Die quälende Suche nach Verschwundenen
Menschen möchten wissen, was mit ihren Angehörigen passiert ist, selbst wenn es etwas Schlimmes ist. Doch oft gibt es keine Klarheit. Gerade in Lateinamerika verschwinden viele Menschen spurlos.
Lateinamerika: Zehntausende werden vermisst
Die Zahl der Verschwundenen stieg in den 1970er und 80er Jahren in Lateinamerika sprunghaft an - vor allem wegen der sich ausbreitenden Militärdiktaturen. Doch auch heute kann von Entwarnung keine Rede sein. Gemessen an der Bevölkerungszahl sind die aktuellen Zahlen für Länder wie Peru, Kolumbien, Guatemala oder El Salvador sehr beunruhigend.
Die Ungewissheit der Angehörigen
Ungeachtet des Ortes und der Umstände haben alle Fälle eines gemeinsam: die unerträgliche Ungewissheit der Angehörigen über das Schicksal ihrer Vermissten. Amnesty International ist eine der Organisationen, die versucht, das Schicksal der Opfer und die Not der Angehörigen sichtbar zu machen, wie hier in Kolumbien.
Die 43 von Ayotzinapa
In Mexiko gibt es mehrere Fälle, in denen ganze Gruppen von Menschen auf einen Schlag verschwunden sind. Nach offiziellen Angaben werden in Mexiko derzeit 32.000 Menschen vermisst. Ein Fall sorgte international für Aufsehen: 43 Studenten, die im September 2014 aus Ayotzinapa verschleppt und - so fürchtet man - ermordet wurden.
Die Vergessenen
Besonders wehrlos sind die unzähligen Migrantengruppen, die Mexiko auf ihrem Weg in die USA durchqueren. Aufgrund fehlender Ausweispapiere und mangelnder rechtlicher Unterstützung bleiben viele Fälle dauerhaft ungelöst.
In den Händen des Staates?
Für Proteste sorgte der Fall des argentinischen Aktivisten Santiago Maldonado. Er verschwand am 1. August 2017 nach einer Polizeiaktion in einer Gemeinde des indigenen Volkes der Mapuche. Menschenrechtsaktivisten beschuldigen den argentinischen Staat, verantwortlich für sein Verschwinden zu sein.
Mutter Angélica
Die kürzlich verstorbene Angélica Mendoza war eine der bekanntesten Aktivistinnen Perus. Die Militärs entführten ihren Sohn Archimedes im Jahr 1983. Sie gründete später die erste Menschenrechtsorganisation des Landes für die Aufklärung der 15.000 Fälle verschwundener Menschen. Sie hat ihren Sohn nie wiedergesehen.
Gelegenheit zum Gedenken
Nach den Friedensverhandlungen, die zum Ende des 50-jährigen bewaffneten Konflikts in Kolumbien führten, ist der Umgang mit der Vergangenheit eine der größten Herausforderungen für das Land. Über 60.000 Menschen sollen in den vergangenen 45 Jahren verschwunden sein.
Guatemala und El Salvador
Auch in Mittelamerika ist die Situation erschreckend. Nach den Bürgerkriegen im vergangenen Jahrhundert nimmt die Zahl der Verschwundenen heute wieder zu - auch wegen der mächtigen kriminellen Banden. In El Salvador sind zwischen 2010 und 2016 laut Polizei 10.800 Menschen verschwunden - durchschnittlich vier am Tag.