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Republikaner in der Kritik

Torsten Schäfer6. Oktober 2006

Eine Serie von Skandalen erschüttert die Regierung und die republikanische Partei. Vor den Kongresswahlen sorgen schlüpfrige E-Mails für Schlagzeilen. Dennoch sind die Chancen der Republikaner auf einen Wahlgewinn gut.

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Setzt vor den Kongresswahlen auf die Sicherheitskarte: US-Präsident George W. BushBild: AP

Inzwischen kennt ganz Amerika den Inhalt der SMS und E-Mails, die der republikanische Abgeordnete Mark Foley an minderjährige Praktikanten im US-Kongress geschrieben hat. "Mach ich dich ein wenig geil?", fragte der Vorsitzende des Ausschusses für vermisste und ausgebeutete Kinder im Repräsentantenhaus laut dem Fernsehsender ABC einen Jugendlichen. Foley legte sein Amt Ende der vergangenen Woche nieder, als seine Heimlichkeiten aufflogen.

Rund vier Wochen vor den Kongresswahlen kommt der Skandal den Republikanern denkbar ungelegen, die sich gerne als Hüter von Sitte, Moral und Anstand profilieren. Die Affäre zieht bereits ihre Kreise: Die Opposition hat den Rücktritt des republikanischen Chefs des Repräsentantenhauses Dennis Hastert gefordert, weil er von dem Gebaren Foleys gewusst haben soll. Hastert bestreitet die Vorwürfe. Nun soll der Ethik-Ausschuss des Repräsentantenhauses den Fall genauer untersuchen.

Das Image der Republikaner scheint durch den Fall Foley angekratzt. "Bei der religiösen Kernwählerschaf hat der aktuelle Sex-Skandal zu einer moralischen Frustration geführt", erklärt Peter Rudolf, Amerika-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Zudem bescheinigen aktuelle Umfragen den oppositionellen Demokraten unter ihrem Vorsitzendem Howard Dean Chancen auf einen Sieg bei den anstehenden Kongresswahlen.

Kongresswahlen am 7. November

Ein Sieg der Demokraten würde eine Trendwende bedeuten, denn bei den Kongresswahlen 2002 und 2004 gewannen die Republikaner die Mehrheit in beiden Kammern, dem Repräsentantenhaus und dem Senat. Am 7. November stehen nun die 435 Mitglieder des Repräsentantenhauses und ein Drittel der hundert Senatoren zur Wahl.

Bislang befanden sich die Republikaner in einer komfortablen Situation, weil sie die Regierung stellen und die Mehrheit in beiden Kongresskammern haben. Wenn aber nun die Demokraten im Repräsentantenhaus die Mehrheit holen, stellen sie die Ausschussvorsitzenden. Die Zahl der kritischen Debatten und Berichte würde zunehmen. Der innenpolitische Druck auf die Regierung würde insgesamt wachsen.

Skandale spielen Demokraten in die Hände

Nicht nur die Umfragenwerte sind für die Demokraten gut. Die Foley-Affäre setzt die Serie von Krisen und Skandalen fort, die Präsident George W. Bush in ein Umfragetief gestürzt haben. Erst am Donnerstag (5.10.) gingen in 200 Städten der USA Kriegsgegner auf die Straße. Und vor wenigen Tagen veröffentlichte der renommierte Journalist Bob Woodward ein Buch, in dem er der Regierung vorwirft, das Ausmaß der Probleme im Irak vertuscht zu haben. Ein Geheimdienst-Bericht stellte überdies erst kürzlich fest, dass der Irak-Krieg die terroristischen Kräfte gestärkt hat.

Obendrein hat das Oberste Bundesgericht die Verhörmethoden für Gefangene als unvereinbar mit der Genfer Konvention für Kriegsgefangene erklärt. Der Folterskandal von Abu Ghraib, das Gefangenenlager in Guantanamo, das illegale Abhören von Auslandsgesprächen oder der Bestechungsskandal um den Lobbyisten Abramoff - die Liste der Vorwürfe gegenüber dem Präsidenten und seiner Partei ist lang.

Auch parteinintern gab es Querelen: US-Präsident Bush stieß mit Plänen für Terrorverhöre auf Widerstand im Kongress. Scharfe Kritik regte sich, da es im Kern darum ging, Folter zu legalisieren. Vier Senatoren seiner Partei stimmten im September mit den Demokraten für ein Folterverbot.

Konservative Festung nicht erschüttert

11. September Fünf-Jahresgedenken in den USA Bush in New York Ground Zero
Gorund Zero fünf Jahre nach den Anschlägen: Die terroristische Bedrohung bleibt Thema Nummer eins in den USABild: AP

Dennoch können alle Krisen und alle Kritik die konservative Festung vor der Kongresswahl offenbar nicht erschüttern. Die Republikaner sind angezählt, aber nicht ausgeknockt. Trotz aller Umfragen haben sie reelle Chancen auf einen Wahlsieg. " It's security, stupid!", sagt Josef Braml, US-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Die Bedrohung der nationalen Sicherheit und der Krieg gegen den Terrorismus dominiere das Bewusstsein der Bevölkerung stark.

"Seit Wochen spielt Bush gezielt diese Karte", sagt SWP-Fachmann Rudolf. Je mehr sich die Amerikaner vor Terror und Anschlägen fürchten, so Bushs Kalkül, desto eher wählen sie die Republikaner und vergessen das Irak-Desaster. Denn bei dem Thema nationale Sicherheit wird der Partei noch immer mehr zugetraut als den Demokraten, wie Umfragen zeigen.

Die Demokraten vertrauen zu sehr auf die Fehler ihres Gegners, befinden die Experten. "Sie müssen aktiver werden und Alternativen anbieten, die ich aber derzeit nicht sehe", urteilt Josef Braml. Hinzu kommt, dass die Republikaner ihre unterschiedlichen Flügel unter dem Sicherheitsthema vereinigen können. Die Demokraten haben hingegen kein Wahlkampfthema, das sie zusammenschweißt.

Strukturelle Vorteile für Republikaner

Auch die strukturelle Situation in den beiden Kammern spricht für die Republikaner: Für eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus müssten die Demokraten 15 Sitze mehr als jetzt erringen. Nach Einschätzung von Josef Braml ist das aber schwierig. Denn: "Strukturelle Faktoren wie die Wahlkampffinanzierung und die Zuschneidung der Wahlkreise begünstigen die Amtsinhaber und damit auch die bestehende Mehrheit der Republikaner", erklärt der USA-Spezialist der DGAP.

Ein Sieg der Demokraten im Senat ist aktuell noch schwieriger als ein Sieg im Abgeordnetenhaus. "Es geht bei der Kongresswahl ja nur um ein Drittel der Senatoren, die neu gewählt werden", erklärt Peter Rudolf. Viele der zur Wahl stehenden Sitze sind zudem im Süden angesiedelt. Hier haben die Republikaner nach wie vor die größte Unterstützung.

Insgesamt scheint ein Erfolg der Demokraten am 7. November keineswegs gewiss. "Die strukturellen Bedingungen sprechen für die Republikaner", resümiert Josef Braml. "Ich bin eher skeptisch, dass die Demokraten einen Sieg davon tragen werden."