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Notfallärztin (Rostock)

27. April 2010

Dagmar Zillig ist Ärztin aus Leidenschaft. Sie arbeitet nicht nur als Notfallärztin. Auch in ihrer Freizeit ist sie mit dem Arztkoffer unterwegs: als ehrenamtliche Seenotretterin, gelegentlich sogar Tauchärztin.

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(Foto: DW)
Dagmar Zillig

Bevor Dagmar Zillig früh am Morgen aus dem Haus geht, bereitet sie Frühstück vor: Für ihre Igel. 18 dieser kleinen, stacheligen Tierchen hat sie in ihrem Keller aufgenommen - sie würden sonst den Winter nicht überleben. Dagmar Zillig versorgt sie mit Katzenfutter, dann geht es zur Arbeit: Um 7 Uhr beginnt ihre Frühschicht in der Rettungswache des Deutschen Roten Kreuzes in Rostock. Nur wenn die Notfallärztin einmal Spätschicht hat, fängt ihr Tag entspannter an.

Warnemünde an der Ostsee (Foto: DW)
In Warnemünde würde Dagmar Zillig gerne ihren Ruhestand verbringen - direkt an der OstseeBild: DW

Dagmar Zillig geht selten ins Kino. Aber wenn, dann sieht sie am liebsten Tierfilme. Ihre Tierliebe hängt mit ihrer Kindheit zusammen, erzählt die 52-Jährige. Aufgewachsen ist sie in einem alten Klostergebäude nahe des kleinen Dorfes Chorin. Ihr Vater war Förster. "Ich liebte es, im Wald zu spielen. Mit Spielzeug konnte ich nicht viel anfangen. Aber die Natur - die hat mir Spaß gemacht!" Auch heute finden fast alle ihre Hobbys im Freien statt: Segeln, Tauchen, Reisen ... oder die ehrenamtliche Arbeit bei der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, wenn sie auf einem Seenotrettungskreuzer über die Ostsee fährt.

Der Ehemann fährt zur See

Ärztin werden, das wollte Zillig schon als kleines Mädchen. 1975 zog sie nach Rostock, um Medizin zu studieren - und wurde Fachärztin für Chirurgie. 1996 wechselte sie zum DRK. Außer Zillig arbeiten nur noch zwei weitere Frauen in der Rettungswache. "Es ist ein schwieriger Beruf, wenn man Frau ist", sagt sie. Mit einer Familie sind die Dienstpläne kaum unter einen Hut zu bringen. Zillig hat keine Kinder. Der Wunsch war zwar da, aber "am Anfang ging es nicht. Und als es passte, war es zu spät."

Zilligs Ehemann ist Schiffsingenieur. Er verbringt jeweils vier Monate auf See und dann zwei zu Hause. Die beiden haben sich beim Segeln kennen gelernt und können sich aufeinander verlassen: "Als mein Vater erkrankte, nahm sich mein Mann sechs Monate ohne Bezahlung frei", so die Ärztin. Ihre Eltern waren als Pflegefälle nach Rostock verlegt worden. Die Mutter starb zuerst. Der Vater erlitt eine Hirnblutung. Neun Jahre lang kümmerte sich Zillig intensiv um ihn. Sie lernten, trotz aller Schwierigkeiten wieder miteinander zu kommunizieren. "Alle haben gesagt, er versteht dich nicht. Aber ich wusste genau, dass er das tat."

Meisterin der "Arzttherapie"

Zuneigung und Nähe können auch in der Medizin entscheidend sein, ist sich Zillig sicher. In der Rettungswache schlägt der Alarm. Es ist der dritte Einsatz heute. Ein Mann zeigt eine allergische Reaktion, vermutlich auf ein Medikament. Als Zillig am Einsatzort ankommt, scheut sie sich nicht, auf den Patienten zuzugehen, ihn anzufassen. "Das wichtigste ist, ihm das Gefühl zu vermitteln: ich bin hier, alles wird gut", erklärt sie später. Es funktioniert. Er atmet ruhiger. "Wir nennen das die 'Arzttherapie'", lacht Zillig.

In Zilligs Keller überwintern 18 Igel (Foto: DW)
Tierlieb: In Zilligs Keller überwintern 18 IgelBild: DW

Seitdem ihr Vater vor fast einem Jahr gestorben ist, wartet zuhause niemand mehr auf Zillig. Doch einsam fühlt sie sich nicht: Den nächsten Urlaub mit ihrem Mann planen, den Vortrag fürs nächste ärztliche Seminar schreiben - es gibt immer etwas zu tun. Auch die Igel sind noch da. Und auch die Nachbarn. "An meiner Tür klingelt es ständig. Es wohnen hier zwar noch zwei andere Ärzte, aber wenn etwas ist, kommen alle zu mir!", stellt Zillig fest. "Es gibt keinen Feierabend. Arzt ist man rund um die Uhr."

Autorin: Luna Bolivar Manaut
Redaktion: Matthias von Hein