Allerdings haben sich die Tschechen nach anfänglicher Skepsis mit 77 Prozent klar für den Beitritt ausgesprochen. Zuvor hatten viele Tschechen gesagt, sie wüssten nicht, was ihnen die EU bringen sollte. "Gäbe es einen Nobelpreis für Skepsis, würde ihn stets ein Tscheche gewinnen", kommentierte dies EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen damals.
Malta - Insel mit Platzproblemen
Am Busbahnhof der Hauptstadt Valletta stehen noch zahlreiche Oldtimer-Busse für den öffentlichen Nahverkehr. Sie sind schön anzuschauen, riechen mag man sie aber nicht. Mit ihren Dieselabgasen verpesten sie die Luft. Im Umweltschutz bekommt der Inselstaat keine guten Noten. Der Verkehr ist auf dem am dichtesten bevölkerten Land Europas (1200 Einwohner pro Quadratkilometer) eines der größten Probleme. Heute hat sich Malta zum reichsten Beitrittskandidaten gemausert. Maltas Wirtschaft hat dabei vor allem von den ausländischen Unternehmen profitiert, die auf Malta investiert haben. Mit fast 60 Unternehmen stellen die Deutschen die Mehrheit der insgesamt über 200 ausländischen Firmen.
Litauen - der baltische Tigerstaat
Die Garnisonskirche an der Freiheitsallee in Kaunas, der zweitgrößten Stadt Litauens mit einer Skulptur vor der Zilinskas-Galerie. Litauen ist einer der baltischen "Tigerstaaten". Lange hinkte das Land den anderen beiden baltischen Staaten Estland und Lettland in punkto Modernisierung hinterher. Heute kann Litauen mit rund sechs Prozent die beste Wachstumrate der baltischen Staaten aufweisen. Gründe sind die investitionsfreundliche Wirtschaftspolitik, eine strenge Finanzpolitik und die rasante Modernisierung der Unternehmen. Allerdings kämpft das Land mit einer hohen Arbeitslosigkeit von über 16 Prozent, die Landwirtschaft ist mit sieben Prozent einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in Litauen.
Die Slowakei - schön aber arm
Die Eishöhle bei Dobsina im Westen der Slowakei zählt zu den Stätten des UNESCO-Weltkulturerbes. Touristisch hat die Slowakei einiges zu bieten: spektakuläre Schluchten, Wasserfälle und Seen in zahlreichen Natur- und Nationalparks, eine Vielzahl von Schlössern und Burgen sowie historische Städte. Wirtschaftlich liegt die Slowakei allerdings auf den hinteren Rängen unter den Beitrittsländern. Im EU-Referendum im Mai 2003 sprachen sich über 90 Prozent für den Beitritt aus. Allerdings war die Wahlbeteiligung mäßig: Nur jeder zweite Bürger ging an die Urne. Die Verunsicherung über die wirtschaftlichen Auswirkungen eines EU-Beitritts ist groß. Auch die Beziehungen zum Nachbarn Tschechien sind weiter gespannt und normalisieren sich nur langsam.
Slowenien - Urlaub pur
Blick auf Badestege am Adria-Strand von Portoroz, dem bedeutensten Fremdenverkehrsort in Slowenien. Im Sommer tummeln sich mehr als 15.000 Badegäste an den Stränden und auch im Winter lockt das milde, mediterrane Klima zahlreiche Gäste an. Slowenien gilt noch immer als touristischer Geheimtipp. Das rund 20.000 Quadratkilometer große Land bietet nicht nur Strand, sondern auch ausgedehnte Wälder, in denen noch Bären leben, sowie postkartenreife Berglandschaften und Küstenstädtchen mit italienischem Flair.
Estland - blühende Landschaft
Ein Mädchen hängt an einer Wippe am Strand von Pärnu am Finnischen Meerbusen in Estland. Pärmu ist die Sommerhauptstadt von Estland. Von Mai bis August trifft sich fast ganz Estland an dem kilometerlangen Sandstrand von Pärnu. Der Höhepunkt ist das Mittsommerfest am 23. Juni. Die 1,4 Millionen Bürger des kleinen Ostseestaats haben seit 1991 mit der Loslösung von der Sowjetunion tiefgreifende Reformen und Umwälzungen erlebt. Unter Wirtschaftsanalysten kursiert der Begriff "baltischer Tiger". Die Hauptstadt Tallinn boomt, eine neue Skyline mit Wolkenkratzern entsteht. Allerdings haben die baltischen Staaten das niedrigste Pro-Kopf-Einkommen der Beitrittskandidaten.
Zypern - Hoffnung auf Frieden
Kerzen brennen im Kloster des Apostels Andreas, das in Karpasia im türkischen Teil der Insel Zypern liegt. Für griechisch-orthodoxe Gläubige der Insel war der Ort eine der wichtigsten Gebets- und Zufluchtstätten vor der türkischen Besetzung 1974. Nach der Öffnung der innerzypriotischen Grenze im März 2003 konnte sie erstmals wieder von Gläubigen besucht werden. Seit der Teilung klafft die Schere zwischen Arm und Reich auf der Mittelmeerinsel weit auseinander. Im prosperienden griechischen Südteil der Insel verdienen die Menschen fast drei Mal so viel wie die Menschen im türkischen Nordteil, wo die Produktivität gering und die Arbeitslosigkeit sehr hoch ist. Der Süden erfüllt alle Beitrittskriterien mühelos und bekam dafür schon mehrfach Lob aus Brüssel.
Malta - Turbo im Mittelmeer
Die "Auberge de Castille, Leon et Portugal" ist der ehemalige Palast der portugiesischen Ritter in der Hauptstadt Valletta. Malta ist mit seinen 390.000 Einwohnern der mit Abstand kleinste Beitrittskandidat, allerdings galt er lange als Musterschüler. Da der Inselstaat nicht auf Rohstoffe setzen kann und Landwirtschaft auf dem öden Land kaum möglich ist, setzt die Regierung hauptsächlich auf den Tourismussektor und die Produktion von Exportgütern, vor allem elektronische Teile. Auch die Lage der Inselgruppe zwischen Europa und Afrika ist strategisch günstig, was sie zu einem begehrten Umschlagplatz für die Containerschifffahrt macht. Malta hat sich auch einen Namen als Insel der Sprachschulen gemacht. Studenten aus aller Welt kommen dorthin, um Englisch zu lernen.
Lettland - den Westen im Visier
An einem Stand in der lettischen Hauptstadt Riga werden russische Matroschka-Puppen zum Verkauf angeboten. Von den 2,3 Millionen Letten leben in Riga allein 850.000 Menschen. Fast die gesamte Wirtschaftskraft und der Reichtum des Landes sind in der Hauptstadt konzentriert. Pompöse Einkaufszentren, glitzernde Bürohochhäuser und Westautos gehören zum Straßenbild. Lettland ist – so wie die anderen baltischen Staaten – ein attraktives Ziel für ausländische Direktinvestitionen. Deutschland ist wichtigster Investor in Lettland. Es gibt auch Schattenseiten: Die durchschnittlichen Bruttolöhne liegen bei lediglich 300 Euro, in ländlichen Regionen liegt die Arbeitslosigkeit bei über 15 Prozent. Hier leben die Menschen noch überwiegend von der Landwirtschaft.
Lettland - Licht und Schatten
Auf Geländefahrzeugen patrouillieren zwei lettische Grenzsoldaten an der lettisch-russischen Grenze. Im Zuge des bevorstehenden EU-Beitritts die Kontrollen an der Landesgrenze zu Russland verschärft. Die ausgedehnten Wälder sind überlebenswichtig für die lettische Wirtschaft. Der Export von Holz und Holzprodukten macht noch über ein Drittel aller Ausfuhren aus, gefolgt von Metallen und Textilien. Zwar überzeugt Lettland durch seine hohen Wachstumsraten. Der Kampf gegen Korruption und Mißwirtschaft ist aber noch längst nicht gewonnen. Lettland wird in den Korruptionsberichten von Transparency International unter den Schlusslichtern in Europa eingestuft.
Litauen - Blick nach Westen
Tausende Kreuze stehen auf dem "Berg der Kreuze" (Kriziu Kalnas) bei Siauliai. Der Wallfahrtsort ist eine Gedenkstätte für die Opfer des Widerstandes gegen die Fremdherrschaft und ist heute eine Art Nationalheiligtum. Das Land knüpft hohe Erwartungen an den EU-Beitritt. Im Mai 2003 stimmten mehr als 90 Prozent der Litauer für den Beitritt. Seit der russischen Rubelkrise 1998 setzt das Land konsequent auf den Westen. Zwei Drittel des Außenhandels wickelt Litauen mittlerweile mit den EU-Staaten ab. Ein neues, westliches Energienetz soll die Abhängigkeit von Russland brechen, die Landeswährung Litas wurde an den Euro gekoppelt.
Ungarn - Musterschüler mit kurzer Mängelliste
Eine Verschnaufpause legen diese Frauen bei der Paprika-Ernte auf einem Feld bei Kalocsa in der Großen Tiefebene (Alföld) ein, die fast mehr als die Hälfte Ungarns einnimmt. Das ehemalige Ödland ist heute die Kornkammer des Landes, denn die Puszta wurde vor allem im letzten Jahrhundert zur landschaftlichen Nutzung kultiviert. Landwirtschaft ist immer noch ein wichtiger Wirtschaftszweig in Ungarn. Hier fordert die EU-Kommission unverzügliche Maßnahmen. Mängel gebe es bei der Lebensmittelhygiene, außerdem müsse die landwirtschaftliche Verwaltung und Kontrolle modernisiert und verbessert werden. Sorgen bereitet auch das anhaltend hohe Haushaltsdefizit des Landes, das trotz einer restriktiven und ambitionierten Finanzpolitik nicht entscheidend eingedämmt werden konnte.
Estland - Reichtum ungleich verteilt
Ein mit Blätterkränzen auf den Köpfen geschmücktes junges Paar beim traditionellen Altstadtfest in der estnischen Hauptstadt Tallinn. Wirtschaftsexperten bescheinigen Estland rosige Aussichten für die Zukunft. Die estnische Wirtschaft soll 2004 und 2005 um rund sechs Prozent wachsen. Doch Wirtschaftswachstum ist nicht gleich Reichtum für alle. Nur die jüngeren und gut ausgebildeten Schichten können von dem rasanten Wirtschaftswachstum profitieren. Auf der Strecke geblieben sind aber Rentner, Arbeiter und die Bewohner ländlicher Gegenden. Die Arbeitslosenquote liegt bei über zehn Prozent, die Durchschnittsrente beträgt umgerechnet weniger als 100 Euro. Immer noch leben 200.000 Russen und Staatenlose mit eingeschränkten Bürgerrechten in Estland und gelten als soziales Pulverfass.
Slowenien - der Musterschüler
Eine Mitarbeiterin des Pharmakonzerns Lek in der Hauptstadt von Slowenien Ljubljana überwacht die Abfüllanlage für Augentropfen. Die Pharma-Unternehmen Lek und Krka, die sich auf die Herstellung billiger Generika spezialisiert haben, gehören zu den wichtigsten Firmen im Land. Slowenien bekam im letzten Fortschrittsbericht der EU-Kommission vor dem Beitritt im Mai 2004 die besten Noten. Es gab nur einen Kritikpunkt: Die Anerkennung von Berufsabschlüssen vor allem im Gesundheitswesen müsse verbessert werde, stellt die Kommission fest. Ansonsten glänzt das Land mit einer niedrigen Arbeitslosenquote von weniger als sechs Prozent und einem stabilen Wachstum von drei Prozent. Deutschland ist mit Abstand wichtigster Handelspartner Sloweniens.