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"Politischer Preis"

Diana Hodali13. Oktober 2014

Ankara dementiert die Nutzungserlaubnis von Militärbasen im Anti-IS-Kampf. Ob sie es in Zukunft doch erlauben wird, hänge davon ab, ob USA und Golfstaaten den Forderungen Ankaras entgegenkommen, sagt Experte André Bank.

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Auftanken einer F-16 Incirlik Militärbasis (Foto: US)
Die Militärbasis IncirlikBild: picture-alliance/U.S. Air Force/Tom Kennedy

Deutsche Welle: Die Türkei hat der amerikanischen Darstellung widersprochen, sie habe den USA und ihren Verbündeten im Kampf gegen die terroristische IS-Miliz die Nutzung des Stützpunktes Incirlik zugesagt. Geht die Türkei also doch nicht auf ihren NATO-Partner zu?

André Bank: Die Türkei ist den anderen NATO-Partnern schon insofern ein Stück entgegen gekommen, als dass sie es ermöglicht, dass syrische Oppositionelle jetzt auch offiziell auf türkischem Territorium ausgebildet werden können. Aber offensichtlich ist die Diskussion um die Nutzung und die Ausgestaltung der Nutzung der türkischen Militärbasen noch nicht abgeschlossen. Ich denke, dass es für die Türkei darum geht, einen möglichst guten politischen Preis im Gegenzug zu bekommen. Denn die Nutzung der türkischen Basen würde die Militärschläge aus der Luft für die USA und die Golfstaaten deutlich vereinfachen, da es deutlich kürzere Anflugwege wären.

Derzeit darf die Basis in Incirlik nur für humanitäre und logistische Zwecke von den USA genutzt werden. Weitere Verhandlungen erfolgten "auf Grundlage der von der Türkei bereits gestellten Bedingungen", hieß es heute aus der Türkei. Welchen politischen Deal will die Türkei denn aushandeln?

Die Türkei verfolgt zwei Ziele im Syrien-Konflikt. Zum einen ist das Ziel der Sturz des Regimes von Baschar al-Assad. Deswegen fordert Präsident Erdogan auch ein entschiedenes Vorgehen gegen ihn - insbesondere die Einrichtung einer Flugverbotszone. Und dabei ginge es nicht nur um das Grenzgebiet zur Türkei, sondern um ganz Syrien und das würde besonders die syrische Luftwaffe treffen. Zum zweiten geht es der Türkei um die Kurdenfrage. Die Regierung will verhindern, dass sich im Norden Syriens vor dem Hintergrund des Bürgerkriegs eine Art kurdische Autonomie etabliert, die von dem PYD, dem syrischen Ableger der PKK, dominiert wird.

Aber Präsident Erdogan gerät doch auch innenpolitisch unter Druck. Immerhin sind bei den Protesten innerhalb der Türkei bereits 35 Menschen ums Leben gekommen. Wie lange kann die Regierung diesen Kurs weiterfahren?

Die Regierung ist bereits von kurdischer Seite unter Druck, aber auch von linken Aktivisten, die sich an den Protesten beteiligen. Dadurch, dass die AKP aber innerhalb der Türkei eine Hegemonie genießt, kann sich Erdogan auf eine solide Basis stützen. Und von Seiten des Sicherheits- und Justizapparats gibt es auch keine Kräfte, die der Politik von Erdogan und Ministerpräsident Davotuglu im Moment viel entgegen zu setzen haben.

Wird sich die Türkei denn in Zukunft an einer Militäroffensive gegen den IS beteiligen?

Das wird Verhandlungssache sein. Es hängt davon ab, wie weit die USA und die Golfstaaten den Interessen der Türkei entgegenkommen - einerseits Assad zu stürzen, andererseits den kurdischen Einfluss einzudämmen. Momentan wartet die Türkei eher ab. Denn würde sie jetzt schnell und umfassend die Militärstrategie gegen den IS unterstützen, würde gleichzeitig die Gefahr von islamistischen Terroranschlägen innerhalb der Türkei steigen. Denn die Türkei ist ein wichtiges Rückzugsgebiet für den IS und es gibt auch IS-Sympathisanten innerhalb der türkischen Bevölkerung.

André Bank (Foto: Giga)
André Bank ist Nahost-Experte am GIGA-Institut in HamburgBild: GIGA

André Bank ist Nahost- und Türkei-Experte am GIGA-Institut für Nahost-Studien. Er beschäftigt sich vor allem mit Regionalkonflikten und Herrschaftsformen im Nahen Osten.