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Die vergessenen Kämpfer

Michael Hartlep19. Mai 2013

Nach 20 Jahren Auslandseinsätzen der Bundeswehr gibt es in Deutschland eine junge Generation von Veteranen. Die kämpfen nun für mehr Rechte und Anerkennung und gegen das schwierige Verhältnis zum Begriff "Veteran".

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Teilnehmer der Gedenkfahrt des Bundes Deutscher Veteranen und des Military Biker Club fahren am 11.05.2013 auf ihren Motorrädern am Reichpietschufer in Berlin entlang. Unter dem Motto «gone but not forgotten» erinnern Veteranen aus Deutschland, den Niederlanden, Schweden und Dänemark an gefallene Soldaten bei Auslandseinsätzen. Foto: Britta Pedersen/dpa
Gedenkfahrt Bund Deutscher Veteranen & Military Biker ClubBild: picture-alliance/dpa

Die Szene wirkt ein wenig bedrohlich: Fast 100 Motorräder fahren in Kolonne knatternd durch die deutsche Hauptstadt. Doch man sieht keine Logos eines bekannten Rockerclubs. Stattdessen: grüne Kleidung, Flecktarn und immer wieder ein großes "V" mit einem goldenen Lorbeerkranz. Die Fahrer sind europäische Veteranen, die unter dem Motto "gone but not forgotten" - zu Deutsch "gefallen aber nicht vergessen" - ihrer toten Kameraden gedenken und mehr Rechte fordern. Die Demo Anfang Mai in Berlin war die erste öffentliche Kampagne, an der sich ehemalige deutsche Bundeswehrsoldaten beteiligten.

"Zum ersten Mal wurden wir sichtbar, und das war für viele von uns ein wunderschönes Gefühl", sagt Christian Bernhardt. Der 35-Jährige ist stellvertretender Vorsitzender des Bundes Deutscher Veteranen, der den Motorradumzug mitorganisiert hat. Bernhardt war selbst lange Zeit Soldat. Kurz vor Beginn des zweiten Irakkriegs im Jahr 2003 war er in Kuwait stationiert, wo er die Bevölkerung vor chemischen und biologischen Waffen schützen sollte. "Es gab keine geeigneten Bunker. Wir liefen in Schutzanzügen rum und wurden von der irakischen Armee beschossen." Nach der Rückkehr diagnostizierten die Ärzte Bernhardt eine posttraumatische Belastungsstörung.

Bundeswehrsoldaten sind am Samstag (20.08.2011) in der Nacht im Distrikt von Charrah Darreh nahe Kundus auf Patrouille. Die Soldaten suchten nach versteckten Sprengfallen und deren Urhebern. Die Bundeswehr wird im Norden Afghanistans immer wieder in Gefechte verwickelt. Foto: Maurizio Gambarini dpa
Bundeswehrpatrouille in Afghanistan im Jahr 2011Bild: picture-alliance/dpa

Auslandseinsätze der Bundeswehr

Seit 20 Jahren nimmt die Bundeswehr an Auslandseinsätzen wie diesem teil. Seither gibt es auch wieder Veteranen in Deutschland. Viele von ihnen kommen gesund wieder, manche tragen Verletzungen an Körper oder Seele. Der Bund Deutscher Veteranen möchte sich für sie engagieren. Kein einfaches Unterfangen. Denn viele Deutsche haben noch immer ein ungutes Gefühl, wenn sie "Soldaten", "Krieg" und "Ehrung" in einem Satz hören. Es schwingt deshalb immer ein bisschen Unbehagen mit, wenn nun wieder von "Veteranen" die Rede ist.

Stefan Paris, der Sprecher des Verteidigungsministeriums, kann das bestätigen: "Da tauchen sehr dunkle Elemente auf: Wehrmacht, Drittes Reich, alte Männer und Kameradschaften." Auch das Ministerium möchte die Rechte von Veteranen in Deutschland stärken - und zwar ohne, dass sich ehemalige Wehrmachtsangehörige oder SS-Leute mit angesprochen fühlen. Der Dienstherr von Paris, Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière, hat deshalb den Begriff neu definiert. Veteranen sind demnach alle, die in ihrer aktiven Dienstzeit an einem Auslandseinsatz der Bundeswehr teilgenommen haben und ehrenhaft ausgeschieden sind.

Bundesverteidigungsminister Thomas de Maiziere (CDU) und Generalleutnant Hans-Werner Fritz (l), Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr, geben am 05.05.2013 eine Pressekonferenz in Berlin. Erstmals seit fast zwei Jahren ist wieder ein deutscher Soldat in Afghanistan getötet worden. Foto: Hannibal/dpa
Bundesverteidigungsminister Thomas de MaiziereBild: picture-alliance/dpa

Anerkennung und Rechte

"Wir möchten, dass diese jungen Soldaten als Veteranen der Bundeswehr dafür anerkannt werden, dass sie diesen Dienst geleistet haben", so Stefan Paris. Der Bundesverteidigungsminister hat auch einen Ehrentag für die Veteranen vorgeschlagen, was allerdings im Bundestag auf wenig Beifall stieß. Für Diskussionen über weitere Unterstützung sei es allerdings noch zu früh, so der Sprecher. Denn an sich seien die Veteranen in Deutschland gut versorgt: "Jeder Soldat, der in der Bundeswehr gedient hat, hat hinterher gewisse Ansprüche: Pensionsansprüche, Ansprüche auf Berufsförderung und auch die Krankenversorgung ist gut geregelt."

Christian Bernhardt vom Bund Deutscher Veteranen widerspricht: "Die meisten Soldaten haben Zeitverträge. Das offizielle Angebot der Bundeswehr betrifft immer die aktiven Soldaten. Ich als Veteran ohne Aktiven-Status kann das alles nicht wahrnehmen." Der Bund Deutscher Veteranen möchte das ändern und fordert einen eigenen Rechtsstatus für Veteranen. Mit dem könnten auch Soldaten Hilfe bekommen, die sich erst Jahrzehnte nach ihrem Einsatz einer posttraumatischen Belastungsstörung stellen können. Wichtig sei auch die Anerkennung in der Bevölkerung.

Ostermarsch Rhein-Ruhr Mit einer Peace-Fahne nimmt eine Frau am 01.04.2013 am Ostermarsch Rhein-Ruhr in Bochum teil. Foto: Marius Becker/dpa
Ostermarsch in BochumBild: picture-alliance/dpa

Fehlendes Interesse in der Bevölkerung

Die bleibt bislang weitgehend aus. Laut einer aktuellen Umfrage des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr geht die Diskussion um die Veteranen an der Bevölkerung völlig vorbei - obwohl das Image der Bundeswehr in der Bevölkerung durchaus positiv ist. Hängt die Gleichgültigkeit vielleicht auch damit zusammen, dass viele Einsätze kaum Rückhalt in der Bevölkerung haben? Fakt ist: Wenn das Volk in Deutschland direkt über den Afghanistan-Einsatz entscheiden könnte, wäre die Bundeswehr schon lange abgezogen. Die Zustimmung dazu befindet sich auf einem neuen Tiefststand. Nur noch 38 Prozent stehen laut der Umfrage hinter der Mission.

Solche Einwände will Christian Bernhardt vom Bund Deutscher Veteranen nicht gelten lassen. "Wir schicken uns ja nicht selber in den Einsatz, sondern das Parlament. Und das Parlament wird durch das Volk gewählt. Die Parlamentarier stellen sich der Sache nicht, weil man damit keine Wahlen gewinnt. Der Konflikt wird auf unserem Rücken ausgetragen."

Gedenken am Ehrenmal der Bundeswehr. Foto: Bund Deutscher Veteranen
Gedenken am Ehrenmal der BundeswehrBild: Bund Deutscher Veteranen e.V.

Bernhardt und seine Kameraden wünschen sich die Unterstützung des Parlaments für einen Gedenktag. Doch zur Not geht es auch ohne. "Im Endeffekt können wir jetzt keine zehn Jahre warten, bis vielleicht mal die Politik sagt: Wir machen einen offiziellen Veteranentag und beteiligen uns daran. Wir nehmen das selbst in die Hand". Gedenkveranstaltungen wie die Motorradparade sollen nun jedes Jahr in Berlin stattfinden - immer am Samstag nach Christi Himmelfahrt.