Die Sparweltmeister kaufen lieber
30. Oktober 2013"Spare in der Zeit, so hast du in der Not" - dieses deutsche Sprichwort scheint im Moment wenig Gültigkeit zu haben. Die Bundesbürger, gerne auch als Sparweltmeister bezeichnet, legen zurzeit deutlich weniger Geld auf die hohe Kante als früher. Von 100 Euro Nettoeinkommen werden nur noch 10,40 Euro zur Seite geschafft. Vor fünf Jahren war es noch rund ein Euro mehr. Damit befindet sich die Sparquote auf dem niedrigsten Stand seit 2002, wie das diesjährige Vermögensbarometer des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes zeigt.
Verbandspräsident Georg Fahrenschon schlägt deshalb Alarm. "Mit einer zehnprozentigen Sparquote sind die Risiken, die das Leben so mit sich bringt - ein Unfall, eine unvorgesehene Krankheit, Veränderungen im Beruf - nicht abgedeckt", warnt er im DW-Interview. Das sei besorgniserregend.
Positiver Blick in die Zukunft
An den finanziellen Mitteln der Deutschen scheint es nicht zu liegen. Die Konjunktur brummt, die Arbeitslosigkeit liegt bei 5,3 Prozent, die Durchschnittseinkommen steigen. Laut der Umfrage der Sparkassen bewerten 57 Prozent der Bundesbürger ihre Situation als gut oder sehr gut. Jeder vierte erwartet zudem, dass es noch besser wird. Nur 15 Prozent fürchten, dass sich ihre Lage verschlechtern könnte.
Doch die niedrigen Zinsen halten die Deutschen davon ab, ihr Geld zur Seite zu legen. Sie konsumieren oder legen ihr Geld lieber für ein Eigenheim an. Dramatisch sei das aber nicht, sagt Uwe Döhler von der Zeitschrift "Finanztest". Im internationalen Vergleich liege Deutschland beim Sparen noch immer an der Spitze. EU-weit wird die Bundesrepublik nur noch von der Schweiz und Luxemburg übertroffen. Zudem sei die Verbraucherverschuldung in den angelsächsischen Ländern deutlich höher.
Erstmal einkaufen gehen
Hinzu komme, dass die Deutschen Nachholbedarf verspüren, sagt Döhler. Nach Jahren der Arbeitslosigkeit hätten viele Menschen wieder eine Stelle gefunden. "Wenn man neu wieder in den Job kommt und endlich wieder Geld verdient, muss man womöglich Sachen nachholen, die man sich früher nicht leisten konnte. Deswegen wird man bei dem Teil der Bevölkerung eine ganz niedrige Sparquote vorfinden." Auch ein höheres Einkommen müsse nicht zwingend dazu führen, dass die Sparquote prozentual steigt. Einige blieben bei einer festen Summe im Monat, trotz gut gefüllten Kontos.
Das Vermögensbarometer des Sparkassenverbandes ist für ihn vor allem eine "Nabelschau", die auch die Werbetrommel in eigener Sache rühren soll. "Bei dieser Umfrage wird beispielsweise danach gefragt, welche Bankengruppe die Verbraucher für die sicherste halten und erstaunlicherweise ist die Sparkassen-Gruppe die mit dem höchsten Zuspruch", bemerkt der Finanzexperte süffisant.
Sparkassen sehen Politik in der Pflicht
Sparkassenverbands-Chef Fahrenschon appelliert unterdessen an die Politik: Die bürokratischen Vorgaben bei den Beratungsgesprächen in den Banken seien zu hoch. Dies schrecke die Kunden ab. Deshalb sei der Anteil der Beratungsgespräche zu den wichtigsten Aktientiteln deutlich zurückgegangen. Außerdem müsse der Zugang zu einer privaten Rentenvorsorge für alle Menschen erleichtert werden.