Ende der Gurkenkrümmungsverordnung
1. Juli 2009Schon mal was von der Verordnung 1677/88/EWG gehört? Darin ist zum Beispiel für die gesamte EU festgelegt, dass Gurken der Extraklasse "gut geformt und praktisch gerade" sein müssen, genauer gesagt darf danach die "maximale Krümmung" höchstens zehn Millimeter auf zehn Zentimeter Gurkenlänge betragen. Oder zum Porree der höchsten Güteklasse: "Mindestens ein Drittel der Gesamtlänge oder die Hälfte des umhüllten Teils muss von weißer bis grünlich-weißer Färbung sein. Jedoch muss bei Frühporree der weiße oder grünlich-weiße Teil mindestens ein Viertel der Gesamtlänge oder ein Drittel des umhüllten Teils ausmachen."
Wahl zwischen schön genormt und witzig geformt
Solche Vorschriften für mehrere Dutzend europäische Gemüse- und Obstsorten galten gut zwanzig Jahre lang. Doch jetzt dürfen 26 Sorten wachsen, wie sie wollen, und trotzdem in die Verkaufsregale wandern. Damit verschwinden außerdem hundert Seiten EU-Vorschriften, die Maßnahme ist also auch ein Stück Bürokratieabbau. Kommissionssprecher Michael Mann sprach von einem guten Tag für Verbraucher und Bauern. "Es wird für den Verbraucher mehr Auswahl geben, weil man zwischen den schön geraden und den witzig geformten Gurken wählen kann. Und es ist auch besser für die Bauern, weil sie alle ihre Erzeugnisse an die Supermärkte verkaufen können."
Nachteile beim Verpacken
Wenn die Abschaffung der verlachten Krümmungsverordnung angeblich nur Vorteile bringt, warum wurde sie dann überhaupt erlassen? Und warum hat sie so lange bestanden? Es war vor allem der Handel, der argumentierte, dass sich zum Beispiel gerade Gurken besser in Standardkartons verpacken lassen als krumme und sich durch Normen Obst und Gemüse besser vergleichen lässt. Wichtige Erzeugerländer wie Frankreich und Spanien waren daher gegen die Abschaffung, und auch der Deutsche Bauernverband warnte vor künftigen "Wühltischen" im Supermarkt.
"Ich bin ein zur Verarbeitung bestimmter Apfel"
Die Gegner haben dafür gesorgt, dass die Vorschriften für einige der wichtigsten Obst- und Gemüsesorten wie Äpfel, Zitrusfrüchte oder Tomaten bestehen bleiben. Sie machen drei Viertel des EU-Handelswertes aus. Es bleibt allerdings den Einzelstaaten überlassen, jetzt auch unförmige Äpfel oder Mandarinen zuzulassen, solange diese getrennt von den genormten Schönheiten angeboten werden und eine Bezeichnung wie „zur Verarbeitung bestimmtes Erzeugnis“ tragen. Die EU-Bürokratie wird also keineswegs arbeitslos.
Autor: Christoph Hasselbach, Brüssel
Redaktion: Martin Schrader